Zeitung für Solidarität und Widerstand

Anhaltende Repression gegen militante Antifaschist:innen

Während im Februar noch Hunderttausende gegen Rechts demonstrierten, rollt eine regelrechte Verfolgungswelle über die antifaschistische Bewegung in Deutschland und Europa. Mit auf der Anklagebank sitzt der militante Antifaschismus – Ein Kommentar von Alex Lehmann

In den letzten Monaten waren wieder Hunderttausende auf der Straße, um gegen Rechts zu demonstrieren. Für Demokratie und Vielfalt, gegen AfD und CDU. Daneben gab es auch Aktionen bei denen Wahlbüros besetzt, Veranstaltungen gestört und blockiert wurden.

Parallel dazu zeigt die staatliche Verfolgungswut gegen die antifaschistische Bewegung Ergebnisse. Vor allem militante antifaschistische Aktionen, wie die direkte Konfrontation mit Faschist:innen, sind ihm ein Dorn im Auge.

Im Rahmen dieser Verfolgungswut wurden und werden in Deutschland und Europa zahlreiche Prozesse im Zusammenhang mit dem „Budapest-Komplex“ und dem „Antifa Ost“-Verfahren geführt. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, Angriffe gegen Faschist:innen gemeinsam geplant und durchgeführt zu haben.

Budapest-Komplex: Angehörige fordern Schutz für Zaid

Mit Regierung und Parteien gegen den Faschismus kämpfen?

Für viele Besucher:innen der großen Demonstrationen gegen Rechts steht wahrscheinlich fest, dass Gewalt nie eine Lösung sei, dass man Feuer nicht mit Feuer bekämpfen dürfe und so weiter. An der Stelle muss man sich fragen, was denn die Alternative zu militanter antifaschistischer Praxis sein soll und sich den bürgerlichen Antifaschismus einmal genauer ansehen.

Gemeint ist damit ein Antifaschismus, wie ihn Sozialdemokrat:innen, die Grünen, aber auch die CDU, Teile der Linken – letztlich alle großen bürgerlichen Akteur:innen vertreten. Ein Antifaschismus, der nicht die Wurzel des Problems benennt oder gar angreift, sondern sich nur moralisch am aufsteigenden Faschismus abarbeitet.

Die Höhepunkte dieser Verlogenheit bilden dabei die Asyldebatte und die rassistische Politik der Ampel-Regierung. Bundeskanzler Olaf Scholz will „im großen Stil abschieben“, die Grünen haben Angst vor dem „Gift des Islam“ und zusammen mit der FDP haben sie alle daran gearbeitet, dass Asylrecht Stück für Stück abzuschaffen.

Nicht erst seit Solingen – Die Kontinuität der Asylrechtsverschärfungen in der BRD

Zwar sprechen sie noch nicht von „Remigration“, wie es die AfD und andere Faschist:innen tun, setzen aber in einer abgeschwächten Form dieselbe Politik durch, die mit dieser Parole gefordert wird. Dabei verabschieden sie nicht nur rassistische Gesetze, sondern hetzen auch bei jeder Gelegenheit gegen Geflüchtete und Migrant:innen und heizen so die rassistische Stimmung im Land weiter an.

Gleichzeitig reiten sie mit auf der großen Empörungswelle, die Friedrich Merz durch die gemeinsame Abstimmung von CDU und AfD im Bundestag losgetreten hat. Ihr Problem ist dabei nicht die rassistische Politik, sondern die Zusammenarbeit mit der AfD. Die Grünen gaben sogar an, dass sie das „Zustrombegrenzungsgesetz“ gerne selbst mit der CDU durchgesetzt hätten, dass aber wegen der AfD nicht konnten.

Dazu kommen tausende weitere Beispiele die beweisen, dass der Antifaschismus der Regierung und der großen Parteien eben nicht ehrlich, sondern geheuchelt ist. Dass es ihnen nicht um den Kampf gegen den Faschismus, sondern um das eigene Profil und den Wahlkampf geht.

