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Antifaschistischer Protest: Rechte Demos wieder erfolgreich gestört

Weniger Neonazis, mehr Widerstand: In vielen Städten stoppten Antifaschist:innen die rechten Aufmärsche des Bündnisses Gemeinsam für Deutschland. Trotz Polizeigewalt blieben die Proteste entschlossen. Ein Signal gegen Rechts – doch der nächste Aufmarsch kommt bestimmt.

Tausende Antifaschist:innen strömten am vergangenen Wochenende wieder auf die Straßen verschiedenster Städte in Deutschland. Anlass war eine weitere bundesweite Mobilisierung des rechten Bündnisses Gemeinsam für Deutschland (GfD). Dieses hatte bereits im März in zahlreichen deutschen Städten zu einem Aktionstag aufgerufen.

Gekommen waren verschiedenste rechte Kräfte – von Querdenkern über AfD bis zu jugendlichen Neonazi-Gruppen und faschistischen Kaderorganisationen wie dem III. Weg. Doch die Blockaden von antifaschistischen Organisationen führte in Städten wie Berlin, Stuttgart und Frankfurt dazu, dass die rechten Demonstrierenden nur wenige Meter laufen konnten oder ihre Route umleiten und stark verkürzen mussten.

Von Berlin bis Stuttgart: Faschistische Aufmärsche treffen auf antifaschistischen Widerstand

Erfolgreiche Blockaden in Hamburg und Frankfurt

Am 26. April wurde dann wieder zu Demonstrationen durch das GfD-Bündnis aufgerufen. Dieses Mal war die Mobilisierung allerdings nicht so erfolgreich wie einen Monat zuvor. Am Samstag zeigte sich zudem, dass die Beteiligung von jungen Neonazi-Gruppen und organisierten faschistischen Kaderorganisationen etwas kleiner war. In fast allen Städten, in denen es Aktionen gab, waren vor allem Menschen aus dem Querdenker-Spektrum vertreten. Doch auch die AfD mischte an einigen Stellen mit.

In Hamburg wurde die Versammlung von Nicole Jordan (AfD) organisiert. Sie wird zum formal aufgelösten völkisch-nationalistischen Flügel der Partei gezählt und agiert in Hamburg als führende Kaderangehörige. Insgesamt kamen zum Protest weniger Menschen als erwartet. Gegen Mittag hatten sich etwa 250 Demonstrierende, vor allem ältere Menschen, am Hauptbahnhof versammelt. Einzelne Gruppen an jungen Neonazis liefen außerhalb der Versammlung durch die Innenstadt.

Nach der Hälfte der Demonstrationsroute schafften es Gegendemonstrierende auf die Straße und konnten eine Blockade errichten, welche die rechten Demonstrierenden zum Umkehren zwang. Danach kam es jedoch durch die Polizei zu einigen Festnahmen. Die Polizei setze in der Folge auch Pfefferspray ein und prügelte auf Protestierende ein, die teils ins Krankenhaus mussten.

In Frankfurt hatten sich ebenfalls zahlreiche Antifaschist:innen am Startort der rechten Demonstration versammelt. Nachdem diese losgelaufen war, konnten mehrere Blockaden ein Weiterlaufen verhindern, wodurch die Demonstrierenden zu ihrem Kundgebungsort zurückkehren mussten. Die Polizei konnte die große Zahl an Antifaschist:innen nicht zurückdrängen. Ein Korrespondent von Perspektive berichtet, dass die antifaschistischen Demonstrierenden viel umher liefen und jede Lücke ausnutzten, um auf die Route zu kommen.

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Eine weitere Großstadt, in der es zu Protesten kam, war Dortmund. Aus mehreren umliegenden Städten, u.a. aus dem weiteren Ruhrgebiet und Köln, reisten Aktivist:innen an, um den rechten Aufmarsch zu stören.

