Union und SPD wollen in Zukunft Schulden in unbegrenzter Höhe für die Bundeswehr aufnehmen dürfen – und stehen mit Wehrpflicht und deutschen Soldat:innen in der Ukraine schon in den Startlöchern. Jetzt braucht es Widerstand. – Ein Kommentar von Julius Strupp.
„Ich will es sehr deutlich sagen: Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt auch für unsere Verteidigung gelten: Whatever it takes“, so der wahrscheinlich neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Dienstagabend nach den Sondierungen mit der SPD.
War erst noch kolportiert worden, man plane zwei Sondervermögen, nämlich eine halbe Billion für „die Infrastuktur“, eine halbe Billion für die Bundeswehr, sah die Lage bei der gemeinsamen Pressekonferenz schon etwas komplizierter aus. Vielleicht will man ja nicht, dass das dumme Wahlvolk versteht, was die neue Kriegsregierung vorhat? Ähnlich undurchsichtig war man ja schon mit den Ausnahmezustandsregelungen während der Pandemie umgegangen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Nun sollen nämlich alle Rüstungs- und Militärausgaben, welche die Marke von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (das sind aktuell etwas über 40 Milliarden, also knapp 10 Milliarden weniger als der aktuelle Militärhaushalt ohne Sondervermögen) überschreiten, von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Das ist ein finanzieller Freifahrtschein für die Bundeswehr, die damit die halbe Billion gut und gerne überschreiten kann!
EIL: SPD und CDU planen 500 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr
Geblieben sind die 500 Milliarden für die „Infrastruktur“. 100 Milliarden davon sollen an die Bundesländer gehen, damit sie den nötigen Grundgesetzänderungen im Bundesrat zustimmen. Hört man Merz zu, merkt man aber auch hier schnell, dass es eben nicht darum geht, marode Schulen und Turnhallen, das Schienennetz für den Personennahverkehr oder ähnliches zu sanieren. Nein, man brauche die Investitionen, um die Wirtschaft auf die Beine zu bringen. Man brauche Wirtschaftswachstum, um die hohen Militärausgaben zu „verkraften“.
Im Klartext bedeutet das: milliardenschwere Steuergeschenke an Großkonzerne! Die Kassen klingeln also nicht nur bei den Rüstungskonzernen, deren Aktienkurse schon nach der ursprünglichen Meldung, man plane ein neues Sondervermögen von „nur“ 200 Milliarden, in die Höhe geschossen waren.
Ist eigentlich noch wer gegen den Krieg?
Merz’ Problem? Für sein verrücktes Vorhaben braucht er andere Kriegsverrückte, die ihm die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit verschaffen. Das wird aber im neuen Bundestag wohl nicht funktionieren, weil die Linke nicht weiter aufrüsten (aber auch nicht abrüsten) will und weder AfD noch CDU sich eine Zusammenarbeit bei diesem Thema leisten können.
Deshalb will Merz nächste Woche nochmal den alten Bundestag zusammentrommeln. Das ist nicht nur schade für die ehemaligen Ampel- und BSW-Abgeordneten, die möglicherweise schon auf Gran Canaria am Strand liegen, es ist auch politisch umstritten. AfD, Linke, FDP und Grüne kritisieren dieses Vorgehen. Die Linken wollen es juristisch prüfen lassen.
Die Grünen stellen derweil Forderungen auf, mit denen ihre Zustimmung zu haben ist, die sich vor allem auf das „Klima“ beziehen sollen. Die FDP kann sich vorstellen, bei den Militärausgaben mitzumachen, bei der Infrastruktur aber nicht.
Die Linken betonen, keine weitere Aufrüstung zu wollen, begründen das aber mit der Höhe der Militärausgaben der EU-Staaten, die bereits höher seien als die russischen. Früher wollte man noch abrüsten oder die NATO auflösen, heute nimmt man die Frontstellung der imperialistischen Lager als gottgegeben hin. Die AfD, die sich immer wieder als Friedenspartei aufspielt, will die Anträge ihrerseits prüfen, wenn sie vorlegen. Eine konsequente Antikriegsposition gibt es im Parlament der Reichen also nicht. Und auch in den Mainstream-Medien spricht sich niemand gegen Aufrüstung, Militarismus und Steuergeschenke an Großkonzerne aus.
Es braucht Widerstand!
Das darf für uns aber kein Grund sein, den Kopf in den Sand zu stecken! Es ist jetzt nicht die Zeit, die Hände in den Schoß zu legen. Der deutsche Imperialismus „macht ernst“, wie es in einer kürzlich veröffentlichten Erklärung der Föderation Klassenkämpferischer Organisationen (FKO) treffend formuliert heißt. Denn während CDU, SPD und Grüne gerade noch ausbaldowern, wie klimaneutral der Goldesel der Bundeswehr wird, winken uns schon die nächsten Schritte in Richtung Krieg.
So fordert die Union nun gemeinsam mit dem Bundeswehrverband eine Wiedereinsetzung der Wehrpflicht noch in diesem Jahr. Und auch in der Debatte über „Sicherheitsgarantien“ und ausländische Soldaten, die unter den europäischen Imperialisten geführt wird, kann sich eine neue deutsche Regierung wohl nicht leisten, die Initiative dauerhaft an England und Frankreich abzugeben.
Den Konzernen in unserem Land und ihrer Regierung geht es darum, ihren Abstieg in die zweite Liga der Weltpolitik zu verhindern und in kommenden größeren Kriegen eine Rolle zu spielen. Das macht sie umso aggressiver. Auslöffeln müssen die Suppe wir Arbeiter:innen, vor allem die Jugendlichen, deren Zukunft von den Kriegsvorbereitungen der Brandstifter in Washington, Moskau, London, Paris, Beijing und Berlin gefährdet wird. „Whatever it takes“: Es ist jetzt an der Zeit, Widerstand aufzubauen und uns gegen diesen Wahnsinn zu wehren – nicht erst, wenn deutsche Soldaten wieder kurz vor Stalingrad stehen.