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Griechenland: 2 Jahre nach dem Zugunfall in Tempi gehen die Proteste weiter

2 Jahre ist das Zugunglück in Griechenland her und die Proteste gehen weiter. Ein Audio-Beweis mit den Worten „Ich bekomme keine Luft“ hört, übt weiter Druck auf die Regierung aus. Demonstrant:innen werfen ihr gezielte Vertuschung vor.

Heute vor zwei Jahren stießen ein Güterzug und ein Passagierzug in der Nähe der griechischen Stadt Larissa kurz nach Mitternacht zusammen. Durch den Zusammenstoß kam es zu Explosionen, und die vorderen Wägen fingen Feuer. Bei diesem Unglück auf der Strecke zwischen Athen und Thessaloniki starben 57 Menschen. Daraufhin folgten viele, vor allem von Student:innen getragene Proteste, die bis heute andauern. Griechenland wurde schon damals für die schlechte Instandhaltung der Zugstrecken, seine mangelnde Infrastruktur und für die langsame Aufarbeitung und versuchte Vertuschung des Falls kritisiert.

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„Ich bekomme keine Luft“

Anfangs war man davon ausgegangen, dass die Opfer nach dem Zusammenstoß schnell verstarben, doch die Tonaufnahme eines Notrufs lässt anderes vermuten: „Ich bekomme keine Luft.“ war auf dem Audio-Mitschnitt zu hören und wurde zur Parole auf den Protesten. Es ist anzunehmen, dass viele der Opfer länger leiden mussten und schließlich durch Ersticken oder an ihren Verbrennungen verstarben.

Der Transportzug soll illegale Chemikalien transportiert haben, die den Brand verursachten. Am 29. Januar gab der Premierminister Kyriakos Mitsotakis der konservativen Nea Demokratia (ND) ein Interview, in dem er von seiner Behauptung, dass Vertuschungsversuche nur eine Verschwörungstheorie seien, zurückruderte.

Etwa 300 Kubikmeter des Unfallorts wurden direkt nach dem Unfall ohne offizielle Genehmigung geräumt und überdeckt – vermutlich, um die Illegalität der mitgeführten Chemikalien des Güterzuges zu vertuschen. Laut Polizeibericht wurden die Ermittler:innen dabei von Regierungsbeamten unter Druck gesetzt: sie sollten das Gebiet räumen, bevor forensische Untersuchungen durchgeführt werden konnten.

Vertuschung

Mitsotakis hatte behauptet, dass der Boden bearbeitet worden sei, um die Züge von einem Kran anheben zu lassen. Diese Begründungen zerplatzten, als der Kriminalreporter Vassilis Lambropoulos den Bericht des leitenden Polizeibeamten veröffentlichte, der die Vertuschungversuche bekräftigte. Unter den im Bericht genannten Regierungsbeamten waren auch Christos Triantopoulos, ein Minister im Büro des Premierministers, und Yiannis Xifafas vom Verkehrsministerium.

Triantopoulos war von Anfang an am Unfallort zugegen. In einem Interview im März 2023 gab er an: „Ich war zufällig fünf Tage lang [am Unfallort], um die Situation im Auftrag des Premierministers zu managen.“ Daraufhin wurden Untersuchungen eingeleitet, um seine Rolle bei den Vertuschungen zu klären, woraufhin Triantopoulos zurücktrat.

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Proteste

Die Proteste gegen den Umgang der Regierung mit dem Zusammenstoß der Züge halten bis heute an: Zuletzt fanden sich im Januar zehntausende Protestierende in Athen zusammen, und auch in mehr als 100 anderen griechischen Städten fanden Kundgebungen und Demonstrationen statt. Bei der Großdemonstration in Athen nahm die Polizei einen Demonstranten fest und setzte Tränengas ein, um die Menge aufzulösen. Angaben der Polizei zufolge soll dies eine Reaktion auf Steinwürfe und Molotow-Cocktails gewesen sein. Die Demonstration fand in Reaktion auf die neu veröffentlichten Audio-Aufnahmen statt.

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