Zeitung für Solidarität und Widerstand

Es lebe die Pariser Kommune!

Am 18. März 1871 wurde die Pariser Kommune ausgerufen. Die in Räten organisierte Bevölkerung von Paris kam an die Macht, und es entstand der erste Arbeiter:innenstaat der Geschichte. Was können wir aus der Chronik der Kommune lernen? – Ein Kommentar von Leon Wandel.

Die Niederlage Frankreichs im Krieg gegen Deutschland im Jahre 1871 und die daraus resultierende zugespitzte Lage in Paris ließen das Vertrauen der Pariser:innen in die Regierung schwinden. Als Regierungstruppen in der Nacht vom 17. auf den 18. März versuchten, Kanonen aus Paris zu stehlen, stellte sich ihnen die Pariser Bevölkerung entgegen. Darunter befand sich auch die Nationalgarde, eine Pariser Militärgruppe und allen voran die Pariser Frauen.

Obwohl der befehlshabende Offizier der Regierungstruppen seinen Männern befahl zu schießen, widersetzten sie sich. Der Offizier wurde festgenommen und die Soldaten verbrüderten sich mit den Pariser Revolutionär:innen. Am selben Tag, dem 18. März, besetzten diese das Rathaus, hissten rote Fahnen und riefen die Kommune aus. So schufen sie den ersten Staat, der sich in den Händen der Arbeiter:innen befand.

Wie organisierten die Arbeiter:innen ihren neu errungenen Staat?

„In Erwägung, dass wir der Regierung, was sie immer auch verspricht, nicht trau’n, haben wir beschlossen, unter eig’ner Führung uns ein gutes Leben aufzubau’n.“ – Dieser Ausschnitt aus der „Resolution der Kommunarden“ von Bertolt Brecht bringt die Geschehnisse in der Pariser Kommune auf den Punkt.

Diese „eigene Führung“ wurde in Räten organisiert. Die Kommunard:innen kamen auch schon lange vor dem Krieg in Klubs zusammen, um über die politische Lage zu diskutieren. Daran wurde nun angeknüpft, und die Bevölkerung konnte bei allen wichtigen gesellschaftlichen Entscheidungen mitbestimmen. Der Rat der Kommune war zwar durchzogen von verschiedenen Schichten und politischen Strömungen (Kleinbürger:innen, Anarchist:innen usw.), die insgesamt tragende Rolle spielten aber die Arbeiter:innen. Auch die Pariser Frauen hatten, obwohl sie nicht an den anstehenden Wahlen teilnehmen durften, eine wichtige Stellung in der Kommune. Sie vernetzten sich in räteähnlichen Frauenorganisationen und hatten eine eigene militärische Einheit, die Frauen-Bataillone, welche die Kommune unter Einsatz ihrer Leben verteidigte.

Der Rat der Kommune setzte nach dem 18. März sofort wesentliche Änderungen durch und bewirkte eine konsequente Trennung von Kirche und Staat, strich die Beamt:innengehälter und enteignete Fabrikbesitzer:innen. Obwohl die Pariser Kommune insgesamt nur etwa zehn Wochen bestand, wurden in dieser Zeit stillstehende Fabriken wieder in Betrieb genommen, Frauen erhielten den gleichen Lohn für gleiche Arbeit, politische Gefangene wurden befreit und vieles mehr.

Am 21. Mai kam es dann zur „blutigen Woche”: Trotz des Widerstands der Kommunard:innen drangen die Regierungstruppen in Paris ein, und es gab brutale Straßenkämpfe. Die Regierung griff zu äußert harten Mitteln. Alle, die mit der Kommune in Verbindung gebracht wurden, mussten dafür bei Massenerschießungen mit ihrem Leben bezahlen. Insgesamt wurden etwa 30.000 Pariser:innen Opfer der brutalen Konterrevolution der Regierung.

Was können wir aus der Zeit der Pariser Kommune lernen?

Die Pariser Kommune und ihre Zerschlagung haben gezeigt, dass es nicht genügt, den kapitalistischen Staat zu reformieren. Der bürgerliche Staat muss zerschlagen und an seiner Stelle ein proletarischer, ein sozialistischer Staat errichtet werden. Reformen werden unsere Lage zwar für kurze Zeit verbessern, aber wirklich frei von Chef:innen, die uns knechten, Vermieter:innen, die uns auspressen und Politiker:innen, die uns belügen, sind wir erst im Sozialismus. Als Arbeiter:innen kann dementsprechend unser politisches Ziel nur sein, dass wir in Räten selbst bestimmen können, was produziert wird, wie wir wohnen und welche politischen Entscheidungen getroffen werden. Obwohl die Kommune nur wenige Wochen verteidigt werden konnte, offenbart sie uns bis heute das gewaltige Potenzial für umwälzende gesellschaftliche Veränderungen, das in einer Selbstregierung unserer Klasse liegt.

Von der Pariser Kommune können wir auch lernen, dass wir auf dem Weg zum Sozialismus mit aktuell noch unvorstellbar brutalen Reaktionen des kapitalistischen Staats rechnen müssen. Daher sollten wir für unsere heutigen Kämpfe verinnerlichen, wie notwendig es ist, dass wir Einigkeit, Geschlossenheit und Entschlossenheit nach innen und vor allem nach außen zeigen. Denn nur so haben wir eine realistische Chance, gegen Angriffe des kapitalistischen Staats vorzugehen. Nur, wenn wir den heutigen Angriffen von Faschist:innen und der Polizei organisiert entgegentreten, haben wir auch in Zukunft eine Chance, dem Feuer der Repression zu trotzen.

Dieser Text ist in der Print-Ausgabe Nr. 96 vom März 2025 unserer Zeitung erschienen. In Gänze ist die Ausgabe hier zu finden.

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