`

Zeitung für Solidarität und Widerstand

5-Punkte-Plan: Hunderttausende auf der Straße gegen den Fall der „Brandmauer“

In den vergangenen Tagen demonstrierten deutschlandweit hunderttausende Menschen gegen die Zusammenarbeit von AfD und CDU/CSU. Der Fall der sogenannten „Brandmauer“ war bei den oftmals von SPD und Grünen organisierten Demonstrationen das zentrale Thema. Sozialistische Organisationen zeigten auf der Straße ihren grundsätzlichen Unmut gegenüber dem Rechtsruck, der Militarisierung und dem Wahlzirkus.

Der Bundestag hat vor wenigen Tagen mit den Stimmen der Union, der FDP und der AfD einen „Fünf-Punkte-Plan“ zur Begrenzung der Migration nach Deutschland verabschiedet. Dieser sieht unter anderem eine Ausweitung der Abschiebungen, mehr Grenzkontrollen und Pushbacks sowie eine Verschärfung der Abschiebehaft vor. Die Abstimmung sorgte für heftige Kritiken, da die CDU/CSU damit die „Brandmauer“ gegenüber der AfD eingerissen habe.

Bundestag beschließt Migrationsantrag der Union mit Stimmen der AfD

Dies entfachte ein Feuer, wie es schon vor einem Jahr zu beobachten war: 2024 hatten die Deportationspläne, die AfD- wie auch CDU-Politiker:innen bei einem Geheimtreffen  in Potsdam diskutierten, eine Massenbewegung ausgelöst. Seit der Abstimmung über den jetzigen Antrag strömten in den vergangenen Tagen wieder unzählige Menschen in Groß- und Kleinstädten auf die Straßen. Am Samstag fanden zahlreiche Großdemonstrationen mit jeweils zehntausenden Menschen statt.

Hunderttausende auf den Straßen

Die gesamte letzte Woche über fanden in verschiedenen Teilen des Landes Kundgebungen und Demonstrationen statt: 80.000 Menschen folgten in Hamburg dem Aufruf „Hamburg steht zusammen: Wer mit Faschisten paktiert, hat nichts kapiert!“. Am Vortag waren es dort bereits 20.000 Demonstrierende. 14.000 Protestierende in Essen und 44.000 in Stuttgart zeigten klar, dass sie bereit sind, die rassistische Politik der konservativ bis faschistischen Parteien anzuprangern.

In Berlin und Hannover konfrontierten Antifaschist:innen die Partei der CDU etwas direkter: So protestierten am Donnerstag tausende Menschen vor der Zentrale der CDU in Berlin. Heute versammelten sich vor dem Reichstagsgebäude über 150.000 Menschen. In Hannover besetzten Aktivist:innen symbolisch die Geschäftsstelle des CDU-Kreisverbands. Und in Leipzig wurde eine symbolische Mauer aus Pappkartons vor den Eingängen der Kreisgeschäftsstelle aufgebaut.

Das Wiederaufleben der Anti-AfD-Proteste – Zeit für Klassenkampf!

Deutschlandweit waren es oft Parteien wie die SPD und die Grünen, welche die Demonstrationen anmeldeten. Die Proteste stellten ein gefundenes Fressen für den Wahlkampf dar. Das Einreißen der „Brandmauer“ zur AfD wurde nicht nur auf den Demonstrationen, sondern auch von Bundeskanzler Scholz als „Tabubruch“ bezeichnet und scharf kritisiert.

Sozialist:innen gegen Militarisierung, Abschiebungen und Sozialabbau

Dass Parteien wie die SPD und Grüne in den letzten Jahren selbst das Recht auf Asyl immer weiter beschnitten und das politische Klima mit Aussagen wie „Wir müssen endlich wieder im großen Stil abschieben!“ nach rechts getragen haben, blieb auf dem Demonstrationen allerdings nicht unerwähnt. Verschiedene sozialistische Organisationen riefen zur Teilnahme an den Protesten auf – jedoch mit einer klaren Haltung gegen den Rechtsruck aller Parteien.

Mit Zuckerbrot und Peitsche: Eine Reise durch die Migrationspolitik der Ampel

Unter anderem in Hamburg trat der Internationale Jugendverein gegen die aktuellen Verschärfungen der Asylgesetze und den Rechtsruck auf. Auf einem Transparent war zu lesen: „Gemeinsam gegen Rechtsruck, Aufrüstung und Sozialabbau! – Nehmen wir unsere Zukunft selbst in die Hand!“ Besonders solche antimilitaristische Positionen waren bei den etablierten Parteien nicht zu finden.

In Köln beteiligte sich das Offene Antifa Treffen (OAT) unter dem Motto „Ihre Brandmauer? Eine Lüge!“ nach einer eigenen kämpferischen Demonstration am Samstagmittag an der Großdemo, zu der auch SPD und Grüne aufgerufen hatten, und erklärten: „Die herrschenden Parteien haben in den letzten Jahren deutlich gezeigt, auf welcher Seite sie stehen, und dass man sich im Kampf gegen den Faschismus niemals auf sie verlassen kann!“

Die Föderation Klassenkämpferischer Organisationen (FKO) veröffentlichte am Donnerstag einen Aufruf unter dem Motto „Konsequenter Antifaschismus statt Wahlzirkus!“ und nahm in rund einem dutzend Städten an den Demonstrationen teil. Als Sozialist:innen stand für sie vor allem im Vordergrund, deutlich zu machen, dass der Kampf gegen den Faschismus einer gegen die Ursachen des Problems, und damit gegen das kapitalistisch-patriarchale System sein muss. „Rechtsruck? Klassenkampf! – Gegen AfD, CSU, BSW und Abschiebe-Ampel“ stand auf ihren Transparenten.

„Wir waren hier heute mit über tausend Menschen auf der Straße. So viele Menschen sehen wir selten auf der Straße, aber es ist wichtig, noch einen Schritt weiter zu gehen und sich zu organisieren. In diesem kapitalistischen System werden wir den Faschismus nicht einfach abwählen können“, so die Aktivistin Maren F. vom Solidaritätsnetzwerk Augsburg, die sich an den Protesten vor Ort beteiligte.

Solidarität mit verfolgten Antifaschist:innen

In den Wochen zuvor war es deutschlandweit bereits zu zahlreichen Demonstrationen im Zusammenhang mit dem Auftauchen von sieben gesuchten Antifaschist:innen im sogenannten „Budapest-Komplex” gekommen: Fast zwei Jahre lang waren zwölf Personen wegen vorgeblicher Angriffe auf Faschist:innen am Rande des „Tags der Ehre“ in Budapest von den deutschen Behörden gesucht worden. Nachdem sie sich nun den Behörden gestellt hatten, kam es zu Solidaritätsaktionen in zahlreichen Städten sowie vor den Gefängnissen, in denen die Antifaschist:innen in Untersuchungshaft sitzen.

Budapest-Komplex: Deutschlandweite Solidarität mit aufgetauchten Antifaschist:innen

Perspektive Online
Perspektive Onlinehttp://www.perspektive-online.net
Hier berichtet die Perspektive-Redaktion aktuell und unabhängig

Mehr lesen

Perspektive Online
direkt auf dein Handy!