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Vier Jahre Atomwaffenverbotsvertrag – doch die Gefahr bleibt

Vor vier Jahren haben die Vereinten Nationen den Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) beschlossen. In Zeiten zunehmender Kriegsgefahr befürworten jedoch besonders Stimmen in Deutschland und der EU eine Wiederbewaffnung Europas mit Atomraketen.

Am 22. Januar 2021 trat der UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen (AVV) in Kraft. Das Testen, Entwickeln, Produzieren und Besitzen von Atomwaffen ist den Mitgliedsstaaten, die den Vertrag unterzeichnet haben, rein formell verboten. Auch die Weitergabe, Lagerung und die Drohung des Einsatzes werden mit dem Vertrag verboten. Entstanden ist er aus der Initiative einiger Staaten als Antwort auf die fünf Atommächte Russland, USA, Großbritannien, Frankreich und China, die eine Diskussion über eine umfassende Nuklearkonvention ablehnten. Deutschland ist dem Vertrag jedoch nicht beigetreten.

Vor dem Atomwaffenverbotsvertrag existierte bereits der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag (NVV). Dieser beinhaltete schon damals das Verbot der Verbreitung und die Verpflichtung zur Abrüstung von Kernwaffen und wurde von den damaligen Atommächten initiiert. Ziel des NVV war also vor allem zu verhindern, dass andere Staaten auch in den Besitz von Nuklearwaffen kommen und dadurch potenziell den führenden imperialistischen Mächten militärisch die Stirn bieten könnten.

Zwar beinhalten der AVV und NVV für alle unterzeichnenden Mitgliedsstaaten bestimmte Handlungsweisungen und Richtlinien. Sie fallen beide aber unter das Völkerrecht und bleiben damit vor allem moralische Appelle. Denn die UN haben keinerlei Möglichkeit, direkt und wirksam in die Politik einzelner Staaten einzugreifen. Das hat nicht zuletzt das Urteil über Israels Völkermord des Internationalen Gerichtshofs (IGH), dem höchsten Gerichtshof der Vereinten Nationen, gezeigt. Dort wurde festgehalten, dass Israel sicherstellen müsse, keinen Völkermord im Gazastreifen zu verüben. Geändert hat sich seitdem aber nichts.

Aufrüstung statt Abrüstung

Der Verpflichtung einer vollständigen Abrüstung ist keiner der unterzeichnenden Staaten bisher nachgekommen. Im Gegenteil: Die Ausgaben für Kriegswaffen und -ausrüstung gehen seit Jahren in die Höhe. Laut einem Report des Stockholmer Instituts für Internationale Friedensforschung (Sipri) haben sich die Militärausgaben erstmals seit 2009 in jeder Weltregion erhöht und seit neun Jahren steigen sie stetig an. Allein im Jahr 2023 wurden umgerechnet knapp 2,5 Billionen US-Dollar weltweit für Aufrüstung ausgegeben.

Der deutsche Staat fährt spätestens seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs eine größere Aufrüstungskampagne. Immer wieder fallen deutsche Politiker:innen mit Aussagen nach einer „kriegstüchtigen“ Gesellschaft und einem Deutschland mit „dem Anspruch einer Führungsmacht“ auf.

Neben den von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) geforderten Massenmusterungen aller 18-jährigen jungen Männer hat nun auch der Bundeskanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, die Erhöhung der jährlichen Ausgaben für das Militär von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 3,5 Prozent gefordert. Eine Abrüstung ist also weder in Deutschland noch auf der Welt zu erwarten.

Atomwaffen auch für Deutschland?

Im Rahmen des internationalen Wettrüstens der verschiedenen Länder wurden auch in Deutschland Stimmen nach eigenen Atomwaffen für Europa wieder laut. Begründet wird diese Forderung oft mit einer zu großen Abhängigkeit der EU-Staaten in Sachen Militär von der US-geführten NATO.

Die Europäische Union und die BRD als ihre führende Kraft drängen seit Längerem auf eine eigenständigere militärische Rolle Europas, das auch unabhängig von den USA militärisch handlungsfähig sein solle. Besonders mit der Neuwahl Trumps werden die EU und damit auch Deutschland ihre Bemühungen verstärken, unabhängig vom NATO-Partner USA agieren zu können. Trump hatte bereits vor seiner Wahl damit gedroht, keine militärische Unterstützung an Staaten zu schicken, sollten sie nicht das Zwei-Prozent-Ziel erfüllen.

Im Umkehrschluss bedeutet das für den deutschen Imperialismus aber auch, die Frage nach eigenen (EU-)Atomwaffen zu beantworten. So hatte der ehemalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne) im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg den Vorschlag eines europäischen Atomwaffenarsenals in den Raum gestellt, um die deutsche „Abschreckungsfähigkeit“ wiederherzustellen. So bleibt die atomare Gefahr also auch heute, nach dem vierjährigen Bestehen des Atomwaffenverbotsvertrags latent bestehen.

Waffen-Bericht: Alle Welt bereitet sich auf einen Krieg vor

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