Die Proteste gegen den AfD-Bundesparteitag und die LLL-Gedenkdemonstration waren dieses Jahr von massiver staatlicher Gewalt und Repression geprägt. Eines hat dieses Wochenende aber gezeigt: Die Lüge des allmächtigen Staats bröckelt unter dem Feuer der Solidarität und des Widerstands. – Ein Kommentar von Luis Tetteritzsch.
„Wer sich nicht bewegt, spürt seine Ketten nicht“. Einerseits ein bekanntes Zitat der deutschen Kommunistin Rosa Luxemburg und gleichzeitig eine gute Zusammenfassung des vergangenen Januarwochenendes: Tausende Antifaschist:innen, Revolutionär:innen und Kommunist:innen kamen an den beiden Wochenendtagen zusammen, um sich am Samstag gemeinsam dem AfD-Bundesparteitag in Riesa zu widersetzen und am Sonntag der drei Kommunist:innen Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Wladimir Iljitsch Lenin zu gedenken.
Die extreme Brutalität der Polizei, aber auch die kollektive Gegenwehr der Demonstrant:innen haben nochmal verdeutlicht, welche Ketten man versucht, uns anzulegen. Die beiden Tage haben aber auch gezeigt, welche Kraft sie sprengen wird.
LLL-Wochenende 2025: Kämpferisches Gedenken trotzt Polizeigewalt
Tritte, Schläge, Pfeffer – deutsche Polizei außer Rand und Band
Sowohl in Riesa bei den Protesten und Blockaden gegen den AfD-Bundesparteitag, als auch in Berlin bei der kommunistischen Gedenkdemonstration scheuten Staat und seine Polizei keine Mittel, um den Protest aufzulösen: Zu dem Einsatz von massiver Gewalt und Pfefferspray über das gesamte Wochenende hinweg ist besonders ein Video bekannt geworden: Ein Polizeibeamter packt seinen Diensthund am Nacken, um ihn gezielt mehrmals in den Arm eines Demonstranten beißen zu lassen, weil dieser auf der „falschen“ Straßenseite gelaufen sei.
Das und die Nachricht, dass der Leipziger Linken-Politiker Nam Duy Nyugen – trotz mehrfachen Ausweisens als parlamentarischer Beobachter – von der Polizei bewusstlos geschlagen wurde, haben im Internet zu einer breiten Diskussion über Polizeigewalt geführt. Natürlich gilt es, mit allen verletzten Protestierenden solidarisch zu sein! Dass der besonders empörte Aufschrei aber erst dann entsteht, wenn es einen Politiker trifft, zeigt einmal mehr, welche Stimmen in den Medien Gehör finden und welche nicht.
Auch am Sonntag hörte die Schikane nicht auf: Kurz nach Beginn der LLL-Demonstration wurden palästina-solidarische Kräfte im vorderen Teil von der Polizei unter dem Vorwand verbotener Parolen und Symboe angegriffen und festgenommen. Solidarische Kräfte, die sich aus dem hinteren Teil der Demonstration lösten und neben den angegriffenen Teil des Demoblocks stellten, wurden von der Polizei mit Pfefferspray, Schlägen und Tritten begrüßt.
Selbst bei der Abreise nach offiziellem Ende der abschließenden Gedenkveranstaltung auf dem Friedhof der Sozialisten setzte die Polizei zu einem erneuten Angriff an, eskalierte die Situation ein weiteres Mal, nahm mehrere Menschen fest, behinderte Sanitäter:innen beim Zugang zu Verletzten und drängte Tausende in die U-Bahn-Station. Teilnehmer:innen berichten von lauten Schreien, als die Polizei unter Anwendung von Gewalt alle Demonstrant:innen in die U-Bahn quetschte.
