Zeitung für Solidarität und Widerstand

Der Wahlsonntag: Höhepunkt des Demokratie-Spektakels

An und um den Abend der Bundestagswahl rufen fortschrittliche Organisationen zu Kundgebungen und Demonstrationen auf. Ihre Message: Das diesjährige Wahlergebnis wird weder den Aufstieg des Faschismus noch Kriege oder Zukunftsängste lösen. Denn echte Verbesserungen fallen nicht einfach vom Himmel. – Ein Kommentar von Jens Ackerhof.

Im Januar nutzte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz den jährlichen Wirtschaftsgipfel in Davos für seine Lieblingstätigkeit: Lobbyarbeit. Denn neben einer Podiumsdiskussion war der wohl wichtigere Termin für Merz ein Abendessen mit seinem ehemaligen Chef des weltgrößten Vermögensverwalters Black Rock, Larry Fink.

Wir wählen – doch wer entscheidet?

Laut Informationen des Spiegel ging es Merz darum, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu bewerben. Es dürfte ein Wiedersehen alter Bekannter gewesen sein, schließlich war Merz selbst von 2016 bis 2020 im Aufsichtsrat von Black Rock und nutzte seine politischen Kontakte zur Beratung des Finanzkonzerns.

Aktuellen Umfragen zufolge ist es wahrscheinlich, dass mit der Bundestagswahl am Sonntag die CDU die führende Kraft und Merz der neue Kanzler wird. Während ein ehemaliger Black Rock-Manager als Kanzler für viele eine (zu Recht) beängstigende Vorstellung darstellt, ist dies kein Sonderfall im eigentlichen Sinne: Dass Korruption fester Bestandteil deutscher Politik ist, zeigen die Cum-Ex-Affäre von Kanzler Olaf Scholz (SPD) ebenso wie etliche andere Fälle. Es sind Fälle, die klarmachen: über die wichtigsten Entscheidungen, die über unsere Leben getroffen werden, ist der demokratische Einfluss schwindend gering.

Korruption von Lindner, Scholz & Co. – kein Problem im Kapitalismus

 

Das „kleinere Übel“ gegen den Faschismus?

Doch haben wir nicht wenigstens die Pflicht, in Angesicht des historischen Rechtsrucks unsere Stimme für das „kleinere Übel“ und somit gegen die faschistische AfD abzugeben?

In der Tat hält der schnell wachsende Einfluss der AfD nichts Gutes für uns Arbeiter:innen in Deutschland parat: immer offener werden Nationalismus, Rassismus und LGBTI+-Feindlichkeit propagiert.

Viele andere Parteien treiben diesen Rechtsruck derweil voran: Zum einen, indem sie eine abgespeckte und salonfähigere, aber im Kern immer noch rassistische Politik führen. Während Olaf Scholz (SPD) noch im letzten Jahr „in großem Stil abschieben“ wollte, kooperiert Friedrich Merz (CDU) in der Frage bereits faktisch mit der AfD.

Bundestag beschließt Migrationsantrag der Union mit Stimmen der AfD

Statt offenem Hass gegen Migrant:innen werben die Grünen für Abschiebungen mit „Bauchschmerzen“ – auch wenn diese Bauchschmerzen immer weiter abnehmen. Etliche migrant:innenfeindliche Maßnahmen wie der Angriff auf das Asylrecht durch die GEAS-Reform oder Grenzkontrollen wurden schließlich bereits von der Ampelregierung durchgeführt.

Gleichzeitig bieten diese Parteien auch keine Antwort auf die sozialen Probleme, die den Nährboden für den Aufstieg des Faschismus schaffen: auf den Sozialabbau im ganzen Land, das Kaputt-Sparen in der öffentlichen Infrastruktur sowie die Kriegsgefahr und Aufrüstung.

Für Sozialismus kämpfen statt das Elend mitverwalten

Zwar mag die Linke auf dem Papier hier mit fortschrittlicheren Forderungen glänzen. Doch nicht nur mangelt es in ihrem Wahlprogrammen an einem realistischen Plan, wie diese im Kapitalismus umzusetzen wären. Auch bewies die Linke in ihrer Beteiligung an den Landesregierungen immer wieder, dass sie dieses ausbeuterische System nur mitverwaltet, nicht aber grundsätzlich ändern kann.

Leere Versprechen, alte Kamellen und offene Drohungen – Die Wahlprogramme der Parteien (Teil 1)

Egal, bei welcher Partei wir am Sonntag also unser Kreuz setzen oder ob wir überhaupt am Wahlzirkus teilnehmen – viel wichtiger wird es sein, in unseren Vierteln aktiv zu werden und gemeinsam für eine echte Alternative zu kämpfen. In diesem Sinne haben fortschrittliche, antifaschistische und sozialistische Organisationen zu etlichen Kundgebungen und Demonstrationen aufgerufen.

Termine zu kommenden Aktionen

Die Föderation klassenkämpferischer Organisationen (FKO) ruft in mehreren Städten zu Aktionen unter dem Motto „Wählen wir Klassenkampf“ auf. Bereits am 22.02. findet in Essen um 14.00 Uhr eine Demonstration in der „Grünen Mitte” statt und in Freiburg um 14.00 Uhr am Platz der alten Synagoge.

Zum Wahlabend am 23.02. gibt es Demonstrationen in Leipzig (18.00 Uhr, Alexis-Schumann-Platz), Berlin (18.00 Uhr, Oranienplatz), Hamburg (18.30 Uhr, Straßburger Platz), Essen (16.30 Uhr, am HBF Gelsenkirchen), Köln (18.30 Uhr, Wiener Platz) und Nürnberg (18.30 Uhr, Aufseßplatz).

Unter dem Motto „Wir haben keine Wahl gegen die Politik der Rechten und Reichen“ haben unterschiedliche antifaschistische Gruppen zu einer Demonstration am Kieler Hauptbahnhof am 23.02 um 18.30 Uhr aufgerufen.

Am 24.02. läuft in Frankfurt eine Demonstration um 18.30 Uhr von der Hauptwache und in Freiburg um 17.30 Uhr vom Platz der alten Synagoge.

5-Punkte-Plan: Hunderttausende auf der Straße gegen den Fall der „Brandmauer“

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