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Wie sich anti-Wokeness manifestiert: Kurzhaarverbot in Arkansas

Neuer Tiefpunkt in der trans- und frauenfeindlichen Politik unter Donald Trump: Republikaner im Bundesstaat Arkansas fordern ein Kurzhaarverbot für Minderjährige. In erster Linie ein Angriff auf Frauen und trans Männer, kommentiert Alexandra Mangolia.

Schon im Wahlkampf hatte Trump es angekündigt. Sollte er erneut zum Präsidenten der USA gewählt werden, so wird er der „Wokeness“ den Kampf ansagen und diesen „Unsinn“ rückgängig machen. Diese Versprechen hat er gehalten. Kaum hatte er sein Amt angetreten, hat er eine Reihe von Dekreten erlassen.

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Eines davon legt fest, dass es in den USA ab jetzt nur noch zwei Geschlechter gibt, die Möglichkeit eines dritten Geschlechtseintrag wurde gestrichen. Außerdem veranlasste er, dass trans Frauen zum „Schutz“ der Frauen von Sportveranstaltungen ausgeschlossen werden. Eine seiner Veranlassungen trägt den Titel „Verteidigung der Frauen vor dem Extremismus der Gender-Ideologie und Wiederherstellung der biologischen Wahrheit gegenüber der Bundesregierung“. Unter dem Deckmantel, Frauen schützen zu wollen, wird transgeschlechtlichen Menschen die rechtliche Grundlage unter den Füßen weggezogen.

Sein Geschäftspartner und „Partner in Crime“ Elon Musk, der reichste Mann der Welt, kommt dies mehr als gelegen. In einem Interview mit dem Psychologen und Podcaster Jordan B. Peterson behauptete Musk, seine trans Tochter sei vom „Woke Mind Virus“ getötet worden. Sein Unternehmen Tesla beispielsweise liegt in der DEI-Inklusionsbewertung weit unter dem Durchschnitt.

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DEI: Nichts mit Göttern

Eine andere Verordnung trägt den Titel „Beendigung radikaler und verschwenderischer DEI-Programme und Bevorzugung durch die Regierung“. DEI steht hier für „Diversity, Equity und Inclusion“ und wird in den USA als Inklusionsbegriff genutzt. Konkret führte die Verordnung zur Beendigung aller Programme für Inklusion und Vielfalt. Der Grund: Vor allem weiße Männer fühlen sich durch die angebliche Bevorzugung von unterdrückten Teilen der Gesellschaft angegriffen. Sie seien es, die aufgrund des Fokus von Gleichberechtigung und Diversität nun unterdrückt würden.

Einen Monat später, Anfang März, veröffentlichte die New York Times eine Liste mit Wörtern, die laut US-Regierung von Behörden gar nicht mehr oder nur noch eingeschränkt benutzt werden dürfen. Darunter fallen vor allem Wörter, die laut Trump „der woken Sprache“ angehören. Nicht-binär, transgeschlechtlich, Geschlecht, Sexualität, Diversität, Identität, Frau und Prostitution sind nur ein paar der rund 200 aufgezählten Begriffe.

Alle offiziellen Regierungswebsites haben ihre Sprache bereits angepasst und auch Zeitungen sowie Unternehmen wurden dazu aufgerufen. Die milliardenschweren Unternehmen Pepsi und Disney haben schnell reagiert. Wörter wie Vielfalt und Inklusion wurden von Websites und Jahresberichten gestrichen. Auch Meta (Facebook, Instagram) beendet seine Maßnahmen für Chancengleichheit und Diversität. Grund sei ein Wandel der „politischen Landschaft“, hieß es vom Facebook-Konzern.

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Rechtsgrundlage, Sprache und Wirklichkeit

Nachdem die ersten Amtshandlungen Trumps vor allem nicht-binäre Personen rechtlich einschränkten, folgte die Veranlassung „Schutz von Kindern vor chemischer und chirurgischer Verstümmelung“. Was sich anhört wie eine Maßnahme zur Gewaltprävention bei Kindern, meint eigentlich, dass Geschlechtsangleichungen bei Jugendlichen (Personen unter 19 Jahren) vom Staat „verhindert“ werden müssen. Dieses Vorhaben schließt Hormonblocker, eine Hormontherapie sowie chirurgische Eingriffe zur Geschlechtsangleichung ein.

Im republikanisch-dominierten Bundesstaat Arkansas ging ein neuer Gesetzesentwurf noch einige Schritte weiter. Kurzhaarfrisuren für Frauen und Mädchen sollen unter Strafe gestellt werden. Was sich anhört wie ein absurder Witz, wurde im Zuge eines Gesetzesentwurf vorgestellt. Akte welche einer „sozialen Geschlechtsangleichung“ gleichkommen, also das Verwenden von Pronomen und Namen oder das Tragen von Kleidung und Haarschnitten, welche von dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht abweichen, soll untersagt werden. Das Gesetz richtet sich also in erster Linie gegen trans Männer.

Nicht nur das, bei Verletzung der Reglung sollen Strafen zwischen 10.000 und 10 Millionen US-Dollar verhängt werden. Bestraft werden alle Erwachsenen, die bei einer solchen „sozialen Transition“ unterstützen wie Eltern, Lehrer:innen oder Friseur:innen. Offensichtlich würde ein solches Gesetz transgeschlechtliche Personen in ihrer Identität einschränken und ihnen Raum zum Ausleben ihres Geschlechts nehmen.

