Am Donnerstag Abend veranstalteten der US-amerikanische Tech-Milliardär Elon Musk und die designierte AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel ein Live-Gespräch und warben offen für faschistische Politik. Die Unterstützung durch den weltweit bekannten Superreichen Musk gibt der AfD im Wahlkampf weiteren Auftrieb. – Ein Kommentar von Mohannad Lamees.
Schon vor dem eigentlichen Gespräch schlug das Stelldichein von Musk und Weidel hohe Wellen. Weil Musk das Gespräch auf seinem eigenen Social-Media-Dienst X (ehemals Twitter) veranstaltete und bei X normalerweise für eine derartige Reichweite größere Gebühren anfallen würden, steht der Verdacht der Einflussnahme im Wahlkampf im Raum. Während also Musk und Weidel gemeinsam über Bürokratie lästern und sich über aufgeblähte Verwaltungsapparate beschweren, mussten zeitgleich 150 EU-Beamt:innen Überstunden schieben und das Gespräch genauestens verfolgen, um eventuelle Hinweise auf unerlaubte Wahlwerbung zu finden.
Genau diese Konstellation – das angebliche Umgebensein von Feinden und vorgeblich auferlegte Redeverbote – schweißt Musk und Weidel zusammen, sie zelebrieren ihren Schulterschluss. Die Plattform X und Musk, so Weidel, böten ihr zum ersten Mal die Chance, überhaupt offen über ihre Politik zu sprechen: „Es ist eine völlig neue Situation für mich, dass ich ein normales Gespräch führen kann und dabei nicht unterbrochen oder negativ dargestellt werde”, sagte Weidel an einer Stelle.
Talk im Dienste des Kapitals
Insgesamt gab sich Weidel tatsächlich gelöst. Die Politikerin der faschistischen AfD lachte oft, sie schien das Gespräch mit dem Milliardär zu genießen. Deutlich wurde so vor allem auch: die AfD, die sich immer wieder als Vertreterin der Kleinen in Deutschland inszeniert, spricht die Sprache der Reichen.
Neben den größeren Themenblöcken zur Energie- und Migrationspolitik, während derer Weidel vor allem das aus ihrer Sicht marode und nicht zukunftstaugliche deutsche System kritisiert, kommen auch obskure Themen auf den Tisch: An einer Stelle nennt Weidel den deutschen faschistischen Diktator Adolf Hitler einen Kommunisten, um sich und die Politik ihrer Partei vom Faschismus im Dritten Reich abzugrenzen. Widerspruch von Musk? Fehlanzeige. Musk fantasierte am Ende des Gesprächs lieber über die Besiedlung des Mars – natürlich unter Führung seines Raumfahrtunternehmens – und gab sich besinnlich, als er über die Existenz eines Gottes philosophierte.
Was auf den ersten Blick sprunghaft und zusammenhanglos, ja sogar wirr wirken konnte, hat – wie in jeder faschistischen Propaganda – trotzdem sehr konkrete Hintergründe. Mit dem ideologischen Flickenteppich versuchen die Faschisten stets, so viele Menschen wie möglich hinter ihren Zielen zu vereinen.
Das Ziel ist jedoch keinesfalls, die Lebensumstände der Arbeiter:innenklasse zu verbessern. Über die einfachen Menschen sprechen Musk und Weidel schlicht und ergreifend gar nicht. Nein, es geht nur um die Interessen des Kapitals und darum, den Klassenkampf von oben völlig zu entfesseln. Den sozialen Anstrich und Auflagen für Kapitalist:innen empfinden sowohl Musk als auch Weidel als Hindernis, das Schicksal der Welt hängt für beide vor allem davon ab, wie gut das Kapital seine Interessen durchsetzen kann.
Musk – Influencer des Kapitals
Dass ein amerikanischer Milliardär so offen seine Unterstützung einer deutschen Partei im Wahlkampf offenbart, ist zwar neu, passt aber zur Strategie von Elon Musk. Der Tesla-CEO ist bekannt dafür, die Interessen seiner Konzerne auch durch politische Einflussnahme durchzusetzen – nun zum Beispiel als Mitglied der zukünftigen Trump-Administration.
Auch die Unterstützung der AfD durch Musk ist längst kein Geheimnis mehr: Zwischen Weihnachten und Neujahr veröffentlichte die Welt am Sonntag einen Artikel des Milliardärs, in dem er ausführte, warum seiner Meinung nach nur die AfD Deutschland retten könne. Zeitgleich zu dem Beitrag in dem Springer-Blatt, das von CEO und Musk-Verehrer Matthias Döpfner geleitet wird, begann Musk auch damit, andere deutsche Politiker:innen auf seinem X-Account zu beleidigen.
Dass es dabei um mehr geht als nur die Unterstützung Weidels im Wahlkampf, zeigt die aktuelle Entwicklung in den USA: Dort unterwerfen sich mehr und mehr Konzerne in vorauseilendem Gehorsam der politischen Doktrin Trumps, um im Konkurrenzkampf mit anderen Trump’schen Günstlingen, allen voran Elon Musk, nicht zu sehr ins Hintertreffen zu geraten. Innerhalb der US-amerikanischen Kapitalistenklasse ziehen also nicht wenige nach rechts – eine Tendenz, die sich auch in Deutschland in Zukunft noch verstärken könnte.