Bei Christian Lindners Wahlkampfauftritt in Freiburg kam es zu einer Gegendemonstration mit bis zu 4.000 Teilnehmer:innen. Kritik gab es nicht nur an der FDP, sondern auch an den restlichen Parteien. Die Polizei versuchte den Protest teils mit Gewalt klein zu halten.
FDP-Fraktionschef und ehemaliger Finanzminister Christian Lindner konnte seinen Besuch in Freiburg alles andere als ungestört genießen. Während seines Wahlkampfauftritts in der Freiburger Innenstadt formierte sich eine Gegendemonstration, an der sich etwa 4.000 Menschen beteiligten. Zuvor hatte unter anderem die Linkspartei zu einer „aktiven Mittagspause“ bei Lindners Wahlkampftour, die unter dem Motto „Alles lässt sich ändern“ läuft und am 20. Februar in Düsseldorf endet, aufgerufen.
Die Polizei legte als Versammlungsort für die unangemeldete Demonstration den Platz vor dem Stadttheater fest, der etwa 50m entfernt von der Veranstaltungsbühne auf dem angrenzenden Platz der Alten Synagoge liegt. Die Gegendemonstration füllte jedoch nicht nur den Platz vor dem Stadttheater, sondern auch den Raum vor der Veranstaltungsbühne, der eigentlich für FDP-Anhänger:innen gedacht war.

Zu Beginn sprach Ruben Schäfer als FDP-Direktkandidat für den Wahlkreis Freiburg bei der anstehenden Bundestagswahl. Sichtlich überfordert von der großen Anzahl an Demonstrierenden und den ihm entgegenschallenden Buh-Rufen sprach er einige einleitende Worte bevor die Generalsekretärin der FDP Baden-Württemberg, Judith Skudelny, auftrat. Auch Lindners Auftritt wurde statt von Beifall mit Buhrufen und Pfiffen sowie Gegenreden und gemeinsam skandierten Sprüchen begleitet. Immer wieder hallte es „Ganz Freiburg hasst die FDP“ über den Platz.
Lindner hetzt gegen Bürgergeldempfänger, Polizei schubst Demonstrierende
Aus der angrenzenden Albert-Ludwig-Universität ließ scheinbar ein Mitarbeiter ein Banner mit der Aufschrift „29.01. – FDP + AfD <3“ aus dem Fenster. Damit spielte er auf die gemeinsame Abstimmung der FDP mit der CDU/CSU und der AfD an, die gemeinsam den 5-Punkte-Plan zur Begrenzung der Migration beschlossen. Dies löste bundesweit einen großen Aufschrei und eine Protestwelle aus, die sich gegen den Fall der sogenannten „Brandmauer“ richtete.
In seiner One-Man-Show sprach Lindner über zahlreiche Themen, wie den Bruch der Ampelkoalition, die Notwendigkeit von Atomkraftwerken sowie eine Begrenzung der Migration und die Einschränkung des Bürgergeldes, das kein bedingungsloses Grundeinkommen sei. Immer wieder erntete es laute Buh-Rufe aus dem Publikum. Diese nahm Lindner zum Anlass, um gegen den linken Gegenprotest zu hetzen.

Dabei bezog er sich auch auf ein Transparent, auf dem „Gegen Asylverschärfung, Sozialabbau, Militarisierung und falsche Wahlversprechen – für die sozialistische Revolution“ zu lesen war. Seine Schlussfolgerung: Er wolle den Verfassungsschutz so beibehalten wie er sei – wohl um sozialistische und antifaschistische Aktivist:innen mit aller Härte zu verfolgen.
Dafür sorgte jedoch bereits die Polizei, die vor Ort war und mit Gewalt versuchte den Protest einzuschränken. Immer wieder verschafften sich Aktivist:innen in der Nähe der Bühne Gehör – mit Megaphon-Durchsagen und hochgehaltenen Transparenten. Die Polizei verwies sie ein erstes Mal auf den Theatervorplatz. Als die Aktivist:innen auf einem Plateau neben der Bühne wieder auftauchten schubsten sie diese von der Erhöhung runter und beschlagnahmten ein Transparent und zerstörten eine Fahnenstange.

Kritik an FDP, Ampel und Rechtsruck
Als der Auftritt von Lindner vorbei war, war der Protest jedoch noch nicht zu Ende. Das Solidaritätsnetzwerk Freiburg richtete sich in einer Rede mit klaren Worte an den Chef der Neoliberalen: „Wir erleben steigende Mieten, stagnierende Löhne und eine Gesellschaft, die immer reaktionärer wird. Während all diese Probleme unser tägliches Leben bestimmen, kommt Christian Lindner in unsere Stadt. […] Die FDP steht für Steuergeschenke an Milliardäre, für Sozialabbau und für eine Wirtschaftspolitik, die auf unserem Rücken ausgetragen wird. Während wir uns fragen, wie wir die nächste Miete zahlen, treiben sie die Spaltung der Gesellschaft voran.“
Das Solidaritätsnetzwerk kritisierte jedoch nicht nur die FDP, sondern auch den Rest der Ampelregierung und ihre unsoziale Politik sowie das gesamte politische System. Die Redner:in betonte, dass die Lösung nicht in Wahlen, sondern im gemeinsamen Kampf für ein anderes System liege: „Unsere Stärke liegt in unserer Solidarität. Nicht an der Wahlurne werden wir uns befreien, sondern auf der Straße, in den Schulen und Universitäten und in unseren Vierteln. Die Revolution beginnt vor unserer Haustür!“
Christian Lindner verließ Freiburg mit der klaren Botschaft, dass viele Menschen seine Politik nicht unterstützen. Die Demonstration zeigte einmal mehr, wie viele Menschen bereit sind, für ihre Interessen auf die Straße zu gehen und dass auch Christian Lindner übertönt werden kann.