Am Sonntagabend griffen 20-30 Faschisten den Verein der Kulturvereinigung türkischer Arbeitsmigrant:innen (ACTIT) in Paris an. Bei dem faschistischen Angriff auf den Filmabend der Organisation Young Struggle (YS) wurde eine Person verletzt. – Ein Interview mit Miloš von Young Struggle Paris.
Miloš, was genau ist gestern Abend passiert?
Gestern Nachmittag haben wir von Young Struggle einen Filmabend organisiert, an dem wir den Film „Z” von Costa Gabras gezeigt haben. Darin geht es um die zweite Welle des Faschismus. Den Film haben wir im Rahmen unserer Antifaschismuskampagne, die in unserer Organisation europaweit stattfindet, geschaut.
Wir haben angefangen, den Film zu schauen und dann nach 30 Minuten haben wir Geräusche und Rufe von unten gehört und wir wussten nicht ganz genau, was passiert. Ein Genosse und ich sind dann runtergegangen und haben die große Eingangstür, die verschlossen war, geöffnet, um zu gucken, was auf der Straße passiert. Ich dachte, es gibt ein Problem und vielleicht braucht irgendjemand Hilfe.
Dann standen da 20 bis 30 Personen maskiert, die geschrien haben und auf die Tür zugerannt sind. Der andere Genosse, der ein paar Meter hinter mir war, hat versucht, die Tür zuzuhalten, damit sie gar nicht erst reinkommen. Er hat es nicht geschafft, weil mehr Leute draußen waren.
Er wurde dann ins Gesicht geschlagen, in den Hof reingetrieben, ist auf den Boden gefallen und wurde dann dort geschlagen und auch mit einem Messer angegriffen. Währenddessen war ich oben, um den Verein zu schließen, damit auch Personen, die das erste Mal bei einer Veranstaltung von uns waren, nicht in Gefahr geraten. Die Faschisten sind danach geflüchtet, eine Handyaufnahme zeigt die Flucht.
Wie geht es dir und euch jetzt?
Vor allem geht es dem Genossen, der verletzt worden ist, gut. Er wurde gestern Abend schon aus dem Krankenhaus entlassen. Er wurde ein paar Mal genäht bei der einen Stichverletzung. Aber er war auch schon heute wieder hier im Verein. Und in den Verein sind viele Leute gekommen. Es sind Genoss:innen aus Deutschland gekommen, um zu unterstützen. Und wir sehen viele Zeichen der Solidarität von überall. Das ist ein schönes Zeichen.
Es waren auch Abgeordnete des Senats hier. Unterschiedliche Zeitungen und Fernsehsender waren da, um von dem letztendlich sehr gewaltvollen Angriff von Faschisten mitten in Paris zu berichten. Das hat also großen Wellen geschlagen. Wir sind hoffnungsvoll, dass das uns jetzt die Möglichkeit gibt, sich noch besser im antifaschistischen Kampf hier in Paris zu organisieren. Gemeinsam mit den anderen Gruppen und Organisationen und Akteuren.
Wie ordnet ihr diesen Angriff ein?
Es ist einer von mehreren Angriffen, die allein hier in diesem Stadtteil stattgefunden haben. Innerhalb der letzten Jahre gab es mehrere Angriffe. Der größte und am meisten bekannteste Angriff war der terroristische Anschlag auf das Ahmed Kaya Kulturzentrum, bei dem drei Menschen aus der kurdischen Bewegung getötet wurden.
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Wir sehen da letztendlich schon ein bisschen, dass das System hat. Hier sind viele Vereine und Assoziationen von politischen Organisationen, migrantischen Arbeiter:innen, Kurd:innen und Türk:innen, die letztendlich hier ihren Platz haben. Und das gefällt den Faschisten natürlich nicht, dass fortschrittliche Vereine überhaupt ihre Standorte hier so sicher haben können. Sie wollen uns Angst machen.
Was sind eure nächsten Schritte?
Noch gestern Abend wurde breit mobilisiert. Viele Leute aus dem Viertel und andere Organisationen haben sich solidarisch gezeigt und an einer spontanen Demonstration teilgenommen. Heute wird eine weitere Demonstration stattfinden. Und dann am Samstag hoffentlich eine Großdemonstration, wo auch schon Abgeordnete angekündigt haben, dass sie teilnehmen werden. Wir gehen davon aus, dass viele Leute teilnehmen werden an diesen Aktionen. In Frankreich hat das Thema Antifaschismus ein großes Mobilisierungspotenzial.
Unser nächster Schritt ist jetzt also in erster Linie die Antwort auf der Straße. Außerdem wollen wir Schritte auf andere Organisationen zugehen, um sich gemeinsam im Kampf gegen den Faschismus zu unterstützen.
Was ist euer Aufruf an alle AntifaschistInnen in Europa?
Natürlich ist dieser Angriff sehr schwer. Aber klar ist auch: es werden weitere Angriffe folgen. Und es ist die Zeit, sich stärker zu vernetzen, auch über nationale Grenzen hinaus die Solidarität zu pflegen, zu reagieren, wenn Schandtaten wie gestern verübt werden von den Faschisten unserer Länder. Letztendlich liegt es an uns Antifaschist:innen Europas, Europa in eine neue Richtung zu bringen, in eine Richtung, die eine Zukunft für alle bedeutet und nicht eine Zukunft des Faschismus!
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