Im vergangenen Oktober beschloss der Bundesgerichtshof, dass K.o.-Tropfen im Sinne des Strafgesetzbuchs kein „gefährliches Werkzeug“ darstellen. Nun plädiert der Bundesrat dagegen und fordert eine Gesetzesänderung. Wie erfolgreich dieses Unterfangen sein kann, bleibt fraglich.
Im vergangenen Oktober traf der Bundesgerichtshof (BGH) eine kontroverse Entscheidung: Täter, die K.o.-Tropfen benutzen, um ein Opfer sexuell gefügig zu machen, begehen zwar Gewalt, verwenden allerdings laut Strafgesetzbuch (§ 177 Abs. 8 Nr. 1, 2 StGB) kein „gefährliches Werkzeug“. Der Beschluss wurde in Reaktion auf eine Verurteilung vor dem Landgericht Dresden veröffentlicht.
Diese Verurteilung betraf einen Mann, der aufgrund sexuellen Übergriffs und gefährlicher Körperverletzung gegen zwei Frauen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verurteilt wurde. Diese niedrige Freiheitsstrafe begründete der BGH damit, dass die Verwendung von K.o.-Tropfen nicht unter den Qualifikationstatbestand mit einer erhöhten Mindeststrafandrohung (mindestens fünf Jahre) fällt. Nach § 177 Abs. 8 Nr. 1, 2 StGB sind K.o.-Tropfen kein gefährliches Werkzeug, da man unter einem Gegenstand nur feste Körper versteht. Flüssigkeiten sind demnach keine Werkzeuge.
Bundesrat fordert einen neuen Gesetzentwurf
Der Bundesrat argumentiert nun dagegen: Der Unterschied zwischen einem Gegenstand oder einer flüssigen, beziehungsweise gasförmigen gefährlichen Substanz sei hier nicht relevant, da lediglich die Folgen von Relevanz seien. Außerdem bemängelt der Bundesrat, dass diese Sexual- und Raubtaten nicht angemessen bestraft würden und plädiert nun dafür, „einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher den Einsatz psychotroper Substanzen zur Ermöglichung einer Sexual- oder Raubstraftat einem schuldangemessenen Strafrahmen unterstellt“.
Dass ein entsprechender Gesetzesentwurf zustande kommt, scheint unwahrscheinlich. Ein Sprecher des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) verteidigt die niedrigen Freiheitsstrafen mit folgender Aussage: „Das deutsche Strafrecht bietet bereits konkrete Möglichkeiten für eine schuldangemessene Bestrafung bei dem Einsatz psychotroper Substanzen zur Begehung von Straftaten.“
Was sind K.o.-Tropfen?
K.o.-Tropfen sind eine farb- und geruchlose Flüssigkeit namens Gammahydroxybutyrat (GHB), auch als „Liquid Ecstasy“ bekannt. Diese Flüssigkeit erzielt eine schnelle Wirkung. Die Wirkung ist individuell und unberechenbar, da sie davon abhängt, wie viel Alkohol oder andere Drogen die betreffende Person konsumiert hat. Die Opfer sind bewusstseinsgetrübt, haben keine Kontrolle über ihr Verhalten und können sich nachher auch nicht mehr an Geschehenes erinnern. Eine Überdosierung kann sogar zu Atemlähmung bis hin zum Tod führen.
K.o.-Tropfen sind als „Vergewaltigungsdroge“ bekannt. Sie kommen oft bei patriarchalen Gewalttaten wie Vergewaltigungen und anderen sexuellen Übergriffen zum Einsatz, um die Frau gefügig zu machen. Die Frau ist dann willenlos, handlungsunfähig oder schon bewusstlos.
Hohe Dunkelziffern bei Opfern
Die Zahl der Opfer von sexualisierter Gewalt mit K.o.-Tropfen ist schwer festzustellen. In Baden-Württemberg sind im Jahr 2023 beispielsweise 171 Straftaten angezeigt worden. 80 Prozent dieser Opfer sind Frauen. Aus Sachsen sind im Jahr 2024 99 Fälle bekannt. Es gibt keine deutschlandweiten, verlässlichen Statistiken.
Die Dunkelziffern sind hoch, da sich die Opfer danach nicht mehr an die an ihnen begangene Gewalttat erinnern können. Außerdem haben viele Opfer keinen Beweis, da das Zeitfenster, in dem K.o.-Tropfen nachweisbar sind, nur bei ca. 12 Stunden liegt. Außerdem ist die Wirkung mit starker Alkoholisierung verwechselbar.