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Rumäniens Rechte: Gerangel um Georgescu

Rumäniens höchster Gerichtshof bestätigt: Der rechtsradikale, pro-russische Wahlsieger Călin Georgescu darf nicht bei der Wiederholung der rumänischen Präsidentschaftswahl antreten. Ausländische Einflussnahme? Diese Entscheidung könnte das Land in ein noch größeres Chaos stürzen.

Am 24. November 2024 sollte in Rumänien im ersten Wahlgang über das neue Staatsoberhaupt entschieden werden. Der bisherige liberal-konservative Präsident der Regierungspartei PNL, Klaus Johannis, durfte nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten. Entgegen aller Umfragen erhielt kein Kandidat oder Kandidatin von den etablierten Regierungsparteien, sondern der zuvor eher unbekannte und parteilose Călin Georgescu die meisten Stimmen.

Georgescu gilt als rechtskonservativer bis faschistischer prorussischer Politiker. Bereits vor drei Jahren wurde er wegen faschistischer Propaganda angezeigt und hegt gute Verbindungen zu Verschwörungstheoretikern und antisemitischen Influencern. Georgescu lobte etwa auch faschistische rumänische Politiker der „Eisernen Garde“ aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Er steht der NATO skeptisch gegenüber und will die militärische Unterstützung der Ukraine beenden.

Die Wahl wurde jedoch kurz nach der Verkündung des Ergebnisses am 6. Dezember 2024 vom rumänischen Verfassungsgericht für ungültig erklärt. Begründet wurde das mit ausländischer Wahlmanipulation, speziell über die Sozialen Medien: Der rumänische Geheimdienst spricht von russischen Hackerangriffen, 25.000 gekauften TikTok-Accounts, Krypto-Transaktionen, manipulierten Likes und Kommentaren. Konkrete Beweise für diese ausländische Einflussnahme gibt es jedoch bislang nicht.

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Wahlausschluss heizt die Stimmung an

Dieser in der rumänischen Geschichte einmalige Vorgang einer Wahlannullierung durch das Verfassungsgericht sorgt für heftige Kontroversen. Die Hintergründe zur Finanzierung von Georgescus Wahlkampagne werden derzeit von rumänischen Behörden untersucht. Es gab zahlreiche Razzien in Georgescus Umfeld. Er selbst wurde zwischenzeitlich festgenommen.

Aktuell ist er sozusagen auf freiem Fuß, darf aber das Land nicht verlassen. Scharfe Kritik am rumänischen Vorgehen gibt es etwa von Seiten der neuen US-Regierung. Vizepräsident J.D. Vance kritisierte bei der Münchener Sicherheitskonferenz, dass es durch solche Vorgänge „schlecht um die Demokratie bestellt sei.“ Ähnliche Spannungen gab es bereits im Herbst 2024 rund um die Wahl in Georgien.

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Chaos in Kauf genommen

Die Entscheidung stürzte das Land in ein politisches Chaos. Zehntausende demonstrierten in der Hauptstadt Bukarest im Januar für Georgescu. Sie warfen den Regierungsparteien vor, die Wahl nur annulliert zu haben, weil es keiner ihrer Kandidat:innen in die Stichwahl schaffte. Der bisherige Präsident Johannis musste derweil bereits vor der neu angesetzten Wahl wegen einer drohenden Amtsenthebung im Februar 2025 zurücktreten.

Die jetzige Entscheidung, Georgescu nicht für die Neuwahl zuzulassen, könnte die politische Lage weiter eskalieren lassen. Der gerichtliche Eingriff in eine Wahl bringt die liberale Demokratie Rumäniens in eine Legitimationskrise. Protestierende gegen die Gerichtsentscheidung sprachen etwa davon, dass Rumänien „keine Demokratie mehr“ sei.

Georgescu selbst erklärte „Wenn die Demokratie in Rumänien fällt, wird die ganze demokratische Welt fallen“. Die Entscheidung zur Annullierung könnte also noch mehr Rumän:innen das Vertrauen in das aktuelle politische System nehmen und rechtsradikale Kandidaten wie Georgescu damit letztlich unterstützen.

Der Osten zwischen den Machtblöcken

Das außergewöhnliche Mittel der Annullierung der Wahl durch das Verfassungsgericht zeigt, wie sehr Rumänien unter dem politischen Einfluss der Machtblöcke steht. Die Staaten der EU wollen das NATO-Land Rumänien weiterhin als Partner im westlichen Machtblock binden. Zudem soll Rumänien als Nachbarland zur Ukraine unbedingt den Kriegskurs halten. Ein pro-russischer Präsident wäre dahingehend eine weitere Schwächung des europäischen Blocks. Zumal gerade die deutsche Wirtschaftsstrategie darin besteht, gen Osten zu expandieren.

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Die rumänische Präsidentschaftswahl wurde noch unter dem US-Präsident Joe Biden annulliert. Mit Donald Trump als Präsidenten hat sich das europäische Interesse an Einflussnahme in Osteuropa nochmal verschärft. Die Regierungen des Vereinigten Königreichs, Frankreichs, Deutschlands, Italiens und Polens wollen im Zweifel auch ohne US-Unterstützung den Krieg als „Group of Five“ fortführen. Für eine europäische Einheit und um die wegfallenden US-Hilfen zu kompensieren, braucht es darüber hinaus jedes Land im Norden, Süden, Westen – und speziell in der Nähe der Front im Osten Europas.

Wiederholungswahl im Mai – Ausgang offen

Die Präsidentschaftswahl soll am 4. Mai 2025 wiederholt werden, mit einer möglichen Stichwahl am 18. Mai. Die größten rechtsradikalen Parteien Rumäniens unterstützten bislang eine weitere Kandidatur Georgescus. Da dies nun keine offizielle Option mehr ist, haben sie noch bis zum 15. März Zeit, um entsprechende neue Kandidat:innen zu nominieren.

Wie sich die von Krisen, Krieg, Abwanderung und vergleichsweise hoher Inflation betroffenen Rumän:innen entscheiden werden, ist aktuell noch völlig unklar. Auch der kommende Wahlkampf dürfte nicht ohne ausländische Einflussnahme ablaufen. Für einen Vertrauensgewinn der etablierten Regierungsparteien dürfte die aktuelle politische Situation nicht gesorgt haben.

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