Die Provinzhauptstadt Goma im Osten der Demokratischen Republik Kongo steht unter Kontrolle der Tutsi-Miliz M23. Der Konflikt dreht sich um Rohstoffe und dem Völkermord in Ruanda. Die Lage könnte zu einem weiteren Kongokrieg eskalieren.
In Goma, der Hauptstadt der umkämpften Provinz Nord-Kivu der Demokratischen Republik Kongo (DRK), begann Sonntagnacht die Einnahme der Stadt durch die Rebellenmiliz Bewegung 23. März (M23). Um 3 Uhr nachts lief das Ultimatum ab, das die M23 den kongolesischen Streitkräften (FARDC) sowie ihren Verbündeten und den UN-Truppen der UN-Stabilisierungsmission (MONUSCO) gestellt hatte.
Kurz vor Ablauf der Frist flüchteten die führenden Offiziere der FARDC in die Provinz Süd-Kivu. Die restlichen Armeeangehörigen wurden zurückgelassen. Sie begaben sich zum UN-Stützpunkt und übergaben dort, wie von der M23 gefordert, ihre Waffen.
Der Kolonialismus und Rohstoffe
Schon seit den 1990er-Jahren ist der östliche Teil der DRK von gewalttätigen Auseinandersetzungen geprägt. Oft ging es hierbei um Kämpfe zwischen der Armee und verschiedenen Rebellen um die reichen Rohstoffvorkommen in der Region. Es gibt hier Lagerstätten von Gold, Kobalt, Coltan und anderen Stoffen, die als „Konfliktrohstoffe“ gelten.
Der Eroberung von Goma liegt ein Langzeitkonflikt zwischen der DRK und der von Ruanda unterstützten M23 zugrunde. Mit der Besetzung der Region wird nun ein Kulminationspunkt der Eskalation erreicht. Zuletzt waren Friedensverhandlungen zwischen der DRK und Ruanda im Dezember 2024 gescheitert.
Die Wurzeln des Konflikts gehen zurück in die Kolonialzeit. Der damalige belgische Kolonialherr teilte die indigenen Volksgruppen in unterschiedliche Ethnien ein und stachelte sie zu gegenseitigem Hass auf. Die Kolonialherren gingen irgendwann, aber der Hass blieb. Er erreichte seinen traurigen Höhepunkt im Genozid von 1994 in Ruanda. Binnen drei Monaten töteten Angehörige der Hutu-Ethnie nahezu eine Millionen Tutsi. Dieser Völkermord hat Nachwirkungen bis in die Gegenwart hinein.
Heute rechtfertigt die M23 ihr Agieren damit, die Tutsi in der DRK zu schützen. Viele Hutu, die am Genozid mitwirkten, sind damals tatsächlich in den Osten der DRK geflüchtet und haben die Miliz Forces démocratiques de libération du Rwanda (FDLR) gebildet. Sie ist eine von etwa 100 Milizen, die in der Region aktiv sind. Der Präsident der Republik Ruanda, Paul Kagame, beschuldigt die FDLR, sie wolle seine Regierung stürzen. Die DRK wirft Ruanda im Gegenzug vor, es wolle die Bodenschätze der Region unter seine Kontrolle bringen. Die Exportzahlen Ruandas legen nahe, dass Rohstoffe aus dem Kongo dorthin abtransportiert und dann weiterverkauft werden.
Der nächste Kongokrieg soll verhindert werden
Die humanitäre Lage vor Ort ist prekär. Hunderttausende befinden sich auf der Flucht. Frauen werden massenweise vergewaltigt, Männer getötet. Die Versorgung der Bevölkerung mit Strom und Wasser ist nicht gewährleistet. In der Region, auf dem Kontinent und international wächst die Besorgnis, dass sich die momentane Eskalation zu einem weiteren Kongokrieg ausweiten könnte.
Diplomatische Schritten zur Deeskalation wurden eingeleitet, bislang ohne Erfolg. „Der Fall Gomas könnte eine der schlimmsten humanitären Krisen“ in Afrika auslösen, warnt derweil Peter Musoko, der Landesdirektor des Welternährungsprogrammes der Vereinten Nationen.