Am Dienstag wurde ein Reformentwurf für das Polizeigesetz von Sachsen-Anhalt beschlossen. Mit der Einführung der flächendeckenden automatischen Kennzeichenerfassung auf Autobahnen soll ein weiteres Überwachungsinstrument eingeführt werden.
Die Aufarbeitung des Behördenversagens rund um den Anschlag in Magdeburg ist noch in seinen Anfängen, als ein Reformentwurf des Polizeigesetzes von Sachsen-Anhalt mit weitreichenden Konsequenzen beschlossen wurde. Am Dienstag den 14. Januar veröffentlichte die CDU-geführte Landesregierung unter Ministerpräsident Reiner Haseloff den Entwurf. Nur zwei Tage später wurde ein erneuter Verlust von Schusswaffen der Landespolizei gemeldet.
Der Entwurf muss im weiteren Gesetzgebungsverfahren vom Landtag beschlossen werden. Gleichzeitig sind mehrere Bestandteile der Reform umstritten. Die gesellschaftliche Stimmung nach dem Anschlag in Magdeburg wird nun genutzt um der Polizei mehr Überwachungsbefugnisse zu geben. Doch es bleibt offen, inwiefern Menschen durch die Reformen besser vor tatsächlichen – oder vermeintlichen – Bedrohungen geschützt werden.
Freie Fahrt?
Ein Bestandteil der Reform ist die Einführung der automatischen Kennzeichenerfassung und Auswertung durch die Landespolizei. Bei dieser Überwachungsmethode werden Autos auf Autobahnen von Kameras fotografiert, deren Kennzeichen automatisch ausgelesen und mit polizeilichen Datenbanken verglichen. Somit lassen sich einzelne Fahrzeuge und ihre Fahrtrouten verfolgen.
Laut der Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) soll mit dieser präventiven Maßnahme die „Anreise von gewaltbereiten, teilweise international agierenden, Hooligans“ verhindert werden. Diese wie auch alle weiteren Maßnahmen des Reformentwurfs sollen dabei „den Grundrechtsschutz der Bürger, den Datenschutz und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt“ haben.
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Obwohl die automatische Kennzeichenerfassung bereits in 12 Bundesländern von der Polizei angewandt wird, ist diese Maßnahme nicht unumstritten. In der Vergangenheit wurde die Überwachungsmaßnahme von Verfassungsgerichten zumindest zeitweilig für nichtig erklärt und musste zurück genommen werden. Die Maßnahmen stellten das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung infrage, wobei gleichzeitig formuliert wurde, unter welchen abgeänderten Bedingungen diese durchgeführt werden können.
Datenanalyse und Präventivhaft
Nach Wunsch der Landesregierung sollen außerdem mit dem automatischen Abgleich und der Auswertung von polizeilichen Datenbanken neue Erkenntnisse für Ermittlungen gewonnen werden. Zum Beispiel sollen durch das Aufzeigen von möglichen Querverbindungen Straftaten vorbeugend bekämpft werden können. Bei der Einführung solcher „Datenkraken“ in anderen Bundesländern wurden in der Vergangenheit unklare Eingriffsschwellen definiert und Regelungen schwammig formuliert.
Mit dem neuen Polizeigesetz will die sachsen-anhaltinische Landesregierung zudem die Präventivhaft ausweiten. Bei sogenannten „terroristischen Gefahren“ soll diese von derzeit 4 Tagen auf maximal 35 Tage erhöht werden.
Erst vor wenigen Tagen wurde ein ein Libyer aus der Untersuchungshaft entlassen, nachdem er monatelang wegen vermeintlicher Terrorgefahr im Gefängnis saß. Grundlage waren Informationen eines – vom BMI nicht genannten – ausländischen Geheimdienstes, die einen Anschlag auf die israelische Botschaft nahelegten. Das ganze stellte sich als Falschinformation heraus. Der ehemals Beschuldigte Omar A. soll nun laut BMI trotzdem abgeschoben werden.
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