Zeitung für Solidarität und Widerstand

Sieg gegen den III. Weg!

Im Prozess der Nazi-Partei „III. Weg“ gegen unsere Zeitung haben wir einen Sieg vor dem Landgericht Frankenthal errungen. Anlass war ein Perspektive-Artikel über einen rechten Angriff in Berlin – hier sah der III. Weg seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Das Gericht wies nun alle Forderungen der Partei ab. Im Prozess machte sie noch interessante Angaben über ihre Jugendorganisation NRJ.

Am Dienstag erging das Urteil im Prozess III. Weg vs. Perspektive, vertreten durch unseren Trägerverein Verein für politische Bildung und unabhängigen Journalismus e.V.. Das Gericht gab uns dabei in allen Punkten Recht. Damit konnte der juristische Einschüchterungsversuch der Nazi-Partei vorerst zurückgeschlagen werden.

Anlass des Rechtsstreits war ein Artikel auf unserer Online-Plattform im Juli 2024. Damals hatten etwa 15-20 Rechte eine Gruppe von Antifaschist:innen in Berlin überfallen und brutal zusammengeschlagen. Diese hatte sich am Ostkreuz getroffen, um gemeinsam zu einer Demonstration gegen die Umtriebe der Nazi-Partei III. Weg anzureisen. Perspektive hatte im Anschluss über den Angriff berichtet.

Organisierter faschistischer Angriff in Berlin

Unsere Art der Berichterstattung gefiel dem III. Weg jedoch gar nicht – die Partei forderte Unterlassung, Widerruf „falscher“ Aussagen und Schadensersatz. Dabei ging es ihr jedoch nicht um die Berichterstattung über sie selbst, sondern über ihre Jugendorganisation Nationalrevolutionäre Jugend (NRJ) und welche Rolle sie bei dem Angriff eingenommen haben soll. Wir entschieden uns, den Artikel an zwei Stellen leicht abzuändern. Knapp eine Woche später kam es dann zu Hausdurchsuchungen der Berliner Polizei bei Personen, die demnach der NRJ zugerechnet wurden. Auch darüber berichteten wir.

Für uns war klar: Wir werden uns nicht den Mund verbieten lassen, den Bericht weiterhin online zur Verfügung stellen und in den Rechtsstreit mit dem III. Weg eintreten. Wir entschieden uns, juristisch mit einer Widerklage in die Offensive zu gehen, die aktiv feststellt, dass die Forderungen des III. Wegs unbegründet sind. Zugleich machten wir die methodische juristische Vorgehensweise des III. Wegs öffentlich.

Der Prozess

Mitte Januar fand dann nach längerem Schriftverkehr eine Online-Verhandlung vor dem Landgericht Frankenthal statt. Anwesend für den III. Weg waren neben deren Vorstandsmitglied Becker auch ihr Rechtsanwalt Matthias Bauerfeind. Unsere Seite wurde vertreten durch Eberhard Reinecke von der gleichnamigen Kölner Anwaltskanzlei am Ebertplatz. Diese hatte bereits auf ihrer Website ausführlich zu den juristischen Argumenten des Verfahrens in einem Blogbeitrag mit dem Titel „die Verliererstraße als III. Weg“ Stellung genommen.

Zentral war in der Verhandlung nicht der Inhalt unseres Artikels, sondern die Frage, ob der III. Weg überhaupt im Namen der NRJ die Verhandlung führen dürfe. Unsere Seite argumentierte, dass die NRJ eine eigenständige Organisation sei, da man z.B. mit 12 oder auch 14 Jahren (je nach Mitgliedsantrag) Mitglied werden könne, während dies für die Nazi-Partei erst ab 16 Jahren möglich sei. Dem entsprechend stimme die Mitgliedschaft der NRJ und des III. Wegs nicht miteinander überein, und die NRJ müsse demzufolge schon selbst ihre eigenen Forderungen vertreten.

Der III. Weg-Anwalt widersprach dem mit einigen ungewöhnlichen Aussagen: Demnach habe die NRJ gar keine eigenen Mitglieder, und mit einem Mitgliedsantrag seien keine Rechte und Pflichten verbunden. Tatsächlich würde der Parteivorstand darüber entscheiden, wer Mitglied werde oder nicht. Um das zu unterstreichen, legte die Gegenseite zudem einen – noch nicht abgestimmten – Entwurf einer neuen Satzung vor.

