Die Kapitalverbände BDI und INSM stellen Forderungen an die neue Bundesregierung auf. Ziel ist es, den deutschen Imperialismus „souveräner“ zu machen. Dazu sollen fleißig aufgerüstet, die Rechte von Arbeiter:innen abgebaut, Flucht aus humanitären Gründen eingeschränkt und Unternehmen steuerlich entlastet werden. – Ein Kommentar von Chell Duncker.
Während viele gespannt sind, was die Bundestagswahl 2025 mit sich bringen wird, haben die führenden Vertreter:innen der deutschen Weltmonopole schon für sich ausgemacht, wie die künftige Regierung handeln soll.
Der Bundesverband der deutschen Industrie e.V. (BDI) hat unter dem Titel „Strategisch souverän werden“ seine Forderungen an die kommende Bundesregierung formuliert. Der BDI ist als Dachverband der deutschen Industrie einer der wichtigsten Lobbyverbände der deutschen Wirtschaft überhaupt. Dort sind Top-Manager von ThyssenKrupp, Daimler und Co. vertreten.
Oft wechseln Politiker:innen nach ihrer Politikkarriere in die Ränge der BDI. Demnach ist so eine „Handlungsempfehlung“ maßgeblich für die nächste Regierung.
Mehr Waffen für Deutschland und die ganze Welt
Was steht also in diesem Strategiepapier so drin? Ein zentraler Punkt ist „Sicherheit“ – sprich Kriegsvorbereitung auf den nächsten großen Verteilungskrieg. Investitionen in Rüstung sollen in Form eines „Rüstungsbeschleunigungsgesetzes“ schneller werden. Um den Geldfluss dauerhaft zu sichern, soll dabei ein Teil des Haushaltsplans 2024 aufgegriffen und erweitert werden.
Waffenlieferungen an die Ukraine sollen weiter gewährleistet werden, aber der Rüstungsexport soll auch insgesamt erhöht werden. Die Bundeswehr soll außerdem noch mehr gestärkt werden und enger mit der Waffenindustrie zusammenarbeiten.
Bei der Aufrüstung spielt auch Raumfahrt eine zentrale Rolle: So könnten z.B. Satelliten genutzt werden, um Kriegsgegner zu beobachten. Dafür will der BDI in der Nordsee Startplattformen für Satelliten errichten lassen. Das Nutzen von technologischen Fortschritten in der Raumfahrt für Kriegszwecke bezeichnet der BDI als praktischen „Dual Use“.
Auch das Zweckbündnis namens EU soll gestärkt werden. So soll Deutschland zusammen mit Frankreich, Italien, England und Polen einen 20-jährigen „Beschaffungs- und Bebauungsplan“ erstellen, um die europaweite Aufrüstung zu verbessern.
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„Sichern“ mit allen Mitteln
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Sicherung und Diversifizierung von Lieferketten, damit die deutsche Wirtschaft unabhängiger wird. Das bedeutet, dass die sie auf mehrere Lieferketten zugreifen kann, damit auch bei Einbruch der mehrstufigen Netzwerke in der Logistik – wie bei der Corona-Pandemie – die Lieferung von wichtigen Warenteilen weitergehen kann.
Diese Sicherung der Lieferketten kann dabei auch mit Waffengewalt vorgenommen werden. In der jüngeren Vergangenheit wurde dies beispielsweise umgesetzt, als die Huthi-Rebellen den Seehandel im Roten Meer lahmgelegt hatten, woraufhin die Bundeswehr Kriegsschiffe zur Verteidigung der Fracht entsandte.
INSM: mehr Teilzeit, länger Arbeiten
Während der BDI vorgibt, was die Rüstungsindustrie alles vom Staat braucht, beschäftigt sich die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft in einer Studie damit, wie man die dafür notwendige Ausbeutung von uns Arbeiter:innen vorantreiben kann. Das bedeutet z.B. weniger Kündigungsschutz, um Leih- und Zeitarbeit einfacher zu machen.
Dass Reformen der Schröder-Regierung teilweise zurückgenommen und dort wieder mehr Regulierung eingeführt wurde, sieht die INSM ungünstig: Der Arbeitnehmerschutz sei zu „unflexibel“ und müsse darum gesenkt werden. Auch nach der Rente weiter zu arbeiten, soll stärker normalisiert werden, indem es „attraktiver“ gemacht werden soll, während es unattraktiver werden soll, früher in die Rente zu gehen, durch höhere Abschläge.
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Geflüchtete gut, solange wirtschaftlich nützlich
Um den viel beschworenen Fachkräftemangel zu senken, sollen auch Geflüchtete schneller zu ausbeutbaren Arbeiter:innen gemacht werden. Dabei wird ganz offen zugegeben, dass die Aufnahme von Geflüchteten aus rein wirtschaftlichen und nicht humanitären Gründen motiviert sein sollte:
„Grundsätzlich ist in Deutschland jedoch zwischen der Fachkräftezuwanderung nach wirtschaftlichen Erfordernissen und der Flüchtlingsaufnahme und Asylgewährung aus humanitären Motiven zu unterscheiden. Letztere sollten nicht zum Vorwand für eine Zuwanderung dienen, die eigentlich aus dem Motiv der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage erfolgt, jedoch die notwendige Qualifikation für eine Zuwanderung als Fachkraft nicht erfüllt und somit häufig zu Zuwanderung in das Sozialsystem führt.“
Außerdem sollen für Bürgergeld-Empfänger:innen stärkere Anreize geschaffen werden, dem „Arbeitsmarkt zu Verfügung zu stehen“. Wie das in der Praxis aussehen kann, hat die Ampelregierung bereits gezeigt: Stärkere Sanktionen für all diejenigen, die nicht jedes Angebot für den größten Drecksjob annehmen wollen.
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Weniger Bürokratie – aber für wen?
Auch sollen Bürger-, Wohn- und Kindergeld zusammengeführt werden. Was erst einmal nach weniger Bürokratie klingt, würde es dem Staat auch erleichtern, mehr Leistungen auf einmal zu streichen. Und während die untersten Teile der Bevölkerung den Gürtel enger schnallen müssten, sollen die Unternehmen 25 Prozent weniger Steuern zahlen.
In beiden Berichten werden weniger Regulierungen an allen Stellen gefordert. Geschmückt wird das durch Worte wie „Bürokratieabbau“ und „Effizienz“. Damit ist allerdings gemeint, dass der Staat den Unternehmen weniger auf die Finger schauen und ihnen freie Hand lassen soll. So können Umweltauflagen oder Arbeitsschutz leichter ausgehebelt werden.