Hier werden Geschlechterrollen zementiert. Frauen müssten lange Haare haben und sich weiblich kleiden. Ein solches Bild der Frau passt in das traditionell geprägte Familienbild der Republikaner. Nicht ohne Grund gibt es in den von ihnen dominierten Staaten wie Texas die strengsten Abtreibungsgesetze. Außerdem wurde unter der letzten Trump-Regierung die Definition von Gewalt gegen Frauen dahingehend geändert, dass psychische Gewalt nicht mehr darunterfällt.

Die Veränderung der Sprache hat nicht zu einer Veränderung der Realität geführt. Nicht-binäre Menschen lösen sich nicht in Luft auf, nur weil Trump die Bezeichnung verbietet. Trotzdem hat die Zensur der Sprache eine nicht unbedeutende Rolle. Lässt man Begriffe verschwinden, die im Zusammenhang mit unterdrückten Gruppen benutzt werden, so treten auch die Anliegen und die Berichtserstattung dieser Gruppen in den Hintergrund. Eine Einschränkung ihrer Rechte lässt sich unauffälliger vollziehen, wenn über diese kaum berichtet wird. Und oft sind scheinbar unbedeutende Eingriffe in die Sprache Vorboten für deutlich heftigere Eingriffe – wie in diesem Fall.

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Neben dem angekündigten Verbot von Kurzhaarfrisuren sind vor allem die Abtreibungsverbote eine dieser deutlich spürbaren Folgen. Wie Anna Müller nach zwei Jahren Abtreibungsverbot in 14 US-Staaten feststellte, zeige die Situation in den USA, dass bereits erkämpfte Rechte von Frauen schnell rückgängig gemacht werden können. Der Staat bringe Frauen keine Sicherheit. So sei es nicht nur ein Mann, häufig aus dem eigenen Umfeld, der Frauen vergewaltige, sondern auch der Staat und seine Richter, die Frauen ihr Recht auf körperliche Selbstbestimmung nehmen. Frauen wird somit an unzähligen Stellen vermittelt, dass ihre Körper gar nicht ihnen gehören würden, sondern dass Männer darüber entscheiden.

Zwei Jahre Abtreibungsverbot in den USA

Parallelen anti-woke: USA, Deutschland, Schweiz

Nicht nur in den USA, auch hier in Deutschland gibt es mindestens eine Partei, die der „Wokeness“ den Kampf angesagt hat. Wenn die AfD davon redet, „Gender Gaga“ zu verbieten und Anträge gegen genderneutrale Sprache zu stellen, dann steht sie Donald Trumps Ankündigungen, den „Gender-Unsinn“ hinter sich zu lassen, erschreckend nahe. Auch die konstruierte Gefahr von trans Frauen in Umkleidekabinen oder auf Sportveranstaltungen, transphobe Forderungen und Aussagen unter dem Deckmantel des Schutz der Frauen fallen als Gemeinsamkeit auf.

Die AfD ähnelt dem US-Präsidenten auch darin, die Existenz von transgeschlechtlichen Personen einfach zu leugnen, so wie Fraktionschef Stefan Marzischewski-Drewes. Doch auch die CDU/CSU glänzen mit anti-woker Sprache und rechtem Populismus. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) zeigt Sympathien für den Beschluss von US-Präsident Donald Trumps, nur zwei Geschlechter anzuerkennen. Dazu meinte Merz bei einem Live-Auftritt: „Ist eine Entscheidung, die ich nachvollziehen kann.“ Markus Söder (CDU) hetzt schon seit Jahren gegen woke Sprache. Dieser „Woke-Wahnsinn“ müsse enden, so Söder auf Instagram.

Die AfD und ihr Frauenbild: deutsch und gebärend

Doch nicht nur über Parallelen zu rechten Parteien hat es der Kampf gegen „Wokeness“ nach Europa geschafft, sondern auch über Unternehmen. In der Schweiz machen die Großbank UBS und der Pharmakonzern Roche ebenfalls Abstriche im Bereich Vielfalt. Während UBS in ihrem Jahresbericht 2024 das Wort „Diversity“ strich, stellte Roche seine Diversitätsförderungen ein. Das heißt unter anderem, dass das Ziel einer Frauenquote gestrichen wird. Kein Zufall, sondern eine Reaktion auf die vom Pentagon verbotenen Wörter.

Der Rechtsruck nimmt also nicht nur in den USA an Fahrt auf. Die Anzeichen sehen wir auch hier in europäischen Ländern. Höchste Zeit einzuschreiten, bevor auch hier die Verbote kommen und uns unsere Rechte genommen werden.

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*Redaktionelle Änderung von Titel, Anleser und der Schreibweise („Transfrauen“ zu „trans Frauen“) am 28.03.2025 um 8:40 Uhr. 

Alexandra Magnolia
Alexandra Magnolia
Schülerin aus dem Ruhrpott und seit Oktober 2023 Korrespondentin für Perspektive. Besonders gerne schreibt sie über die Frauenrevolution, Militarisierung und die Jugend. Hobbykünstlerin und Katzenliebhaberin.

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