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Nach Anschlag in München: Angehörige stellen sich gegen Instrumentalisierung

Nach dem Anschlag vom Donnerstag in München sind zwei Opfer ihren Verletzungen erlegen. Die Angehörigen fordern, den Anschlag nicht zu instrumentalisieren. Während Politiker:innen konsequentere Abschiebungen fordern, gehen die Kämpfe, die Amel und ihre Kolleg:innen geführt haben, unter. – Ein Kommentar von Felix Zinke.

Nach dem Anschlag in München auf die Streikkundgebung von ver.di im Rahmen der TVöD-Verhandlungen wurde am Samstag bekanntgegeben, dass die beiden schwerverletzten Opfer gestorben sind. Bei den Verstorbenen handelt es sich laut SZ um die 37-jährige Gewerkschaftskollegin Amel und ihre zweijährige Tochter Hafsa. Beide befanden sich am Donnerstag am Ende des Demonstrationszugs, als das Auto in die Menge raste. Nachdem beide mit schweren Verletzungen auf die Intensivstation kamen, sind sie nun ihren Verletzungen erlegen.

EIL: Auto fährt in Münchener ver.di-Demonstration – Vorsatz vermutet

Die Angehörigen von Amel haben sich nach dem Bekanntwerdens ihres Todes an die SZ gewandt. Sie erzählen in einem kurzen Statement die Geschichte unserer Kollegin. Amel war mit 4 Jahren aus Algerien nach Deutschland gekommen. Sie arbeitete nach ihrem Studium zum Umweltschutz als Ingenieurin bei der Stadt München. Zudem war sie ein Mensch, der sich gegen Ungerechtigkeiten eingesetzt hat. Sie kämpfte für die Rechte von Arbeiter:innen und setzte sich gegen Rassismus und Diskriminierung ein.

Rechter Hetze entgegentreten

Dabei betonen die Angehörigen, dass sie sich gegen die Instrumentalisierung der Tat stellen.
Denn die persönliche Geschichte von Amel und den anderen mindestens 39 verletzten Kolleg:innen scheinen in der öffentlichen Diskussion weder die Politker:innen noch die Presse besonders zu interessieren. So wurden bald nach dem Anschlag von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann Fehlinformationen über den Tatverdächtigen dahingehend verbreitet, dass dieser schon vorher kriminell und ausreisepflichtig gewesen sei.

Jedoch war der bayerische Innenminister nicht allein damit, rassistische Narrative zu stärken. Auch Olaf Scholz (SPD) erklärte sofort, dass weitere Abschiebungen nach Afghanistan geplant seien und Innenministerin Nancy  Faeser (SPD) bekräftigte: „Als einziger Staat in Europa schieben wir trotz der Taliban-Herrschaft wieder nach Afghanistan ab und werden das weiter tun.“
Die AfD nutzte den Anschlag ebenfalls, um Werbung für ihre „Migrationswende“ zu machen. Und Robert Habeck (Grüne) versuchte etwas verschleiert die gleichen Forderungen zu rechtfertigen: „Auch dieser Anschlag zeigt, wie notwendig eine umfassende Sicherheitsoffensive ist, die die bekannten Defizite schließt.“

Der Fokus richtet sich also erneut wieder nur auf dem Tatverdächtigem und seine Herkunft. Einerseits wird die rechte Gesinnung des Täters in seiner Herkunft gesucht, dabei aber ignoriert, dass die meisten Opfer des islamischen Fundamentalismus selber Muslim:innen sind. Auf der anderen Seite wird der Angriff auf streikende Arbeiter:innen kaum als solcher erwähnt. Ein wirkliche Auseinandersetzung mit der vermuteten Ideologie des Täters und dessen faschistischen und arbeiter:innenfeindlichen Charakter findet nicht statt.

München: Rassistische Hetze nach mutmaßlichem Anschlag

Dabei sollten wir gerade in diesen Zeiten darauf achten, dass Faschist:innen – egal aus welchem Land – uns als Arbeiter:innen spalten: Der Anschlag in München und auch in Aschaffenburg zeigen, dass die Herkunft keine Relevanz für diese Taten hat, da sich sowohl auf Täterseite als auch auf Seiten der Opfer Migrationsbiografien finden lassen. Der entscheidende Unterschied liegt jedoch in der Ideologie: Während Kolleg:innen wie Amel ihr Leben für die Rechte der Arbeiter:innen einsetzen, gibt es eben auch jene, die sich – unabhängig von ihrer Herkunft – gegen sie stellen und sogar Anschläge auf sie verüben.

Im Andenken an Amel und Hafsa sollten wir ihre Geschichte und auch ihre Ziele, Wünsche und Kämpfe nicht vergessen. Wir müssen uns gegen all jene stemmen, die versuchen, einen Keil zwischen uns als Arbeiter:innen zu treiben. Stattdessen müssen wir wie Amel – gemeinsam als Arbeiter:innen aller Länder – für höhere Löhne und gegen die Verschlechterung unserer Lebensbedingungen, gegen jeden Rassismus und jegliche Diskriminierung kämpfen.

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Felix Zinke
Felix Zinke
Perspektive Autor seit 2024. Berlin Informatikstudent und Werki in der IT. Schwerpunkte: internationale Kämpfe und Imperialismus.Begeisterter Radfahrer.

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