Rechtsruck und Kriegsvorbereitungen brauchen Repression
Es ist erst einmal nichts Neues, dass Demonstrationen von der Polizei angegriffen werden. Und auch die Blockadeaktionen zum Bundesparteitag der AfD in Essen letzten Sommer und vergangene LLL-Demonstrationen sind nicht unbedingt für ihren repressionsfreien Ablauf bekannt. Dennoch zeigen das besonders brutale Vorgehen der Polizei am Wochenende und die neue Quantität als auch Qualität ihrer Angriffe besorgniserregende gesellschaftliche Entwicklungen auf.
Seit Längerem beobachten wir im ganzen Land und der Welt ein Aufflammen faschistischer Kräfte in Regierung und Gesellschaft. Diese Rechts-Tendenz geht jedoch nicht einfach an den „gemäßigteren“ Teilen der bürgerlichen Politik vorüber. Stattdessen schwimmen sie –entsprechend ihrer Funktion als bürgerliche Parteien und Politiker:innen, das herrschende kapitalistische System aufrechtzuerhalten – mit und setzen selbst eine solchermaßen rechte Politik um – mit der sie eigentlich immer ihre „Brandmauer” gegenüber faschistischen Kräften wie zum Beispiel der AfD in Deutschland begründen.
Zeitgleich befinden sich nahezu alle imperialistischen Länder weltweit auf direktem Kriegskurs. Die Frage, wer die stärkere Armee und die bessere Kriegsausrüstung hat, spitzt sich mit den immer offensichtlicheren Widersprüchen zwischen den verfeindeten Lagern immer weiter zu. Die zunehmend angespannte Lage auf der Welt macht deshalb eine ruhige Heimatfront und eine Bevölkerung, die im Innern gleichmütig die Angriffe auf uns Arbeiter:innen hinnimmt, umso notwendiger für die Herrschenden.
Deutscher Staat mit Rundumschlag: Der Operationsplan Deutschland
Wir sehen uns also konfrontiert mit immer rechteren Regierungen und dem Drang des Kapitals nach einem neuen Umverteilungskrieg, um die durch das System eigens herbeigeführten Krisen wieder auszubaden. Antifaschist:innen und Revolutionär:innen, die konsequenten Widerstand gegen erstarkende faschistische Parteien wie die AfD leisten oder wie auf der LLL die Kämpfe aller Unterdrückten und Ausgebeuteten der Welt im gemeinsamen Kampf gegen Kapitalismus und Patriarchat und für eine sozialistische Perspektive zusammentragen, sind dabei natürlich eingewaltiger Dorn im Auge der Herrschenden.
Der Repression trotzen – Widerstand aufbauen!
Die Repression am Wochenende hatte also vor allem ein Ziel: den kollektiven, solidarischen und gemeinsamen Widerstand als antifaschistische und revolutionäre Bewegung in Deutschland zu brechen.
Insbesondere die brutale Härte und die völlige Willkür der Verhaftungen am Sonntag nach offiziellem Ende des Gedenkens zeigen, dass hier ein Exempel statuiert und Rache für die erfolgreiche Gegenwehr geübt werden sollte. Als revolutionäre Bewegung hatte man es nämlich geschafft, sich – über Organisationsgrenzen hinweg – solidarisch und erfolgreich gegen die Angriffe auf die Demonstration zu verteidigen.
Statt einer Schwächung des Widerstands in diesem Land haben die Repressionen das genaue Gegenteil bewirkt: Trotz der massiven Drohkulisse, der Polizeigewalt und der zahlreichen Angriffe wurden erfolgreiche Blockaden aufgebaut und gehalten, der AfD-Parteitag um mehr als zwei Stunden verzögert, und auch den Angriffen auf die LLL konnte kollektiv entgegengetreten werden.
Die Lüge der Allmächtigkeit des Staats wurde an diesem Wochenende eindrucksvoll widerlegt: Man hat bewiesen, dass man als fortschrittliche und revolutionäre Bewegung, als Antifaschist:innen und kämpferische Arbeiter:innen die Angriffe des Staats nicht einfach hinnehmen muss. Und damit wurde ein stabiler Grundstein für die kommenden Kämpfe in diesem Jahr gelegt.