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DB: 2024 Neues Hoch bei Entschädigungen

2024 musste die Deutsche Bahn mehr Entschädigungen wegen Verspätungen und Ausfällen zahlen als je zuvor. Trotz der vielen Probleme des Konzerns steigen die Gehälter der Manager, während die Beschäftigten mit Reallohnverlusten leben müssen.

Die Entschädigungen aufgrund von Verspätungen bei der Deutschen Bahn sind 2024 erneut gestiegen. Im letzten Jahr betrugen sie bereits fast 200 Millionen Euro – es waren 6,9 Millionen Entschädigungsanträge gestellt worden. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Summe der Entschädigungen knapp um die Hälfte gestiegen: 2023 waren es 5,6 Millionen Entschädigungsanträge und 133 Millionen Euro Entschädigungen.

Der Grund für 80 Prozent der Zugverspätungen ist laut DB das alte und überlastete Schienennetz, in das nicht genug und zu langsam investiert wird. Ganz im Gegenteil werden sogar immer wieder Gleise zurückgebaut : im Jahr 1994 hatte das Schienennetz noch eine Streckenlänge von 44.600 km, heute sind es nur noch 38.400 km. Auch die Infrastruktur über das Schienennetz hinaus ist immer wieder von fehlendem Ausbau betroffen. In den kommenden Jahren sollen deshalb rund 40 vielbefahrene Strecken grundsaniert werden.

Entschädigungen erzählen nicht die ganze Geschichte

Dabei ist zu beachten, dass die Höhe der Entschädigungen den Umfang der Verspätungen und Ausfälle nicht vollkommen erfasst. Denn: eine teilweise Rückerstattung des Ticket-Preises gibt es nur bei Verspätungen von mindestens einer Stunde oder einem Komplettausfall – und auch nur dann, wenn man einen entsprechenden Antrag einreicht.

Noch hinzu kommt, dass die Entschädigungen bei Zeitfahrkarten deutlich geringer ausfallen. Ebenso ist die Deutsche Bahn seit 2023 nicht mehr verpflichtet, eine Erstattung zu leisten, wenn der Grund für die Verspätung nicht in ihrem direkten Verantwortungsbereich liegt.

Kein Schienenausbau in Sicht

Alle sind sich einig, dass das Schienennetz dringend saniert werden muss, jedoch sorgt die Aufstellung des Konzerns dafür, dass sich dieser Prozess als schwierig gestaltet. Grundsätzlich unterliegt dem Staat die Verantwortung für Erhaltung und Ausbau des Schienennetzes. Dieser hat diese Verantwortung aber über die letzten Jahre immer wieder vernachlässigt. Darüber hinaus stellt DB seit der Bahnreform 1994 – bedingt durch seine Neuaufstellung als profitorientierter, staatlicher Konzern – kurzfristige Profite über eine langfristig gesunde Infrastruktur.

Des Weiteren wurde DB Schenker (die Logistiksparte der DB) Ende letzten Jahres an den dänischen Konzern DSV verkauft. Hierbei wurde ein Gewinn von 15 Milliarden Euro erzielt. Dieses Geld soll nun zur Tilgung der Schulden der DB benutzt werden, jedoch nicht zur Sanierung des Schienennetzes. Durch den Verkauf von DB Schenker verlieren bis 2028 außerdem 2.400 Arbeiter:innen ihren Arbeitsplatz.

DB Schenker: Verkauf ist durch, Arbeiter:innen müssen bangen

Trotz hoher Unzufriedenheit: Manager verdienen immer mehr

Die vielen Verspätungen und Ausfälle sorgen bei Kund:innen immer wieder für Frustration und Unzufriedenheit mit der Deutschen Bahn. Doch diese Probleme werden nicht konsequent angegangen.

Trotzdem entschied sich die DB AG im Jahr 2023, das Gehalt der Führungsriege deutlich anzuheben: Top-Manager bei der Bahn verdienen seit Januar 2024 14 Prozent mehr. Das frühere Grundgehalt in der Top-Manager Stufe „OFK 1” von 190.000 Euro beträgt seitdem 216.000 Euro.

Reallohnverluste für Arbeiter:innen

Die DB-Arbeiter:innen wiederum bekommen die Probleme des Konzerns am eigenen Leibe zu spüren: Im Februar 2025 kam es zu einer Einigung bei der Tarifverhandlung zwischen der DB und der EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft). Der neue Tarifvertrag betrifft 192.000 Arbeiter:innen, vor allem Zugbegleiter:innen. Es gilt eine stückweise Lohnerhöhung von insgesamt 6,5% und ein Zusatzgeld bei Schichtarbeiten. Rechnet man allerdings die Teuerung der Verbraucherpreise mit ein, kommt am Ende für die meisten Arbeiter:innen maximal eine Stagnation des Reallohns heraus, viele haben seit 2020 an Kaufkraft verloren.

DB-Tarifabschluss: EVG verhandelt Reallohnverluste, ohne Streiks zu führen

Die prekäre Lage bei der Deutschen Bahn führt darüber hinaus zu einer hohen Anspannung und Stress im Team. Viele Zugbegleiter:innen wissen aufgrund der Verspätungen und der Ausfälle selbst nicht, wie sie nach ihrer Schicht nachhause kommen sollen. Außerdem können sie kaum verlässliche Termine planen. Und während der Schicht sind sie die ersten Ansprechpartner:innen und Blitzableiter bei Verspätungen und Ausfällen für die wütenden Fahrgäste. Torsten Rathmann (Landesvorsitzender der EVG) beklagt: „Wir arbeiten alle am Limit und kriegen es permanent ab.

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