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World Economic Forum: Vielfältiger Protest gegen Elitentreffen in Davos

Derzeit kommt das jährlich stattfindende World Economic Forum im Schweizer Davos zusammen. Dagegen formierte sich erneut breiter Protest aus der antikapitalistischen und der Klima-Bewegung.

Seit 1971 kommt immer zu Beginn des Jahres im Schweizer Kanton Graubünden das World Economic Forum (WEF, deutsch: Weltwirtschaftsforum) zusammen. Spitzenfunktionäre aus Politik und Konzernen treffen sich im – von der Polizei abgeschotteten – Alpenstädtchen Davos, wo es neben öffentlichen Reden auch reichlich Raum für Hinterzimmergespräche gibt.

Am Montag startete die diesjährige Auflage des Forums, das noch bis zum Freitag andauern wird: „Das Treffen findet vor dem kompliziertesten geopolitischen Hintergrund seit Generationen statt“, so WEF-Präsident Borge Brende vor Beginn der Konferenz. Die dominierenden Themen sind dabei das Aufeinanderprallen verschiedener imperialistischer Lager, die bestehenden Kriegsherde (insbesondere Ukraine, Palästina und Syrien) auf der Welt sowie der Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump.

Zahlreiche Staats- und Regierungschefs fehlen

Dabei befindet sich Letzterer gar nicht unter den etwa 3.000 erwarteten Teilnehmer:innen, soll aber am Donnerstag per Videobotschaft Worte an das WEF richten.

Weltwirtschaftsforum 2024: Hinterzimmergespräche und Proteste dagegen

Stattdessen ist Olaf Scholz in diesem Jahr in Davos mit von der Partie – und das als einziger Regierungschef aus den G7-Ländern. Auch der indische Premier Narendra Modi und der chinesische Staatspräsident Xi Jinping werden nicht am Gipfel teilnehmen. Die Liste der führenden Persönlichkeiten, die in diesem Jahr nicht teilnehmen, würde „Bände sprechen“, ist beim US-Fernsehsender CNBC zu hören.

Während Scholz seine Rede am Dienstag nutzte, um noch einmal seine Opposition gegen die „rechtsextremen Positionen“ Elon Musks zum Ausdruck zu bringen, äußerte Wolodymyr Selenskyj, als ukrainischer Präsident ebenfalls Stargast, seine Hoffnung, in Zusammenarbeit mit Donald Trump den Ukraine-Krieg „noch in diesem Jahr“ zu beenden.

Trumps erste Maßnahmen: Weichenstellungen für den Staatsumbau

Ebenfalls dabei ist die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die sich noch kurz zuvor in Solothurn von Coiffeur Mehdi Delaram frisieren ließ, wie Schweizer Medien zu berichten wissen. Auch „Kettensägenmann“ Javier Milei aus Argentinien wird erwartet.

Protest in Bern, Zürich und Davos

Gegen den Gipfel in Davos formiert sich traditionell Widerstand. Dabei wird der Konferenzort selbst in eingeübter Kooperation der Polizeien Deutschlands und der Schweiz abgeriegelt, um Protest zu verunmöglichen oder nur in einem sehr begrenzten und kontrollierten Rahmen zuzulassen, wie auch bei anderen Polit-Gipfeln üblich. In diesem Jahr wurde etwa ein fünfköpfiger Infostand der Initiative Mass-voll in direkter Nähe zur Konferenz bewilligt – dort werden gefriergetrocknete Insekten zum Probieren an Konzernbosse und Politiker:innen verteilt.

Dennoch ließen sich auch in diesem Jahr hunderte Aktivist:innen den Widerstand gegen das WEF nicht nehmen. Unter dem Motto „Smash WEF – Den Kriegsstrategen das Handwerk legen“ hatte ein Bündnis – bestehend unter anderem aus dem Revolutionären Aufbau Schweiz, der Revolutionären Jugend Zürich oder der Organisierten Autonomie Zürich – zu einem Anti-WEF-Winterquartier am 17. und 19. Januar in Zürich aufgerufen, zu einer Demonstration am Samstag in Bern sowie einem antimilitaristischen Stadtspaziergang in Zürich am kommenden Samstag auf.

An der unangemeldeten Demonstration am Samstag beteiligten sich rund 700 Personen, wie es in einem nach der Demonstration veröffentlichten Kommuniqué heißt: „Die am WEF beteiligten Unternehmen sind maßgeblich verantwortlich für das Leid, das auf der Welt herrscht. Sie unterstützen die Staaten in ihrer Kriegstreiberei und ziehen daraus Profit. Egal, wie nachhaltig und sozial sich die Unternehmen und das WEF versuchen zu präsentieren, sie profitieren von der kapitalistischen Ausbeutung“, begründen die Aktivist:innen darin ihre Motivation, auf die Straße zu gehen. Besonders kritisiert wird auch das Vorgehen der Züricher Polizei: „Der angeblich links-grüne Gemeinderat Alec von Graffenried hat sich entschieden, ohne jeglichen Grund ein absurd großes Polizeiaufgebot Spalier laufen zu lassen. Die scheinbar linke Regierung in Bern hat einmal mehr gezeigt, zu welcher Klasse sie gehört – nämlich zu den Reichen und Mächtigen.“

Neben der Demonstration zogen am Wochenende auch hunderte Aktivist:innen einem Aufruf der Initiative Strike WEF folgend in Richtung Davos. Medienberichten zufolge wurde  dabei eine Gruppe von etwa 30 Menschen, die sich aus diesem Zug versucht haben soll abzusetzen, um eine Straße nach Daovs zu blockieren, von der Polizei festgenommen. Ebenfalls berichtet wurde von einer Gruppe Aktivist:innen von Greenpeace, die am Montag einen Hubschrauberlandeplatz besetzten.

Neben Demonstrationen und symbolischen Blockade-Aktionen wurden auch andere Akzente in den Protesten gesetzt. So wurde ein eigens für die Dauer des WEF in Davos eingerichteter Pop-Up-Store von Amazon von der Gruppe Drop Fossil Subsidies mit Farbe angegriffen. Auch ein Hotel wurde durch einen Aktivisten mit Farbe markiert.

100 Tage Milei: Die unsoziale Politik der argentinischen Regierung und der Widerstand dagegen

In Zürich wurde zudem das „Liberale Institut“, das dem argentinischen Präsidenten Javier Milei nach dessen Besuch beim WEF den „Röpke-Preis“ für sein „konsequentes und beherztes Vorantreiben liberaler Reformen“ verleihen will, von Aktivist:innen mit Farbe besprüht: „Das Rezeptbuch, nach dem Mileis Regierung diese Losung umsetzt, zeigte bereits nach wenigen Monaten verheerende Auswirkungen: Wasser, Strom, Gas oder der öffentliche Verkehr, um nur einige Beispiele zu nennen, wurden massiv teurer“, heißt es dazu in einem Statement zur Aktion, unterschrieben als Brigada Fernando Martin Gomez. Proteste würden durch Milei blutig unterdrückt. Diese Politik gehöre bekämpft: „Heute das Liberale Institut, morgen das WEF und übermorgen… Smash Capitalism, Fight for Freedom!“, schließen die Aktivist:innen ihre Erklärung ab.

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