Unser Anwalt reagierte auf diesen Vortrag mit der sarkastischen Bemerkung: „Wenn die NRJ also gar nicht existiert, kann sie auch nicht beleidigt werden.“

Zum Schluss der Verhandlung erklärte das Gericht, innerhalb der nächsten zwei Wochen das Urteil zu fällen.

Das Urteil

In dem am Dienstag, 04.02.2025, ergangenen Urteil gab das Gericht unserer Seite nun vollständig recht:

  • Das Landgericht geht davon aus, dass die NRJ eine eigene Mitgliederstruktur hat und es sich zumindest um einen nicht rechtsfähigen Verein handelt. Dem entsprechend könne der III. Weg nicht für die NRJ vor Gericht sprechen und auch keinen Unterlassungsanspruch für diese geltend machen. Das müsse die NRJ schon selbst tun.
  • Zudem verwarf es die Forderung des III. Wegs nach Widerruf: Nicht nur, weil diese Forderung nur die NRJ aufstellen könne (und eben nicht der III. Weg), sondern auch, weil sie dafür selbst beweisen müsste, dass die NRJ nicht in den Überfall im Juli involviert war. Dafür legte sie jedoch keinerlei Tatsachenbeweise vor.
  • Zuletzt wurde auch die Forderung nach Schadensersatz zurückgewiesen, da dies so bei Unternehmen bzw. Parteien gar nicht möglich sei, wenn nicht eine direkte Einzelperson betroffen ist.

Die Gegenseite hat nun einen Monat lang die Möglichkeit, in Berufung zu gehen – was bei so einem klaren Urteil jedoch eher unwahrscheinlich ist. Wir dürfen gespannt sein.

Die Einordnung

Das Urteil zeigt natürlich zuallererst, dass es wichtig ist, sich gegen rechte Angriffe auch juristisch zu wehren und diese nicht über sich ergehen zu lassen. Als Perspektive haben wir uns zur Aufgabe gesetzt, ein Medium aus der Klasse für die Klasse zu schaffen – und da gehört es nun einmal dazu, dass dies z.B. den Faschist:innen nicht gefällt. Ebenso gehört dazu, dass sie versuchen, mit juristischen Konstrukten ihre wahren Strukturen zu verschleiern und gleichzeitig die Nennung juristischer Ansprechpersonen wie etwa für die NRJ zu vermeiden.

Entsprechend notwendig bleibt die Berichterstattung darüber. Dabei hat uns die Solidarität gestärkt, die wir von verschiedensten Seiten während des Prozesses erhalten haben: Von öffentlicher Berichterstattung bis hin zu einer Reihe an neuen Spenden für die juristische „Kriegskasse” konnten wir dabei auf Euren Support setzen.

Dafür wollen wir uns auch als Redaktion bedanken! Das wird uns auch für den nächsten Prozess stärken, der uns vermutlich ins Haus steht – und zwar gegen den rechten Ahriman-Verlag. Wir halten Euch auch dazu auf dem Laufenden, sobald der Prozess beginnt.

Zugleich müssen wir natürlich feststellen, dass das Urteil gegen den III. Weg nur ein kleiner Sieg in der Abwehr faschistischer Angriffe ist. Faschistische Strukturen befinden sich derzeit in Deutschland im Aufwind, und der wichtigste Teil im Kampf gegen die Rechten findet nicht im Gerichtsaal, sondern auf den Straßen, in den Schulen, Unis, Betrieben oder Stadtteilen statt.

Als Perspektive wollen wir dazu unseren Beitrag leisten, indem wir weiterhin täglich neue Anstöße geben, Nachrichten und Entwicklungen einordnen, Futter für argumentative Debatten geben und zugleich eine Perspektive für eine Welt jenseits von Faschismus und Krieg aufzeigen. Dabei freuen wir uns über jede:n Unterstützer:in und jede:n Mitstreiter:in auf diesem Weg!

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