Die momentanen Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP scheinen der Alpenrepublik für 2025 umfangreiche Sozialkürzungen zu bescheren. Um kein Defizitverfahren der EU zu riskieren, sollen 6,4 Milliarden Euro eingespart werden. Ein Angriff auf die Arbeiter:innen in Österreich.
Die Koalitionsverhandlungen zwischen der faschistischen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und der rechts-konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) laufen noch nicht einmal eine Woche und schon wurde eine Grundsatzeinigung in der Finanzpolitik erreicht. Die beiden Obleute der Parteien, Herbert Kickl (FPÖ) und Christian Stocker (ÖVP), haben verkündet, dass im Jahr 2025 insgesamt 6,39 Milliarden Euro im Staatshaushalt eingespart werden sollen.
Damit soll das Maastricht-Kriterium, die jährliche Neuverschuldung unter 3 % des jährlichen Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu behalten, eingehalten werden. Durch diese Einigung könnte die Einleitung eines Defizitverfahren durch die Europäische Kommission noch verhindert werden.
Defizitverfahren? Österreich zwischen Rezession und Schulden
Österreichs Wirtschaft verharrte 2024 in der Rezession, das reale BIP sank um 0,6 %. 2025 rechnet das führende Institut für angewandte empirische Wirtschaftsforschung in Österreich (WIFO) mit einem Konjunkturimpuls aus dem Ausland. Während die Ausrüstungsinvestitionen 2025 schrumpfen werden, profitiert die Baubranche voraussichtlich von einem Baukonjunkturpaket.
Die Inflation geht bereits leicht zurück, die Realeinkommen steigen und die Konsumnachfrage wird sich weiter beleben, sodass das BIP 2025 um 1 % wachsen wird, schätzt das WIFO. Die Arbeitslosigkeit nimmt jedoch weiter zu. Das öffentliche Budgetdefizit entfernt sich zunehmend von den sogenannten Maastricht-Vorgaben, also der 3 % Neuverschuldungsgrenze. Die Neuverschuldungsrate in Relation zum BIP lag 2024 bei 4,1 % und 2023 bei 3,9 %, wie Der Standard berichtet. Auch mit dem insgesamten Schuldenstand, der laut EU-Richtlinien unter 60 % des jährlichen BIPs liegen sollte, bricht Österreich: Zuletzt (2024) lag die Schuldenrate bei über 80 %.
Woher kommt das neue Geld?
Wie die Einsparungen konkret budgetär dargestellt werden sollen, dazu teilte Kickl lediglich mit, dass man Steuerschlupflöcher schließen wolle, eine Ausgabenreduzierung im Ministeriumsapparat beabsichtige und ein „Ende der Überförderung“ anstrebe. Dabei schloss er kategorisch die Erhöhung von „Massensteuern“ wie beispielsweise der Umsatzsteuer oder Mineralölsteuer aus. Wo die notwendigen Gelder herkommen könnten, dazu äußerte sich der Wirtschaftslandesrat von Tirol Mario Gerber (ÖVP), indem er forderte, in Anbetracht der „leeren Kassen auch im Sozialbereich aufzuräumen“.
Dies scheint inzwischen von den Verhandler:innen der Parteien übernommen worden zu sein. Scheinbar ist geplant, die automatische Anpassung von Sozialleistungen abzuschaffen, den Zuverdienst beim Arbeitslosengeld zu senken sowie beim Klimaticket zu kürzen. Auch die Aufwertung von Pensionskonten soll nicht mehr wie bisher erfolgen. Des Weiteren sollen Sonderausschüttungen bei staatskapitalistischen Unternehmen wie der Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG), der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) und der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) stattfinden.
Wie geht es bei den Verhandlungen weiter?
Wie die Koalitionsverhandlungen im Detail in den einzelnen Politikfeldern weitergehen sollen, darüber beraten FPÖ und ÖVP noch. Bis jetzt steht nur die Zusammensetzung der Spitzenverhandlungsgruppen fest. Wie viele Untergruppen es geben wird, ist noch nicht klar. Auch an einem Zeitplan wird noch gearbeitet. Die Verhandlungen sollen innerhalb von einem Monat abgeschlossen sein, könnten aber auch nur bis Ende Januar dauern.