Die vom rechtsradikalen Unternehmer Peter Thiel geleitete Firma Palantir ist berüchtigt: Sie vernetzt Daten ohne Rücksicht auf Datenschutz und wertet diese in Sekundenbruchteilen aus. Nun will der Bundesrat, dass solche Software in ganz Deutschland in der Polizeiarbeit eingesetzt wird. Auch psychisch erkrankte Menschen sollen in dem System erfasst werden.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vergangene Woche einen umstrittenen Beschluss gefasst. Demnach soll die Bundesregierung zeitnah „eine zentral betriebene, digital souveräne, wirtschaftlich tragbare und rechtlich zulässige automatisierte Datenanalyseplattform für alle Polizeien des Bundes und der Länder bereitzustellen“. Was sich nach Digitalisierung anhört, bedeutet vor allem eine massive Zusammenführung von Daten der verschiedenen Landespolizeien sowie ein Generalverdacht gegen Millionen Menschen.
Damit soll das, was man sonst nur aus amerikanischen Krimiserien kennt – nämlich ein zentrales Computersystem, welches Daten über Millionen Personen zentralisiert und auf die dann in der Suche nach Verdächtigen schnell zugegriffen werden kann – ein Stück mehr Realität werden.
Konkreter bedeutet das, dass bundesweit zentrale Datenhäuser und zentralisierte Datenanalyseprogramme eingerichtet werden sollen. Damit sollen Menschen einfacher überwacht werden – und auf Basis der Daten anschließend möglicherweise auch verhaftet werden können.
Der Beschluss des Bundesrats bezieht sich dabei auf das Großprojekt P20 des Bundesinnenministeriums für Inneres und Heimat (BMI). Ziel des Projekts ist es, die bundesweite Polizeiarbeit „effizienter“ zu machen, vor allem im digitalen Bereich. Bis jetzt läuft die Umsetzung eher schleppend, schätzungsweise wird die Fertigstellung bis 2030 dauern, weswegen „Übergangslösungen“ gesucht werden. Die Justizminister haben bereits einen ähnlichen Antrag an die Bundesregierung gestellt.
US-Spionagesoftware im Einsatz
Konkret geht es bei der „Übergangslösung“ um den Einsatz der Verfahrensübergreifenden Recherche-und Analyseplattform (VeRa), welche bereits bei der bayerischen Polizei in Betrieb ist. Nach einer Probephase ist VeRa seit dem 25.12.2024 im Betrieb. VeRa greift auf mehrere Datenquellen der bayerischen Polizei zurück und verwendet dafür umstrittene Software vom US-Unternehmen Palantir, die helfen soll, große Menge an Daten auszuwerten. 30 Millionen Deutsche sind bisher in der Datenbank eingetragen, weil sie irgendwann einmal Kontakt mit der Polizei hatten.
Der Landesbeauftragte für Datenschutz Thomas Petri sieht die Nutzung der Palantir-Software wegen des tiefen Eingriffs in persönliche Daten als verfassungswidrig an.
Hinter Palantir steht der Milliardär Peter Thiel, der für seine rechtsradikalen Positionen bekannt ist und auch den Wahlkampf von Donald Trump mit hohen Spenden unterstützt hatte. Palantir-Software wird in anderen Formen auch in NRW und Hessen getestet.
Zurzeit ist die Nutzung von Palantir-Software noch eingeschränkt, das bayerische Verfassungsgericht hatte zuletzt entschieden, dass es begrenzt zur Gefahrenabwehr eingesetzt werden könne. In dem Beschluss des Bundesrats ist allerdings auch die Forderung formuliert, dass die Strafprozessordnung so geändert werden soll, damit die Daten aus den Programmen auch zur Strafverfolgung genutzt werden können.
18 Millionen Deutsche als potentielle Gewalttäter?
Als Anlass für die erneute Aufforderung werden vom Bundesrat die jüngsten Angriffe in Magdeburg und Aschaffenburg genommen, aus denen geschlossen wird, “dass in der jüngsten Vergangenheit oftmals Personen mit psychischen Auffälligkeiten als Täter von Gewalttaten in Erscheinung getreten sind”. Darum müssten „personenbezogene Verhaltensmuster und Risiken rechtzeitig festgestellt, analysiert und bewertet werden”.
Dies solle mithilfe eines “modernes Daten- und Informationsmanagement der Behörden“ geschehen, welches einen „schnellen und effektiven Austausch und die Auswertung sicherheitsrelevanter Einzelerkenntnisse ermöglicht”. Zudem soll „eine bundesweite Vernetzung der Erkenntnisse zwischen Sicherheits-, Gesundheits-, Waffen- und gegebenenfalls Ausländerbehörden sichergestellt werden“.
Wie die Beobachtung von “psychisch auffälligen Personen” aussehen könnte, hat CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in einem Interview mit dem Deutschlandfunk letztes Jahr dargestellt: „Wir haben große Raster angelegt für Rechtsextremisten, für Islamisten, aber offenkundig nicht für psychisch kranke Gewalttäter. Und das ist einfach ein großes Defizit in Deutschland… Und da braucht es einfach einen Austausch der Behörden untereinander, der Sicherheitsbehörden, auch mit der Psychiatrie, mit Psychotherapeuten und vielem mehr. Das ist meine Lehre, es reicht nicht aus, Register anzulegen für Rechtsextremisten und Islamisten, sondern in Zukunft sollte das auch für psychisch Kranke gelten.”
Demnach würden Menschen mit psychischen Problemen in ein Register eingetragen werden, auf das dann zum Beispiel die Bundespolizei zugriff hätte. In Deutschland sind jedes Jahr rund 18 Millionen Menschen von einer psychischen Erkrankung betroffen.
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