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Breite Beteiligung an Gegenprotesten im Süden

Auch im Süden kam es zu zahlreichen Aktionen. In Nürnberg beteiligten sich insgesamt etwa 1.500 Menschen an den breiten Protesten gegen das sogenannte Team Menschenrechte (TMR). An der rechten Demonstration, die auch regelmäßig jeden Montag als „Friedensdemo“ durch Nürnberg zieht, nahmen am Wochenende etwa 50 Neonazis teil, die meisten von ihnen als Ordner. „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ war die häufigste Parole das Aufmarsches.

„Es ist unverständlich, warum Menschen, denen es angeblich um Frieden geht, sich in einen Marsch, der von Neonazi-Ordnern begleitet wird, einreihen. Auch diesen Samstag ermöglichte die mittelfränkische Polizei mit sehr großem Aufwand und teilweise brutalem Vorgehen der Sondereinheit USK den faschistischen Marsch der ehemaligen Querdenker:innen vom Team Menschenrechte und ihrem Neonazi-Anhang“, so Yuri Hofer vom Antifaschistischen Aktionsbündnis Nürnberg. Zwei Blockaden konnten durch die Polizei nicht geräumt und die geplante Demoroute gekürzt werden.

„Dass der Antifa-Protest wirkt, zeigt auch, dass die Teilnehmer:innenzahl der rechten Demo sich im Vergleich zum letzten überregional mobilisierten Aufmarsch von TMR halbiert hat“ erklärte Hofer.

Ähnlich sah es in München aus: Dort war die Beteiligung ebenfalls kleiner als einen Monat zuvor. Am Wittelsbacher Platz blockierten Antifaschist:innen die beiden Hauptabgangswege des Platzes und hinderten die Rechten damit für über eine Stunde am Loslaufen. Durch einzelne Blockaden wurde die Demonstration immer wieder zum Stehen gebracht, wodurch auch die Zwischenkundgebung ins Wasser fiel. Bei den Sitzblockaden wendeten Polizist:innen immer wieder Schmerzgriffe an und drohten mit dem Einsatz von Pfefferspray.

Weitere Aktionen gab es im baden-württembergischen Reutlingen und in Karlsruhe. In Reutlingen wurden die Gegenproteste unter dem Motto „Gemeinsam & Solidarisch gegen Rechts – Reutlingen und Tübingen“ organisiert. Doch auch aus Stuttgart und Freiburg waren Antifaschist:innen angereist, um die rechte Demo zu verhindern. In Reutlingen konnte durch den Protest erst mit einer Stunde Verspätung und nur unter großer Polizeibegleitung eine kleine Ausweichroute durchs Industriegebiet genutzt werden. Vor Ort ließen sich der AfD-Kreisverband Reutlingen, vereinzelte NPD-ler und III. Weg-Aktivisten:innen blicken.

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In Karlsruhe gingen etwa 1.500 Menschen gegen den rechten Aufmarsch von Gemeinsam für Deutschland auf die Straße. Organisiert und aufgerufen hatte unter anderem das Netzwerk Karlsruhe gegen Rechts: „Die Teilnehmenden ordnen wir größtenteils dem verbliebene Spektrum um Querdenken und anderen Schwurblern zu, während ihre Ästhetik mit zahlreichen Deutschland-Fahnen Erinnerungen an Pegida weckte“, schreibt das OAT Karlsruhe. Nach Ende der rechten Kundgebung zogen die Antifaschist:innen noch selbst mit einem kämpferischen Protest durch die Innenstadt.

Nächste Proteste angekündigt

Das rechte Bündnis Gemeinsam für Deutschland hat bereits einen neuen Aktionstag angekündigt: Vom 6. bis 7. Mai wollen sie eine 28-stündige Mahnwache vor dem Bundeskanzleramt veranstalten und vor seiner Wahl Druck auf den neuen Kanzler Merz ausüben. Sie fordern neben einer Einstellung der Waffenlieferungen an die Ukraine vor allem „flächendeckende Grenzkontrollen“.

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