Wer schiebt Familien aus Frauenhäusern ab? SPD und Grüne. Wer bricht das Kirchenasyl? SPD, CDU und Grüne. Unter wessen Regierungsbeteiligung gab es in Berlin bundesweit die meisten Abschiebungen? Die Linke. Und damit soll nicht gesagt sein, dass jeder, der die SPD wählt, jedes Grünen-Mitglied oder jede Verfechterin der Partei Die Linke ein:e Rassist:in ist.

Sicher gibt es viele Menschen, die ehrliche Antifaschist:innen sind und noch Vertrauen in die Parteien haben. Gerade diesen ehrlichen Antifaschist:innen muss man bei jeder Gelegenheit aufzeigen, dass ein ernsthafter Kampf gegen den Faschismus nicht Seite an Seite mit Rassist:innen und Bonzen wie Scholz oder Baerbock geführt werden kann.

Abschiebung von links: Nur Islamisten und Straftäter abschieben?

Staat und Nazis Hand in Hand

Genauso wenig wie wir uns im antifaschistischen Kampf auf die bürgerliche Politik verlassen können, dürfen wir auf den Staat und seine Behörden vertrauen. Im Gegenteil: Allzu oft sind es gerade diese, die Faschist:innen schützen und alle verfolgen, die militant gegen Rechts demonstrieren.

Die Polizei ist es, die den Faschist:innen bei jeder Gelegenheit mit aller Gewalt und ohne Rücksicht auf Verluste die Straße freiräumt, wenn Antifaschist:innen Veranstaltungen, Aufmärsche oder Parteitage blockieren. Es ist die Polizei, die immer wieder anlasslos linke und antifaschistische Proteste angreift und verfolgt, während sie den Rechten so gut wie alles durchgehen lässt.

Es ist die Justiz, die die Nazis nicht verfolgt und sie gewähren lässt. Das beste Beispiel ist der „Tag der Ehre“ in Budapest selbst. Bei diesem Massenevent marschieren Nazis aus ganz Europa und natürlich auch aus Deutschland in SS- und Wehrmachtsuniformen auf und begehen klare Straftaten. Aber nichts da – stattdessen verfolgt der Staat diejenigen, die den Kampf gegen die NS-Verherrlichung selbst in die Hand nehmen.

Mit Blockaden und Barrikaden: Tausende stellen sich Naziaufmarsch in Aachen entgegen

Was es braucht, ist Solidarität

Wer also erkannt hat, dass man sich weder auf die bürgerlichen Parteien noch auf den Staat verlassen kann, stellt sich vielleicht noch die Frage, welche Mittel im antifaschistischen Kampf legitim, also gerechtfertigt sind. Eine berechtigte Frage, bei deren Beantwortung es hilft, sich an die Geschichte des Faschismus zu erinnern.

Das Ziel des Faschismus ist totale Vernichtung von Minderheiten, Alleinherrschaft und imperialistischer Krieg. Für LGBTI+ Menschen, Migrant:innen, Jüd:innen, Kommunist:innen und alle, die nicht ins Weltbild des Faschismus passen, ist Antifaschismus nicht nur eine Frage der Haltung, sondern auch eine Frage des Überlebens. Das hat die Geschichte zur Genüge gezeigt.

Heute ist die Situation nicht dieselbe wie zur Zeit der NSDAP und trotzdem bleibt eine Sache richtig: Wenn Faschist:innen schon heute daran gehindert werden, ihre Hetze weiterzuverbreiten, ist das gut und nicht schlecht.

Und auch wem die dabei benutzten Mittel nicht schmecken, kann anerkennen, dass militante Aktionen ein Teil der antifaschistischen Praxis sind und dass sich die staatliche Verfolgungswut gegen die Beschuldigten nicht nur gegen sie, sondern gegen alle ehrlichen Antifaschist:innen richtet.

Dieser Text ist in der Print-Ausgabe Nr. 96 vom März 2025 unserer Zeitung erschienen. In Gänze ist die Ausgabe hier zu finden.

Alex Lehmann
Alex Lehmann
Perspektive Autor seit 2023. Jugendlicher Arbeiter im Einzelhandel aus Norddeutschland, schreibt gerne Artikel um den deutschen Imperialismus und seine Lügen zu enttarnen. Motto: "Wir sind die Jugend des Hochverrats!"

Mehr lesen

Perspektive Online
direkt auf dein Handy!