Am Donnerstag kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Assad-treuen Milizen und Truppen der HTS-Regierung. Im Verlauf der Kämpfe gab es mindestens 275 getöteten Kämpfer:innen. Am Tag darauf folgten Massaker an alawitischen Zivilist:innen mit mindestens 750 Toten.
Am Donnerstag kam es in der syrischen Küstenregion Jableh zu Auseinandersetzungen zwischen Assad-treuen Milizen und den Truppen der neuen syrischen Regierung. Der Auslöser dieser Auseinandersetzung war nach Angaben von Reuters ein Angriff der Assad-Loyalisten auf die Kämpfer:innen der islamistischen HTS-Regierung.
Diese sind aufgrund der Tatsache, dass die Westküste und ihre alawitische Minderheit eine der Bollwerke der Assad-Diktatur waren, in den letzten Monaten mit einer größeren Präsenz in der Region aktiv. Bei dieser bewaffneten Auseinandersetzung sind mindestens 275 Kämpfer:innen getötet worden.
Grundlage für die Auseinandersetzung
Nach der Machtübernahme Syriens durch die islamisch-fundamentalistischen Hay’at Tahrīr asch-Scham (HTS, Komitee zur Befreiung Syriens/der Levante), ist die Situation im Land weiterhin instabil. Der Bürgerkrieg, der 13 Jahre anhielt und mit dem Arabischen Frühling im Jahr 2011 begann, konnte zwar mit der Niederlage des Assad-Regimes vorerst beendet werden. Jedoch befinden sich in Syrien noch immer Anhänger:innen und ehemalige Funktionäre der alten Regierung.
Eine der stärksten Regionen der Assad-Diktatur war die großteils alawitisch geprägte Küstenregion. Dies liegt unter anderem daran, dass die alawitische Minderheit, der auch der gestürzte Präsident Baschar al-Assad angehörte, von der Assad-Diktatur bevorzugt behandelt wurde. So wurden viel Alawit:innen in die Sicherheitskräfte oder in hohe Posten einbezogen. Dadurch war diese Region noch bis Dezember unter der Kontrolle der alten syrischen Regierung.
Aufgrund dieser Ausgangslage hatte die neue HTS-Führung ihre Präsenz durch Sicherheitskräfte in der Region erhöht. Laut der Zeitung Junge Welt brachen die Auseinandersetzungen nun aus, als Dorfbewohner:innen von Beit Ana versuchten, Regierungskräfte an der Festnahme eines Mannes zu hindern.
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Massaker an alawitischer Minderheit
Am Freitag nach den Auseinandersetzungen kam dann es zu Massakern an der alawitischen Bevölkerung: Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) sollen Truppen der HTS-nahen Übergangsregierung mindestens 745 Zivilist:innen, darunter auch Frauen und Kinder, exekutiert haben. Zudem seien Häuser alawitischer Familien geplündert und in Brand gesteckt worden, während Tausende in die Berge flohen. In den sozialen Medien sind mittlerweile zahlreiche Videos von Exekutionen und Misshandlungen zu finden.
SOHR-Leiter Rami Abdurrahman sprach von einem der größten Massaker des Syrien-Konflikts und warf den islamistischen Sicherheitskräften Kriegsverbrechen vor. Die Blutbäder seien in mindestens 29 Orten der Gouvernements Latakia, Tartus, Hama und Homs verübt worden. Das syrische Staatsfernsehen hingegen behauptet, Unbekannte hätten sich als Regierungstruppen ausgegeben, um einen neuen Bürgerkrieg zu provozieren.