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Indien: Gewalt und Repression gegen Studierende

Verbote, Polizeigewalt, Ingewahrsamnahme, Mord: In Indien sind fast tägliche Repressionen gegen revolutionäre und demokratische Studierende an der Tagesordnung. Das zeigt umso mehr, dass ihr Protest gegen die genozidalen Praktiken des indischen Staates eine Gefahr für die bestehende Ordnung darstellt.

In den frühen Morgenstunden des 4. Februar diesen Jahres wurden in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi vier junge Studenten der Jawaharlal Nehru-Universität (JNU) von der Polizei festgenommen. Der Vorwurf: Sie sollen Parolen gegen die militärische und genozidale Operation „Kagaar” des indischen Staats an Wände gesprüht und geschrieben haben.

Die Operation „Kagaar” ist eine militärische Offensive, bei der Armee- und paramilitärische Einheiten als verlängerter Arm der herrschenden Klasse indigene Bevölkerungsgruppen vertreiben und die befreiten Guerilla-Gebiete der maoistischen Bewegung in Indien zerschlagen wollen. Ziel ist es, den Maoismus und die revolutionäre Bewegung zu vernichten. Allein im Jahr 2024 wurden dabei mehr als 350 Indigene und Guerilla-Kämpfer:innen getötet.

Kommunist:innen und Indigene gegen Kolonialismus und Ausbeutung

Die indigenen Adivasi leben in abgelegenen Gebieten, die reich an natürlichen Ressourcen sind, wie etwa der Dandakaranya-Wald. Aufgrund dieses Reichtums sind sie seit Jahrzehnten der Vertreibung und Unterdrückung durch den indischen Staat ausgesetzt, der im Interesse von nationalen und internationalen Konzernen handelt.

Die Adivasi und ihre Verbündeten wehren sich tapfer gegen diesen imperialen Raubzug. Die stärkste Kraft in diesem Widerstand ist die revolutionäre Bewegung unter der Führung der Kommunistischen Partei Indiens (Maoistisch). Seit 2004 führen die KPI (Maoist) und die Volksbefreiungsguerillaarmee (People’s Liberation Guerilla Armee – PLGA) einen Volkskrieg gegen den indischen Staat.

Deutsche Waffen in Indien

Die revolutionäre Bewegung ist tief verwurzelt im Kampf der Adivasi für ihre Umwelt, das Land ihrer Vorfahren und ihre Rechte. Sie stellt eine so große Bedrohung für das nationale und internationale Kapital dar, dass der indische Staat die maoistische Bewegung als „größte innere Sicherheitsbedrohung“ des Landes bezeichnet hat.

Der Staat antwortet mit Knüppel und Isolation

Für die indische Studierendenbewegung ist die Verbindung zu den Kämpfen der Indigenen und Revolutionär:innen deshalb ein wichtiger Bezugspunkt – die Behörden antworten mit entsprechender Repression. So wurden die vier Studierenden nach der Festnahme von der Polizei in einem Konvoi von sieben Fahrzeugen abtransportiert. Während des Verhörs wurden alle vier geschlagen und misshandelt, einem Studenten bluteten nach der Befragung die Ohren. Anschließend wurden sie stundenlang von verschiedenen indischen Geheimdiensten verhört. 16 Stunden lang hatten sie keinen Kontakt zu Anwält:innen oder Unterstützer:innen.

Als Reaktion auf das Verschwinden der Studierenden protestierten in den folgenden Stunden hunderte Menschen an den Universitäten und auf den Straßen des Landes. Ein Zusammenschluss aus 38 revolutionären und demokratischen Organisationen unterzeichnete eine Erklärung, in der die sofortige Freilassung gefordert wurde. Zwar sind die vier Studierenden inzwischen wieder frei, doch der Vorfall ist alles andere als ein Einzelfall.

Studierende wandeln Wut zu Widerstand

Nur eine Woche später wurden an einer anderen Universität in Neu-Delhi 20 Studierende während ihres Protests gegen Zwangsexmatrikulationen wegen politischen Engagements festgenommen. Über Stunden hinweg leugnete die Polizei die Festnahmen und ließ die Studierenden erst nach massiven Protesten wieder frei.

Am 1. März diesen Jahres kündigte der indische Bildungsminister einen Besuch an der Jadavpur-Universität im Osten des Landes an. Hunderte Studierende planten daraufhin Proteste gegen den Abbau der demokratischen Rechte an Universitäten. Als schätzungsweise tausend Anhänger:innen der im Bundesstaat regierenden Trinamool Congress-Partei (TMC) den Campus umstellten und die Studierenden mit Stöcken angriffen, versuchte der Bildungsminister der Situation zu entkommen.

Dabei fuhr sein Auto in die Menge der Protestierenden. Ein Mitglied der Revolutionären Studierendenfront (RSF) wurde überfahren und liegt seitdem mit schweren Verletzungen im Krankenhaus, seine Lage ist kritisch. Zehn weitere Studierende mussten medizinisch behandelt werden. „Jeder Blutstropfen, der auf den Boden der Universitäten fällt, wird den militanten Widerstand nur stärker machen“, heißt es in einer Erklärung , die wenige Stunden nach dem Vorfall veröffentlicht wurde.

Indien: Ein „demokratischer Rechtsstaat“?

Indien, ein Staat, der sich als größte Demokratie der Welt bezeichnet, geht mit aller Härte gegen legitimen und friedlichen Protest vor. Die Unterdrückung demokratischer Stimmen an den Universitäten spiegelt die Repression gegen Widerstand in der gesamten indischen Gesellschaft wider.

Indien: Der politische Gefangene Professor G. N. Saibaba ist tot

Der reaktionäre indische Staat unterdrückt systematisch alle demokratischen Kräfte – durch die Inhaftierung von Aktivist:innen, Journalist:innen und Professor:innen, den Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstrierende sowie das Verbot von Organisationen, die den Kapitalismus in Frage stellen. Damit geht der indische Staat große Schritte im weiteren Abbau demokratischer Rechte.

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