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EIL: SPD und CDU planen 500 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr

SPD und CDU haben im Zuge ihrer Sondierungen ein Sondervermögen von 1 Billion Euro geplant – 500 Milliarden davon für die Bundeswehr. Damit solle Putin klar gemacht werde, dass „Deutschland es ernst meine“. Die anderen 400-500 Milliarden Euro für Infrastruktur sollen dabei kritischer als die restlichen Ausgaben geprüft werden.

In ihren Sondierungsgesprächen haben sich die kommenden Regierungsparteien CDU und SPD offenbar auf ein Sondervermögen für die Bundeswehr verständigt, wie der FOCUS unter Berufung auf ein entsprechendes Papier berichtet. Geplant ist eine Grundgesetzänderung, um bis 2035 bis zu 500 Milliarden Euro bereitzustellen – das Fünffache des 2022 beschlossenen ersten Sondervermögens.

„Beide SV sollten sehr groß dimensioniert sein, vor allem als Signal an Putin, dass Deutschland es ernst meint“, heißt es in einem Papier, das von SPD-Ländervertreter:innen, darunter Saarlands Finanzminister Jakob von Weizsäcker, eingebracht wurde. Zugearbeitet wurde ihm von den Ökonomen Clemens Fuest (ifo-Institut), Michael Hüther (Institut der deutschen Wirtschaft Köln), Moritz Schularik (IfW Kiel) und Jens Südekum (Uni Düsseldorf).

Eine Reform der Schuldenbremse ist darin bisher nicht vorgesehen, da dies mit der alten Zusammensetzung des Bundestags unrealistisch sei. Mit dem neuen Bundestag könnte diese Frage allerdings noch einmal neu diskutiert werden. DIW-Chefökonom Marcel Fratzscher sieht dies langfristig als notwendig an.

Erstes Sondervermögen aufgebraucht

Im Juni 2022 – wenige Monate nach der Eskalation im Ukraine-Krieg – hatte die Bundesregierung unter Olaf Scholz (SPD) das erste Sondervermögen über 100 Milliarden Euro beschlossen. Damit sollte im Zuge der sich zuspitzenden Konfrontationen zwischen den verschiedenen imperialistischen Blöcken und einer bröckelnden militärischen Absicherung durch die USA die Aufrüstung der Bundeswehr bis 2027 sichergestellt werden.

Mithilfe des Sondervermögens konnte dann erstmals das 2-Prozent-Ziel der NATO erreicht werden – im Jahr 2024 mit ganzen 90,6 Milliarden Euro. Zwischen 2015 und 2023 waren die Ausgaben bereits von 38,2 auf 66,8 Milliarden Euro gestiegen. Neben der zusätzlichen Finanzierung durch das Sondervermögen wurde aber auch der reguläre Militäretat über den Bundeshaushalt erhöht.

Im Frühjahr 2024 war jedoch bereits klar, dass das bisherige Sondervermögen fast vollständig verplant war. Wofür das Geld konkret ausgegeben wurde, bleibt bisher aber teils unter Verschluss. Etwa die Hälfte wurde jedoch für eine eher kleine Anzahl Waffensysteme und Raketen ausgegeben.

Im vergangenen Jahr hatten sich führende Regierungspolitiker:innen für ein neues Sondervermögen ausgesprochen. Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) verlangte 300 Milliarden Euro, Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) eine Erhöhung des Etats des Verteidigungsministeriums auf 100 Milliarden Euro jährlich. Robert Habeck (Grüne) forderte die CDU auf, noch vor der Neuwahl gemeinsam ein neues Sondervermögen zu beschließen, und warnte vor einer Blockade durch AfD und BSW nach der Wahl.

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Deutschland und EU auf sich alleine gestellt

Spätestens seit dem Wahlsieg von Donald Trump spitzt sich das Verhältnis zu den USA weiter zu. Trump hatte zuvor bereits Druck auf die europäischen Länder ausgeübt: Er machte deutlich, dass es von Seiten der USA keine Sicherheitsgarantien geben könne, wenn Länder wie Deutschland nicht einen deutlich höheren finanziellen Beitrag zur NATO leisteten.

Dies drückte sich auch in den Verhandlungen um Sicherheitsgarantien und Militärhilfen für die Ukraine aus. Um die Kürzungen der USA aufzufangen, sprangen die europäischen Länder bereits vergangenes Jahr ein. Vor wenigen Tagen spitzte sich die Situation dann in einem Gespräch zwischen US-Präsident Trump und Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus zu. Der US-Präsident machte klar, dass die Ukraine sich zu unterwerfen habe. Europäische Staatschefs stellten sich ihrerseits größtenteils geschlossen hinter Selenskyj und versicherten ihre Unterstützung für die Ukraine.

