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Zeitung für Solidarität und Widerstand

„Studieren darf nicht arm machen!“: Mieterhöhungen in den Leipziger Wohnheimen treiben Studierende auf die Straße

In den Leipziger Studierendenwohnheimen sollen die Mieten erhöht werden. Dagegen formiert sich Protest für mehr demokratische Teilhabe und Mitbestimmung. Perspektive war bei einer Kundgebung vor Ort.

Etwa 50 Studierende stehen an diesem kalten Januartag vor einem Wohnheim in der Nürnberger Straße in Leipzig und trotzen dem Regen. Auf einem Banner steht, warum sie hier sind: „The rent is too high!“, ein Demonstrant hat auf sein Pappschild „Mieten runter oder es knallt“ geschrieben. In Reden und Sprechchören werden ein Stopp der Mieterhöhungen und bezahlbarer studentischer Wohnraum gefordert.

In dem Gebäude, vor dem sich die Bewohner:innen zu der Kundgebung versammelt haben, findet währenddessen ein Gespräch mit Vertreter:innen des Studierendenwerks Leipzig statt. Es ist Träger der Mensen und Studierendenwohnheime in der Stadt.

Nachdem kurz vor Weihnachten eine Erhöhung der Mieten um bis zu 40 Euro zum 1. Februar 2025 angekündigt wurde, formierte sich schnell Widerstand: Die Bewohner:innen der verschiedenen Wohnheime schlossen sich zusammen und haben in einer Vollversammlung im Dezember Forderungen an das Studentenwerk aufgestellt.

Mietexplosion beim Studentenwerk Leipzig: „Wir wollen demokratische Teilhabe und Mitsprache“

Darin verlangen sie neben der Rücknahme der aktuellen Preiserhöhungen, dass die Mieten generell und nachvollziehbar geringer sein müssten als die ortsüblichen Vergleichsmieten. Die Studierenden hatten ausgerechnet, dass sie heute meist mehr zahlen, als in ihren Wohnvierteln eigentlich üblich ist.

Darüber hinaus geht es Ihnen um Repräsentation, Mitbestimmung und Transparenz. Eine Protestierende bringt es auf der Kundgebung auf den Punkt: „Wir sprechen hier von über 30 Prozent Mieterhöhung gegenüber 2021. Das kann ich mir nicht mehr leisten. Gleichzeitig frage ich mich, wo das ganze Geld hingeht, denn der Zustand unserer Wohnheime wird schlechter. Deswegen fordere ich Transparenz vom Studentenwerk. Momentan weiß ich nicht einmal, wie mein Mietpreis zusammengesetzt ist und was durch diese Mieterhöhung finanziert werden soll.“

In ihren Redebeiträgen schildern die Bewohner:innen ihre finanzielle Situation oder erzählen aus dem Wohnheimalltag: dabei geht es um kaputte Heizungen, undichte Fenster, um Schimmelbefall, schlechtes Internet und Sporträume, die geschlossen wurden, um Geld zu sparen.

Ein Redner des Studierendenkollektivs Leipzig, das die Kundgebung mitorganisiert hat, stellt die Mieterhöhung in einen größeren Kontext: „Den meisten ist gar nicht bewusst, wie prekär die Situation von uns Studis eigentlich ist. Viele von uns wissen am Ende vom Monat nicht mehr, wovon wir unser Essen bezahlen sollen. Die Inflation ist weiter hoch, und jetzt steigen auch die Mieten extrem, gleichzeitig stagnieren BAföG und Löhne. Mittlerweile sind 77,4 Prozent der Studierenden in Deutschland von Armut bedroht. Und das Studentenwerk hat nichts Besseres zu tun, als uns für die Lücken in ihrer Bilanz zahlen zu lassen!“

Auch geht es um den allgemein angespannten Wohnungsmarkt in der Stadt: „Manche Leute sagen: ‚Wenn euch die Wohnheime zu teuer sind, dann zieht doch aus.‛ Wenn das so einfach wäre. Vor allem für internationale Studis ist es fast unmöglich, eine normale Wohnung in Leipzig zu finden. Es kann doch nicht sein, dass das Studentenwerk Nutznießer dieser Situation wird!“

Während vor dem Haus demonstriert wird, diskutiert drinnen zum ersten Mal eine Delegation der Bewohner:innen mit Vertreter:innen des Studentenwerks. Dieses hatte sie in Reaktion auf den Protest endlich zu einem Gesprächstermin eingeladen.

Mischa, der seit 4 Jahren im Wohnheim wohnt und bei dem Gespräch dabei war, berichtet: „Wir hatten uns von dem Gespräch Klarheit erhofft. In einigen Punkten konnten tatsächlich Fragen geklärt und gemeinsame Interessen ausgemacht werden. Im Kern sind die Vertreter:innen des Studentenwerks aber nicht auf unsere Forderungen eingegangen. Die Mieterhöhung wird offenbar als einziger Weg gesehen, um die eigene finanzielle Schieflage zu beheben – auf dem Rücken von uns Studis. Jegliche Transparenz bezüglich unserer Mietpreise und der Betriebskosten wird abgelehnt und eine Mitsprache der Bewohner:innen bei Wohnheimsangelegenheiten als ‚nicht sachgerecht‛ abgetan. Das ist enttäuschend.

Uns ist an diesem Tag vor allem klar geworden, dass wir weiterkämpfen müssen. Um uns Gehör zu verschaffen, um ernst genommen zu werden und um letztlich unsere Wohnheime wieder bezahlbar zu machen. Unser Protest hat gerade erst angefangen und wir sind zuversichtlich, dass wir Erfolg haben können – so wie 2023 in Halle.“

Die Studierenden stellen sich also auf einen längeren Protest ein.

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