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CDU-Generalsekretär fordert Register für psychisch Kranke

Sorgen erhöhte Befugnisse für die Polizei, mehr Abschiebungen oder Register über psychisch kranke Menschen für mehr Sicherheit? – Ein Kommentar von Alex Lehmann.

Nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt am 20. Dezember letzten Jahres werden Forderungen zur Stärkung der „Inneren Sicherheit“ immer lauter. Neben mehr Befugnissen für die Polizei wird über härtere Abschieberegelungen diskutiert. Zuletzt forderte der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ein Register über psychisch Kranke.

Taleb al-Abdulmohsen – der Täter aus Magdeburg – fuhr am 20. Dezember mit einem Auto über eine Rettungsgasse mit hoher Geschwindigkeit in eine Menschenmenge, tötete fünf Menschen und verletzte über 200 weitere. Auf sozialen Medien zeige der Nähe zur AfD, hetzte gegen den Islam und die angebliche Islamisierung des Westens.

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Mehr Abschiebungen, mehr Überwachung und Register für psychisch Kranke

Als Reaktion auf den Anschlag versammelten sich neben zahlreichen Trauernden auch Faschist:innen in Magdeburg. Etwa 2.000 Neonazis demonstrierten am 21. Dezember für „Remigration“, griffen Journalist:innen an und skandierten Parolen wie „Ausländer raus!“, „Deutschland erwache!“, und „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!“.

Und damit sind sie nicht die einzigen, die den Anschlag als Vorwand nutzen, um ihrer rassistischen Ideologie freien Lauf zu lassen. Auch aus der Bundesregierung, der AfD, der FDP und der Union stimmen Politiker:innen mit in den Kanon ein. Was es jetzt brauche, seien „mehr Sicherheit“, härtere Abschiebungen und mehr Rechte für die Polizei.

So auch zum Beispiel der Innenausschuss des Bundestags: An seiner letzten Tagung am 30. Dezember nahmen neben Innenministerin Nancy Faeser (SPD) auch hohe Beamte des Bundeskriminalamts, sowie der Vizepräsident des Verfassungsschutzes teil.

Das Ergebnis? Die Polizei soll in Zukunft unter anderem IP-Adressen speichern dürfen, auch „schärfere Regelungen zur Abschiebung krimineller Ausländer“ sollen auf den Weg gebracht werden, und „neue Handlungskonzepte“ für psychisch auffällige potenzielle Täter seien erforderlich.

„Lehren“, die auch Carsten Linnemann aus dem Anschlag ziehen will. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagte er: „Es reicht nicht aus, Register anzulegen für Rechtsextremisten und Islamisten, sondern in Zukunft sollte das auch für psychisch Kranke gelten.“ Später sagte er, er habe nur psychisch kranke Gewalttäter:innen gemeint.

Für Geflüchtete fordern er und andere Parteikolleg:innen unter anderem Abschiebungen bereits nach zwei Straftaten. Dabei fasst Linnemann den Begriff einer Straftat in seinem Interview offenbar sehr weit: „Wenn er dann einmal schwarz fährt, […] dann muss er diesen Warnschuss bekommen und es muss ihm klar gesagt werden: Noch eine Straftat und dein Aufenthaltsstatus ist weg.“

Psychisch krank im Kapitalismus

Was würde es bedeuten, wenn Linnemanns Forderung umgesetzt würde? Zu allererst eine noch größere Stigmatisierung psychischer Krankheiten, als es sie ohnehin schon gibt. Millionen von Menschen in Deutschland sind von Depressionen, Angststörungen, Essstörungen und zahlreichen weiteren Krankheiten betroffen.

Nach der „COPSY”-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf berichten 22 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen von psychischen Auffälligkeiten. Laut dem „DAK-Psychreport” waren im Jahr 2024 Depressionen, Belastungsreaktionen und Anpassungsstörungen die drei häufigsten Gründe für Krankschreibungen. Jedes Jahr gibt es in Deutschland mehr Tode durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, Drogen und Mord zusammen.

Ein Register für psychisch kranke Menschen oder psychisch kranke potenzielle Gewalttäter:innen anzulegen, würde neben der Zunahme aufwändiger staatlicher Überwachung nur den Effekt haben, dass sich noch weniger Menschen Hilfe suchen. Denn wer will schon freiwillig in einem polizeilichen Gefährderregister stehen?

Hinzu kommt, dass der Täter aus Magdeburg überhaupt nicht in einem solchen Register aufgetaucht wäre. Taleb A. hatte keine psychische Diagnose, hat sogar selbst als Psychiater im Maßregelvollzug gearbeitet. Weder der CDU, noch der Bundesregierung oder den Polizeibehörden geht es also konkret um mehr Sicherheit für die Bevölkerung!

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Faschistischen Terror und rechte Hetze bekämpfen!

Taleb A. wurde nicht zum Attentäter, weil er vielleicht psychisch krank war. Genauso wenig war es seine Herkunft, die ihn dazu gebracht hat, fünf Menschen zu ermorden. Er rief zur Unterstützung der AfD auf, polemisierte gegen die „Islamisierung“ Deutschlands, bezeichnete Linke als verrückt und war Anhänger der zionistischen Idee eines Groß-Israels.

Anstatt nun die rechte Ideologie des Täters zu untersuchen, kehren deutsche Politiker:innen die Ursachen für diese Radikalisierung unter den Teppich. Stattdessen nutzen Politiker:innen wie Linnemann die Situation, um gegen psychisch Kranke und Migrant:innen zu wettern. Was es jedoch braucht, ist nicht eine weitere rassistische Hetzkampagne oder mehr staatliche Überwachung. Vielmehr zeigen uns faschistische Anschläge wie der von Taleb A., dass es nötig ist, sich faschistischen Kräften und den Scheinlösungen der bürgerlichen Parteien organisiert und engagiert entgegen zu stellen.

Alex Lehmann
Alex Lehmann
Perspektive Autor seit 2023. Jugendlicher Arbeiter im Einzelhandel aus Norddeutschland, schreibt gerne Artikel um den deutschen Imperialismus und seine Lügen zu enttarnen. Motto: "Wir sind die Jugend des Hochverrats!"

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