Der ehemalige US-Admiral James Stavridis, der von 2009 bis 2013 als NATO-Kommandeur für Europa diente, warnte am Wochenende nun sogar vor den „letzten Tage“ des NATO-Bündnisses. Stattdessen könnte ein neues europäisches Verteidigungsbündnis entstehen.

Diese Entwicklungen hatten die deutsche Geostrategie schon lange vorher geprägt. Denn es hatte sich bereits seit Jahren abgezeichnet, dass die eigene Aufrüstung immer notwendiger werden würde, um die eigene militärische Handlungsfähigkeit im internationalen Machtkampf aufrechtzuerhalten oder aufzubauen.

Wohin fließen die Milliarden für Infrastruktur?

Parallel wird auch über ein Infrastruktur-Sondervermögen von 400 bis 500 Milliarden Euro diskutiert, das jedoch kritischer überprüft werden und sich stärker an der Schuldenbremse und dem EU-Stabilitätspakt orientieren müsse. Die Ökonomen warnen laut BILD in ihrem Papier davor, dass „Bund, Länder und Kommunen in ihren Kernhaushalten die Investitionen runterfahren und sie für soziale Zwecke (wie die Rente) umwidmen“ würden, wenn Geld für Infrastruktur bereit gestellt werde.

Grundsätzlich solle dieses Sondervermögen unter anderem in den Bau und die Instandhaltung von Straßen, Brücken und Bahnstrecken gehen. Konkrete Projekte sind bisher jedoch noch unklar.

Die Investitionen für die Infrastruktur könnten unter anderem auch dem Ziel dienen, dass z.B. Straßen erneuert werden, um zu gewährleisten, dass diese für den Transport von Panzern und ähnlichen Geschützen in Richtung Ostflanke geeignet sind. Dazu zählt unter anderem die A2, die eine zentrale Verkehrsstraße in einem Krieg darstellen würde.

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Zwei-Drittel-Mehrheit für Grundgesetzänderung notwendig

SPD und CDU drängen mit ihrem Vorstoß darauf, das Sondervermögen zeitnah zu beschließen. Denn aktuell hätten CDU, SPD und Grüne noch eine Zwei-Drittel-Mehrheit, die für eine Grundgesetzänderung notwendig ist. Im neuen Bundestag wären für eine Grundgesetzänderung Stimmen der Linkspartei oder der AfD erforderlich.

Doch auch die Linkspartei hat bereits erste Anzeichen gemacht, auf die neue Regierung zuzugehen. Der Ex-Ministerpräsident aus Thüringen, Bodo Ramelow, befürwortete bereits direkt nach der Wahl eine engere Zusammenarbeit mit der CDU. Nach dem Eklat im Weißen Haus sprach sich die auch Parteispitze um Gregor Gysi für eine gemeinsame Politik aller demokratischen Parteien zur Verteidigung der europäischen Werte aus:

„Wir müssen uns – von der CSU bis zur Linken, aber auch mit Gewerkschaften, Kirchen, Unternehmerverbänden, Künstlern und Wissenschaftlern – darauf verständigen, dass wir unsere Grundfesten von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit gemeinsam verteidigen. (…) Und wir müssen endlich begreifen, dass Europa als Ganzes handlungsfähig sein muss.“

In einem Beschluss des Parteivorstands forderte die Linkspartei zudem eine Aufhebung der Schuldenbremse, „um den massiven Investitionsstau in Deutschland zu beheben, aber auch um ausreichend Gelder für eine finanzielle zivile Unterstützung der Ukraine frei zu machen“. Dabei sprach sie sich zwar gegen das Sondervermögen aus, stellte sich jedoch nicht grundsätzlich gegen einen höheren Militäretat und die Aufrüstung der Bundeswehr.

Eine Reform, die ausschließlich Militär- und Aufrüstungsausgaben priorisiere, werde man nicht mittragen, heißt es in einem Brief des parlamentarischen Geschäftsführers der Linken, Christian Görke. Hier klingt durch, dass sich die Linkspartei hingegen offen zeigen würde, sollte neben der Aufrüstung auch Geld für Infrastruktur bereitgestellt werden.

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