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Wut des Volks bricht sich Bahn: Erfolgreicher Generalstreik in Griechenland

Mehr als eine Million Menschen nahmen in allen griechischen Städten am Generalstreik zwei Jahre nach dem Zugunglück in Tempi teil. Es kam zu Polizeiangriffen und Ausschreitungen. Klassenkämpferische Kräfte sehen die Proteste als Erfolg.

Vor zwei Jahren kamen im griechischen Tempi 57 Menschen bei einem Zusammenprall eines Passagierzugs mit einem Güterzug ums Leben. Es waren überwiegend Studierende auf dem Weg von Athen nach Thessaloniki. Seitdem werfen Angehörige der Opfer, Überlebende, Gewerkschaften und linke Organisationen dem Staat und der Mitsotakis-Regierung Vertuschung vor.

PRIN

Viele machen vor allem den schlechten Zustand der griechischen Eisenbahn für das Unglück verantwortlich. Diese wurde 2017 an die italienische Staatsbahn zum Spottpreis verkauft. Anschließend wurden so viele Stellen gestrichen, dass nur noch 300 der 2500 Streckenkilometer sicher betrieben werden können.

Generalstreik legt Städte lahm

Für Freitag, den zweiten Jahrestag des Unglücks, war deshalb schon länger von Gewerkschaften zum Generalstreik aufgerufen worden. Während der Mobilisierungen geriet die Regierung dabei durch neue Enthüllungen noch mehr unter Druck. Gleichzeitig arbeiteten die Behörden schon im Vorhinein mit Drohungen und verhafteten beispielsweise Studierende, die Mobilisierungsaktionen für den Generalstreik organisierten.

Griechenland: 2 Jahre nach dem Zugunfall in Tempi gehen die Proteste weiter

Tatsächlich entwickelte der Generalstreik eine große Sprengkraft. 400 Kundgebungen fanden in Griechenland und anderen Ländern statt. Zur Mittagszeit waren im ganzen Land über eine Million Menschen auf der Straße. Bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 10,5 Millionen konnten so Großstädte wie Athen weitgehend „lahmgelegt“ werden, wie vielerorts zu lesen ist. Es sollen die größten Proteste seit dem Ende der Militärdiktatur 1974 sein.

„Diese Regierung der Profite für das Kapital und der Genauigkeit für das Volk, der Privatisierung, der Kommerzialisierung sozialer Güter, der Überwachung und des Autoritarismus, der Aufrüstung, des Krieges und der Vertuschungen hat jegliche Toleranz der Bevölkerung verloren, die sie einst besaß. Sie muss gestürzt werden, damit die Menschen atmen können“, schreibt die Organisation Kommunistische Befreiung (KA) in einer nach dem Generalstreik veröffentlichten Erklärung.

Demonstrierende halten Polizeigewalt stand

Die linke Zeitung PRIN schildert in einem Bericht über die Aktionen in den größeren Städten des Landes, dass es eine beachtliche Beteiligung klassenkämpferischer Gewerkschaften an den Protesten gegeben habe.

Κομμουνιστική Απελευθέρωση

Ebenso hat der Staat hart und gewalttätig gegen die Demonstrationen durchgegriffen. In Athen setzten die etwa 5000 aktiven Aufstands-Polizist:innen Tränengas ein, verprügelten Demonstrant:innen und machten über 80 Festnahmen. Zu ähnlichen Szenen kam es dabei in verschiedenen Städten.

In Athen kam es dabei zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei, etwa als Demonstrant:innen versuchten, zum Parlament zu gelangen. Dabei wurden auch Molotow-Cocktails geworfen. In diesem Zusammenhang konnte die Polizei an verschiedenen Stellen auch zurückgedrängt werden. In Videos – die im Internet kursieren – ist zum Beispiel zu sehen, wie Polizisten von Motorrädern geschubst werden.

Revolutionäre Kräfte rufen zur Fortsetzung der Kämpfe auf

Offen bleibt, wie sich die Kämpfe in Griechenland weiter entwickeln werden. Am Freitag hatte sich die Wut des Volks auf eine Politik der Privatisierung, des immer stärkeren Sinkens des Lebensstandards der Arbeiter:innenklasse Bahn gebrochen. Organisationen der antikapitalistischen und kommunistischen Bewegung, die bedeutend größer und verbundener mit den Kämpfen ist als in Deutschland, arbeiten dabei vor allem an einer eigenständigen Orientierung der Proteste.

So schreibt etwa die Kommunistische Partei Griechenlands (marxistisch-leninistisch) (KKE (m-l)): „Das Volk und die Jugend müssen den Kampf auf der Straße fortsetzen, ohne jegliche Illusionen über die bürgerlichen „Institutionen“, das bürgerliche Parlament und die „unabhängige“ Justiz. Ohne Illusionen über die sogenannte „Opposition“, die bürgerlichen Parteien (größere oder kleinere), die versuchen, den Volkszorn für ihre parlamentarischen Spiele zu kanalisieren und zu entschärfen.“

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