Junge Frauen wählen links, Männer eher rechts. Zu diesem Schluss kommen die Statistiken über die Bundestagswahl am letzten Sonntag. Aber warum ist das so? Und was bedeutet das für unsere Zukunft? – Ein Kommentar von Alexandra Magnolia.
Die Linke ist am Wochenende als Überraschungssieger mit über 4 Prozentpunkten Zuwachs aus den Wahlen hervorgegangen. Maßgeblich für den Erfolg war vor allem die Gruppe junger Wähler:innen. Unter den 18- bis 24-Jährigen erreichte die Partei 25 % und bei den 25 bis 35-Jährigen weitere 16 %.
Innerhalb dieser Gruppen waren es vor allem Frauen, die links wählten. Schon bei der letzten Bundestagswahl ist aufgefallen: Frauen wählen eher linke Parteien wie SPD und Grüne, während Männer schon damals eher AfD wählen als Frauen. In diesem Jahr hat sich das Ganze erneut gezeigt: SPD, Grüne und die Linke wurden von deutlich mehr Frauen gewählt; CDU, AfD und FDP eher von Männern. Vor allem bei der AfD und der Linkspartei sieht man den Unterschied deutlich: Der Anteil der Frauen, die AfD wählten, lag bei 18 %, der Anteil an Männern bei 24 %. Auch bei der Linkspartei beträgt der Geschlechterunterschied 4 %.
Woher der Wandel – Warum die Differenz?
Frauen achten bei der Wahl einer Partei darauf, wie diese zum Thema Gleichstellung steht. Logisch also, dass eher linke Parteien in den letzten 20 Jahren von Frauen gewählt wurden. Doch auch in anderen Interessensbereichen tun sich Unterschiede auf.
Mit der wachsenden Wirtschaftskrise sind soziale Fragen noch präsenter als vorher. Wohnungsnot, Kürzungen und Krieg sind hier Fragen, die vor allem junge Frauen beschäftigen. Männer sorgen sich vor allem um sozialen Abstieg und Migration. Diese Interessensgebiete passen zu den unterschiedlichen Wahlergebnissen der Geschlechter.
Vor allem unter den jungen Wähler:innen ist die Differenz groß. Nicht zu unterschätzen bei den Erfolgen auf beiden Seiten ist wahrscheinlich die Online-Präsenz der Parteien. Auf der Plattform TikTok ist die AfD schon lange erfolgreich unterwegs. Maximilian Krah zählt 102.000 Follower und die TikToks der AfD generieren ordentlich Aufrufe.
Aber auch Heidi Reichinnek, Co-Vorsitzende der Linken, ist eine kleine TikTok-Berühmtheit und hat 600.000 Follower und teilweise mehrere Millionen Aufrufe auf ihren Videos. Während Krah über traditionelle Familien und männliche Stärke redet und damit vor allem junge Männer anzieht, können sich viele junge Frauen mit Heidi Reichinnek identifizieren, nehmen sie sich sogar zum Vorbild.
Gleichberechtigung bringt uns keine Partei
Die Angst vor dem, was mit einer möglichen CDU-Regierung und der AfD mit 20 % im Bundestag passiert, ist bei vielen groß. Die Linkspartei als Opposition scheint die letzte Hoffnung. Aber auch wenn uns im Wahlkampf viele Versprechen gemacht wurden, umgesetzt werden wohl die wenigsten. Zwar macht es vielen Mut zu sehen, wie die Linke einen Aufschwung erlebt, eine Lösung der realen Probleme, die vor uns stehen (Armut, Krieg, Rassismus, Patriarchat) bringt das aber nicht.
Alle Parteien rutschen weiter nach rechts, die Politik aus dem Parlament wird reaktionärer und auch die Situation von uns Frauen wird immer schlechter. Diesen Prozess wird die Linkspartei nicht aufhalten, sondern höchstens verlangsamen können. Unsere Freiheit und unsere Rechte zu verteidigen, liegt am Ende an uns selbst. Der Aufschwung rechter Parteien sollte für uns Anlass sein, mehr zu tun als unser Kreuz bei den Linken zu setzen. Er sollte vielmehr Anlass sein, uns zu organisieren und unsere Gleichberechtigung selbst zu erkämpfen.