Zeitung für Solidarität und Widerstand

Suspendierung in Hamburg: „Eine politische Haltung darf man an meiner Schule nur dann einnehmen, wenn sie der deutschen Staatsräson entspricht“

Ayk, ein Schüler der Hamburger Stadtteilschule Altona und Aktivist der Internationalen Jugend Hamburg, wurde suspendiert. Der Grund? Er solidarisiert sich offen mit dem kurdischen und palästinensischen Befreiungskampf. – Wir haben mit ihm über die Repressionen und den Kampf dagegen gesprochen.

Ayk, du wurdest von der Schule suspendiert. Was heißt das genau und wie begründet die Schule diese Maßnahmen gegen dich?

Genau, ich wurde von meiner Schule suspendiert – für den Rest der Woche. Außerdem wurde ich vom Theaterprojekt meiner Schule ausgeschlossen.

Meine Schule sagt, das wäre so, weil ich eine Kurdistan-Flagge auf dem Schulhof gezeigt, eine Kufiya getragen und außerdem ein palästinasolidarisches Graffiti gesprüht hätte. Für Letzteres gibt es jedoch keinerlei Beweise. Ich wurde also suspendiert, weil ich Internationalist bin und mich für die Freiheit Palästinas und Kurdistans einsetze.

Du sagst, der eigentliche Grund für die Repressionen gegen dich ist, dass du Internationalist bist. Wie ist das gemeint?

Auch wenn meine Schule behauptet, Politik in die Schule zu bringen sei „strafrechtlich relevant“ und die Schule angeblich ein „unpolitischer Raum“, ist das nicht der wahre Grund. Dieselbe Schule, die mir Politik vorwirft, hat zu Beginn des Ukraine-Kriegs selbst Flaggen und Schilder gemalt. Schule ist kein unpolitischer Raum – das war sie noch nie und das wird sie auch nie sein.

Bei den Repressionen geht es nicht um politische Aktionen an sich, sondern um den Inhalt. Solidarität mit Palästina und Kurdistan widerspricht der deutschen Staatsräson. Hätten wir stattdessen ein Banner mit „Mehr Geld für Schulen“ hochgehalten, wären die Repressionen sicherlich gar nicht erfolgt. Es ist offensichtlich, dass die Schule gezielt Palästina- und Kurdistan-Solidarität eindämmen und systematisch unterbinden will.

Eine politische Haltung darf man an meiner Schule nur dann einnehmen, wenn sie der deutschen Staatsräson entspricht, nicht aneckt und genau die Position vertritt, die vorgegeben wird. Diese Repressionen sind eindeutig ein politischer Angriff – ein Angriff auf die internationale Solidarität, auf die Freiheit der Schüler:innenschaft und ganz allgemein auf unsere Meinungsfreiheit!

Wie ordnet ihr diese Repression ein?

Wir müssen erkennen, dass das kein Einzelfall ist. Internationalismus wird in Deutschland systematisch unterdrückt – ob in der Schule oder auf der Straße. Vor einigen Wochen wurde in Hamburg ein kurdisches Konzert verboten, weil der Rapper den Freiheitskämpfer:innen in den Bergen Kurdistans nahestehen soll. Gerade kürzlich wurde in Berlin eine Demonstration von der antikapitalistischen LGBTI+-Organisation Pride Rebellion verboten, weil Palästinenser:innen und Kurd:innen daran teilnahmen.

Das sind massive Angriffe auf unsere Grundrechte, und es ist wichtig zu verstehen, dass hinter all dem System steckt. Der deutsche Staat hat ein objektives Interesse daran, internationale Solidarität zu unterdrücken, da er selbst Verbrechen in anderen Ländern unterstützt – sei es durch Waffenlieferungen an Israel, die einen Genozid ermöglichen, oder durch die Lieferung von Kampfjets an die Türkei, die Rojava bombardieren.

Hinter all dem steht das imperialistische Profitinteresse des deutschen Staates und seiner Kapitalisten. Wer internationale Solidarität verteidigen will, muss auch den Kapitalismus angreifen.

Wie wollt ihr jetzt weitermachen? Die Repression nehmt ihr ja offensichtlich nicht einfach so hin. Für Montag, den 3. März habt ihr eine Demonstration vor deiner Schule angekündigt.

Genau, wir bleiben kämpferisch und stellen uns ihren Repressionen vereint entgegen!

In den nächsten Tagen werden wir vor den Schulen Flyer verteilen und die Repressionen in der Schüler:innenschaft zum Thema machen. Am Montag organisieren wir um 14 Uhr eine Demonstration vor meiner Schule. Sowohl am Montag als auch am Dienstag veranstalten wir Schüler:innentreffen, um das Ganze politisch einzuordnen und um über die Notwendigkeit von Kurdistan- und Palästinasolidarität zu diskutieren.

Wie kann man euch dabei unterstützen?

Ich denke, es gibt viele Wege, den Kampf zu unterstützen. Wichtig ist jedoch, zu verstehen, dass er mit meiner Suspendierung nicht endet. Ich freue mich natürlich enorm über Solidaritätsfotos und andere Solidaritätsbekundungen, doch langfristig braucht es Organisierung, um der Repression standzuhalten. Und natürlich könnt ihr unter andrea.luedtke@bsb.de und info@altona.schule meiner Schulleitung sagen, was ihr von meiner Suspendierung haltet.

Darum mein Appell: Organisiert euch, nehmt euch die Straßen – und keep fighting! Hoch die internationale Solidarität!

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