Seit Jahren wird unser Schulsystem kaputtgespart – Lehrkräfte sind überbelastet und Schüler:innen stehen unter Leistungsdruck. Auch in Sachsen fehlen derzeit etwa 1 400 Vollzeit Lehrer:innen. Die Antwort dagegen muss Protest sein: Besonders wenn statt in Bildung und Soziales Milliarden in die Bundeswehr gesteckt werden – Ein Kommentar von Lidija Litwjak.
Am 11. März 2025 hat das sächsische Kultusministerium 21 Maßnahmen vorgeschlagen, die zur Reduzierung von Unterrichtsausfall führen sollen. Es ist geplant, diese Maßnahmen Ende Mai zu beschließen und bereits ab dem neuen Schuljahr 2025/26 in Kraft treten zu lassen. Lehrer:innen reagieren empört auf die vorgeschlagenen Maßnahmen und die Bildungsgewerkschaft GEW kritisiert die Maßnahmen hart als  „Maßnahmen gegen die Lehrkräfte“.
Lehrkraft im hohen Alter: Mehr Buckeln statt Altersermäßigung
Neun von Zehn Lehrer:innen gehen vorzeitig in den Ruhestand und haben somit Einbußen in ihrer Rente, weil sie die volle Belastung des Berufes nicht mehr auf Kosten ihrer Gesundheit tragen wollen. Das sächsische Kultusministerium schlägt nun vor, die Altersermäßigung für Lehrer:innen im höheren Alter erst ab Vollendung des 63. Lebensjahres gültig werden zu lassen.
Heißt: Statt schon mit Ende 50 sollen Lehrer:innen erst mit 63 Jahren eine Wochenstunde weniger arbeiten. Zurecht nimmt das Lehrpersonal diesen Vorschlag mit Entsetzen wahr, fühlt sich nicht wertgeschätzt und in ihren gesundheitlichen Bedenken nicht wahrgenommen.
Hinzu kommt, dass die maximale Anzahl der Anrechnungsstunden, die Schulen für organisatorische Aufgaben nutzen können, um zehn Prozent reduziert werden sollen. Die bisherige K6/K9-Regelung in der gymnasialen Oberstufe wird nun von einer pauschalen Zuweisung von Anrechnungen an die Schulen ersetzt. Das bedeutet, dass nicht mehr individuell nach bestimmten Kriterien Anrechnungsstunden vergeben werden dürfen, sondern jede Schule eine festgelegte Anzahl an Anrechnungsstunden erhält.
Weniger Ressourcen für kreative Lernmethoden und effektive Pädagogik
Konkret gibt es für Aufgaben wie Koordination, Schulentwicklung und Projekte weniger zur Verfügung stehende Ressourcen. Lehrer:innen, welche ihre Schüler:innen durch besondere Projekte und pädagogisches Engagement fördern wollen, wird dies nun noch einmal schwerer gemacht.
Zu wenig Schulplätze und Lehrkräftemangel in Ostdeutschland
Zusätzlich sollen die angerechneten Wochenstunden für Fachberater:innen von sechs Wochenstunden auf vier reduziert werden. Fachberater:innen haben die Aufgabe, Lehrpläne weiterzuentwickeln, gute Unterrichtspraxis zu fördern, Fortbildungen zu organisieren und beratend bei Prüfungsformaten zu sein. Bedeutet: Lehrpläne werden gestrafft, es bleibt kaum Platz für kreative Lernmethoden und neues Lehrpersonal kann schlechter angelernt werde
Referendar:innen werden durchgeprügelt
Während die Arbeit für bereits berufstätige Lehrer:innen mit einem pädagogischen Anspruch also immer schwieriger gemacht wird, soll auch in der Ausbildung von Referendar:innen  gespart werden. Lehrbeauftragte an Ausbildungsstätten für Referendar:innen bekommen eine bestimmte Anzahl von Unterrichtsstunden angerechnet, wodurch sie weniger Unterricht an ihrer regulären Schule halten müssen. Diese Anrechnung wird nun reduziert.
Um kurzfristig mehr Unterricht zu schaffen, wird die Qualität der Ausbildung heruntergesetzt. Hinzu kommt, dass in Zukunft Referendar:innen schneller und öfter zum Unterricht eingesetzt werden sollen. Dadurch will man auf Kosten noch kaum ausgebildeter und günstigerer Fachkräfte Lücken im Stundenplan schließen.
Am Ende leiden auch die Schüler:innen
Doch nicht nur für Lehrkräfte und Auszubildende wird es Änderungen geben. Die Regelungen zu den Klausuren in den Kurshalbjahren 11/1 und 12/2 werden dahingehend geprüft, um eine Senkung des Korrekturaufwandes zu erreichen. Auch in den Klassenstufen 5-10 soll der Korrekturaufwand von Klassenarbeiten gesenkt werden. Was das konkret für Schüler:innen bedeuten wird, ist unklar. Klar sollte aber sein, dass sich der Leistungsdruck nicht verringern wird, wenn Schulstoff verdichtet abgefragt wird.
Kein Geld für Schulen – Leistungsdruck für Schüler:innen
Als Folge des massiven Mangels an Lehrkräften werden die Schulklassen immer größer und der Unterrichtsstoff kann einfach nicht mehr ordentlich vermittelt werden – geschweige denn einzelnen Schüler:innen genauer erklärt werden. Eine weitere Maßnahme, die das Kultusministerium dahingehend treffen möchte, ist die Einführung von Hybridunterricht an Schulen. Das bedeutet konkret, dass man große Klassen teilt und den Lehrstoff parallel in Präsenzunterricht und digitalen Unterricht z. B. in Videokonferenzen vermitteln möchte.
Dass damit eine starke Verringerung des Lernerfolgs einhergeht, ist wahrscheinlich für niemanden eine Überraschung, denn eine Videokonferenz kann kaum den Präsenzunterricht ersetzen. Die Folgen des Onlineunterrichts und des Hybridunterrichts kann man immer noch an den entstandenen Wissenslücken der Corona Pandemie sehen.
Kämpfen wir gemeinsam – gegen Sparzwang, Aufrüstung und für gerechte Bildung!
Die Bildungsgewerkschaft hat derweil schon Protest angekündigt: Es wurden Regionalkonferenzen einberufen und rechtliche Schritte gegen die Maßnahmen geprüft. In den kommenden Tagen ruft die GEW unter anderem zu Demonstrationen in Leipzig am 8. April, in Chemnitz am 9. April und in Dresden am 10. April auf.
Klar sollte sein, dass wir eine grundlegende Veränderung des Bildungswesens benötigen, welches sowohl Lehrkräfte als auch Schüler:innen entlastet. Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden nicht nur sowohl Schüler:innen und Lehrer:innen mehr belasten, sie werden auch den Beruf weiterhin unattraktiver machen und somit eine gegenteilige Wirkung erzielen.
Grünes Licht für deutsche Kriegskredite: Die Milliardenaufrüstung kommt
Es heißt jetzt geschlossen als Lehrer:innen, Schüler:innen und Eltern gegen die vorgeschlagenen Maßnahmen zu stehen und gemeinsam Versammlungen, Demonstrationen und Kundgebungen zu organisieren. Dieser Kampf ist auch ein Kampf gegen Krieg: Denn die sächsische Landesregierung zeigt sehr genau, an welchen Ecken gespart werden muss, um Deutschlands Aufrüstungspolitik zu finanzieren.