Vor fünf Jahren stufte die WHO die Verbreitung des Coronavirus als Pandemie ein. Das folgende Krisenmanagement war eine Katastrophe, wie sie der Kapitalismus nicht anders hervorbringen konnte. – Ein Kommentar von Julius Strupp.
Am 11. März 2020 stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die weltweite Verbreitung des Coronavirus als Pandemie ein. Am 28. März folgte der deutsche Bundestag mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes und der Feststellung einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“. Bis Ende 2024 sollte die Pandemie etwa sieben Millionen Tote fordern (wahrscheinlich mit einer deutlich höheren Dunkelziffer), wie die WHO in einer Bilanz feststellte.
Konkurrenz gefährdet Menschenleben
Die Pandemie spielte sich dabei von Anfang an nicht losgelöst vom kapitalistischen Weltsystem ab, in dem wir leben. Es waren die Pharmakonzerne der mächtigen Länder, die – gestützt auf Milliardeninvestitionen in Konzerne und Forschung – um die Entwicklung von Impfstoffen und deren Verkauf konkurrierten. Dabei ging es von Anfang an auch darum, einen möglichst hohen Profit einzustreichen und die eigene Machtposition auszubauen. So fuhren der amerikanische Pfizer-Konzern und seine deutsche Tochter BioNTech Milliardengewinne mit ihrem Comirnaty-Impfstoff ein. Währenddessen wurde in der Diskussion über den russischen Impfstoff Sputnik immer wieder beklagt, diese werde nicht ausreichend politisch geführt.
Schlechte Karten hatte man dabei von Anfang an in den unterdrückten Ländern: Zuerst sicherten sich die mächtigen Staaten die Impfstoffe – um sie dann schließlich millionenfach zu vernichten. Während Israel im Januar 2021 bereits 1,5 Millionen der eigenen Staatsbürger:innen einmal geimpft hatte, warteten die Palästinenser:innen in den besetzten Gebieten noch auf ihre erste Impfung.
Hätte man die Patente für die Impfstoffe freigegeben, hätten sich wahrscheinlich zahlreiche Tote verhindern lassen – aber das Profitinteresse von Pfizer und Co. gab das nicht her.
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Schutz von Profiten, Abbau von Grundrechten
Auch in Deutschland war die Pandemie-Politik seit Beginn von den Profitinteressen großer Konzerne bestimmt. So setzte die Regierung von Anfang an darauf, das Privatleben und die demokratischen Rechte der Bevölkerung einzuschränken, während die Arbeit in den Betrieben in weiten Teilen weiterging.
Während die Kolleg:innen beim größten Fleischverarbeiter Tönnies – wie auf im Internet kursierenden Videos zu sehen war – dicht an dicht im Pausenraum sitzen mussten und extremst ausgebeutete Arbeiter:innen für die Landwirtschaft aus Rumänien extra eingeflogen wurden, durfte man in Deutschland Anfang 2020 vielerorts nicht mehr demonstrieren oder mehr als eine weitere Person sehen. In den kommenden Monaten und Jahren folgten zahlreiche Ausnahmezustandsregelungen wie Ausgangssperren oder Kontaktregelungen, die kein Mensch mehr verstehen konnte.
Mit diesen Maßnahmen wurde nicht nur das kapitalistische Profitinteresse nicht angetastet, auch die staatliche Überwachungswut wurde bedient. So konnte man in der Zeit der 2- und 3G-Regelungen keine regulären Impfausweise vorzeigen, um Zutritt zu Restaurants, Konzerten oder Fußballstadien zu erlangen. Man brauchte einen digitalen Impfausweis, dessen Datenschmutz natürlich auch von Strafverfolgungsbehörden ausgelesen und genutzt werden konnte und wurde.
Alles vorbei?
Die Pandemie ist inzwischen vorbei, aber einiges ist geblieben: Die gesundheitlichen Folgen – sowohl die psychischen Schäden der Isolierung durch den staatlichen Ausnahmezustand, als auch Long-Covid-Erkrankungen – prägen bis heute den Alltag und das Leben vieler Menschen. Gleichzeitig haben die wirtschaftlichen Verwerfungen dieser Zeit mit dazu geführt, dass der deutsche Kapitalismus sich von der Wirtschaftskrise 2018/19 bis heute nicht erholt hat.
Zudem hat die Regierung die Erfahrung gemacht, wie man das eigene Volk einsperren kann, wenn nur der Grund stimmt. Einen klassenkämpferischen Widerstand gegen die Einschränkungen der Grundrechte gab es dabei kaum, auch wenn erste kleine Aktionen von links ausgingen und einige wenige sozialistische oder anarchistische Organisationen konsequent gegen den Staat Position bezogen haben. Die größten Proteste wurden aber von den Rechten organisiert, während viele Linke die Potentiale dieser Zeit verschliefen und sich damit begnügten, noch härtere staatliche Maßnahmen zu fordern.
Es fehlte eine breite Bewegung aus der Arbeiter:innenklasse gegen die staatlichen Angriffe, mit der wir unsere Interessen gegen das kapitalistische Krisenmanagement hätten durchsetzen können. Wir sollten alles daran setzen, dass sich das in kommenden Ausnahmezuständen nicht wiederholt.