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Angriffe auf den Tishrin-Staudamm und die Verteidigung von Kobane

In der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien halten Menschen aus Kurdistan und aller Welt seit mehreren Wochen einen lebenswichtigen Staudamm durch eine Friedensmahnwache besetzt. Der Tishrin-Damm ist zur Zielscheibe der Türkei geworden, um militärisch in die Region vorzudringen.

Seit sechs Wochen greifen die Türkei und pro-türkische, dschihadistische Truppen der SNA (Syrian National Army) einen Staudamm in der kurdischen Autonomieregion Nord- und Ostsyrien, auch genannt Rojava, an. Als Energiequelle ist der Tishrin-Staudamm von hoher Bedeutung für die Region rund um die Stadt Kobane.

Um den Tishrin-Staudamm als Lebensader der Region zu verteidigen und gegen die Angriffe zu protestieren, haben sich Menschen auf dem Damm zu einer zivilen Friedenswache versammelt, die seit dem 8. Januar anhält. Sie wurde von den Volksräten der demokratischen Selbstverwaltung initiiert. Am selben Tag noch wurde ein Autokonvoi auf dem Weg zur Mahnwache bombardiert. Fast täglich fliegt die türkische Armee Luftangriffe auf den Damm und die Friedenswache.

Nahe des Tişrîn-Damm sind auch am Boden intensive Kampfhandlungen zwischen Verbänden der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) und Dschihadisten der sogenannten SNA („Syrische Nationalarmee“) ausgebrochen. Der aktuelle Kampf um die Kontrolle des Staudamms hat nicht nur Bedeutung wegen der zentralen Stellung in der Energieversorgung, sondern bedeutet bei seiner Eroberung auch einen freien Weg für die Eroberung der Stadt Kobane, so ANF-News.

Bei den Angriffen werden die Kräfte der SNA von der Türkei unterstützt. Die Großoffensive der Türkei und SNA zielt auf die Besetzung der Region ab, um die demokratische Selbstverwaltung zu zerschlagen und nun nach dem Sturz des Assad-Regimes möglichst große Teile Syriens als Teil eines neuen syrischen Staates zu kontrollieren. Außenministerin Annalena Baerbock hat Anfang Januar Vertreter:innen des neuen Regimes getroffen und sieht es als möglichen Partner für Zusammenarbeit.

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„Die Menschen sind hergekommen, um sich für Frieden einzusetzen“

Mit dem Angriff am Dienstag auf die Mahnwache beziehungsweise Autokonvois mit Teilnehmenden der Friedensinitiative ist die Zahl der durch die Türkei verursachten Todesopfer auf mindestens 21 gestiegen. 100 Menschen sind dabei verletzt worden, unter ihnen auch die aus Eberstadt im Landkreis Heilbronn stammende 27-jährige prokurdische Aktivistin Lea Bunse. Einem Bericht der kurdischen Nachrichtenagentur ANF-News zufolge durch herumfliegende Splitter eines Drohnenangriffs.

In einem Video sagt Lea Bunse nach dem Angriff: „Ich sende Grüße in die ganze Welt“ auf Englisch. Sie hätten heute auf der Tischrin-Talsperre getanzt, schildert sie. Der Damm sei ein Symbol, weil er Wasser und Strom für die Gesellschaft liefere, so Bunse. „Die Menschen sind hierhergekommen, um sich für Frieden einzusetzen“, sagt sie in Bezug auf die Mahnwache. Bunse wolle, dass die Welt darüber Bescheid wisse, was hier in Nordostsyrien mit Unterstützung der Türkei und NATO geschehe.

Eltern aus Heilbronn äußern Verständnis für Handeln ihrer Tochter

Die Eltern von Lea Bunse berichten, ihre Tochter lebe seit etwa drei Jahren im autonomen feministischen Frauendorf Jinwar („Land der Frauen“) im Nordirak. Wie schwer ihre Tochter verletzt sei, wüssten sie nicht genau, so die Eltern gegenüber der Zeitung stimme.de. Sie befinde sich in einem Krankenhaus vor Ort. Das Auswärtige Amt machte keine Angaben zu der Situation der Aktivistin.

Die Eltern von Lea Bunse verstehen gut, dass sich ihre Tochter für diese Sache einsetzt. Sie selbst haben vor mehr als einem Jahr an einer Reise in die kurdischen Gebiete im Nordirak teilgenommen. Am kommenden Samstag wollen sie sich daher auch an einer Kundgebung von 12 bis 16 Uhr auf dem Kiliansplatz in Heilbronn beteiligen.

Zudem feiert die nordsyrische Stadt Kobane am 25.01.2025 den zehnjährigen Jahrestag seiner Befreiung vom Islamischen Staat (IS). Dazu sind auch in einigen deutschen Städten Versammlungen und Veranstaltungen angekündigt, um den Jahrestag zu feiern und sich mit der Friedenswache sowie der Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien zu solidarisieren.

Neben der Kundgebung in Heilbronn wird beispielsweise in Berlin am Samstag um 15 Uhr zu einer zentralen Demonstration am Alexanderplatz unter dem Motto: „10 Jahr Kobane – Der Widerstand der Unterdrückten lebt!“ aufgerufen. Auch in Hannover findet eine Demonstration statt.

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