Robert Habeck fordert zukünftig 3,5 % vom BIP für die Bundeswehr. Wer bietet mehr? Die scheinbar alternativlosen Zahlenspielchen – Ein Kommentar von Mark Marat.
Der Bundeswirtschaftsminister und Kanzlerkandidat Robert Habeck (Bündnis90/Die Grünen) hat gefordert, dass die BRD zukünftig 3,5 % des BIP für Verteidigung ausgeben solle. Dies Zahle entspreche den Berechnungen von Experten:innen und sei Habeck zufolge erforderlich, „damit Putin nicht wagt, uns anzugreifen.“ Damit würde das aktuelle Nato-Ziel von 2 % des BIP bei Weitem übertroffen. Schon jetzt steht die BRD mit 90,6 Milliarden Euro bei 2,1 % des BIP.
Wenn man das BIP 2024 mit etwa 4.270 Milliarden Euro zu Grunde legt, dann würden 3,5 % einer Summe von 150 Milliarden Euro entsprechen. Der derzeitige Bundeshaushalt für 2025 hat ein Gesamtvolumen von 450 Milliarden Euro. Die Verteidigungsausgaben würden somit 31 % des Etats ausmachen.
Militärausgaben international
Betrachtet man die Militärausgaben im internationalen Kontext, dann würde die BRD von Platz 7 auf Platz 3 hinter den USA und der VR China aufrücken und innerhalb der 32 Nato-Staaten auf Platz 2 hinter den USA. Die Nato-Staaten zusammengenommen haben im Jahr 2023 insgesamt 1.342 Milliarden Euro für das Militär ausgegeben. Die Russische Föderation 109 Milliarden Euro.
Aus diesen ganzen Zahlen wird deutlich, dass die These von zu niedrigen Militärausgaben völlig absurd ist. Und es stellt sich mit einigem Nachdruck die Frage, auf welche Expert:innen sich Habeck bei seinen Forderung eigentlich stützt. Sicherlich nicht auf ausgewiesene Fachleute auf dem Gebiet der Friedens- und Konfliktforschung. Vielmehr handelt es sich wahrscheinlich um Verkaufsexpert:innen aus dem militärisch-industriellen Komplex. Rüstungslobbyisten von Rheinmetall, Heckler & Koch und Thyssenkrupp lassen grüßen.
Ehemaliger SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel auf Gehaltsliste von Rheinmetall
Selbst wenn man nicht allein die Ausgaben, sondern die tatsächlich vorhandenen militärischen Kapazitäten der NATO und der Russischen Föderation vergleicht, dann ist die Militärkoalition bei den konventionellen Kapazitäten haushoch überlegen. Nur bei den Kernwaffen gibt es eine leichte Überlegenheit Russlands, was die Zahl der nuklearen Gefechtsköpfe anbelangt. Diese ist jedoch aus militärstrategischer Sicht nur von untergeordneter Relevanz. Ein Angriff auf das Bündnisgebiet erscheint daher sehr unwahrscheinlich.
Wie viel kostet die Welt?
Vielleicht hat sich Habeck auch von einem transatlantischen „Geschäftsgenie“ inspirieren lassen, das in letzter Zeit solche visionären Projekte verfolgt, wie den Kauf von Grönland, die Wiederinbesitznahme des Panamakanals oder die Annexion Kanadas durch die USA. Donald Trump brachte nämlich eine NATO-Quote bei der jährlichen Aufrüstung von 5 % ins Spiel.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marcus Faber (FDP), sieht fünf Prozent als zu hoch an. Im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er aber auch: „Die 32 NATO-Staaten werden sich auf ein neues gemeinsames Minimum jenseits des Zwei-Prozent-Ziels einigen müssen“, er rechne aber eher mit 3 %.
CDU-Chef Friedrich Merz hält den Anteil des Verteidigungshaushalts vom Bruttoinlandprodukt vor allem für eine Rechengröße. Wichtig sei der Aufwuchs der Bundeswehr und die Wiederherstellung der Landes- und Bündnisverteidigung, sagte er im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Ob zwei, drei oder die fünf Prozent sei „im Grunde irrelevant“. CSU-Chef Markus Söder sagte gegenüber ntv am Rande der CSU-Klausurtagung in Kloster Seeon, dass es „deutlich über drei Prozent“ sein müssten.
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht forderte einen außenpolitischen Kurswechsel im Verhältnis zu den USA. Dass Trump jetzt Rüstungsausgaben in Höhe von fünf Prozent fordere, sei keine Überraschung, ließ sie gegenüber Politico verlauten. Es sei nun Zeit, die „Vasallentreue zur USA“ zu beenden. Deutschland benötige „Eigenständigkeit statt Unterwürfigkeit“ sowie eine „deutliche Verbesserung der deutsch-französischen Beziehungen“.
Die Linke stemmt sich gegen Trumps Vorstoß und will die Verteidigungsausgaben auf dem jetzigen Niveau behalten. 2024 lag der Verteidigungshaushalt bei 52 Milliarden. Zusammen mit den europäischen Partnerstaaten sei das „vollkommen ausreichend für eine Landesverteidigung“, sagte Parteichef Jan van Aken der Nachrichtenagentur dpa.
Klarer Kriegskurs
Wie die ganze Militarisierung finanziert wird, sollte allen Arbeiter:innen hierzulande klar sein. Denn auch wenn Habeck betont, dass dies nicht durch Sozialkürzungen finanziert werden solle, sondern durch Reformen der Schuldenbremse, so kann das wohl kaum überzeugen. Denn die Vergangenheit hat eines gezeigt: Wenn schnell Geld her muss, wird es bei denen geholt, die sowieso wenig haben. Und das sind die Erwerbstätigen und Erwerbslosen unserer Republik.
Die aktuelle Debatte um eine weitere Erhöhung des Kriegsbudgets ist nicht überraschend. Vielmehr reiht sie sich reibungslos in Militarisierungskampagne der „Zeitenwende“ und „Kriegstüchtigkeit“ ein. Die Frage, ob Krieg oder Frieden, wird immer akuter. Wenn die Staatenlenker:innen zum Kriege drängen, muss eine Gegenbewegung aus den Massen erwachsen, die den Frieden will und auch bereit ist, sich dafür gegen den aktuellen deutschen Staat zu wenden.