Die eintägige – und offenbar sehr brüchige – Waffenruhe zu Ostern in der Ukraine ist vorüber. Somit geht das Tauziehen um Aufrüstung, einen Waffenstillstand oder sogar ein Einfrieren des Kriegs weiter.
Vom Nachmittag des Ostersamstags bis zum Ende des Ostersonntags hatte Putin eine vollständige Waffenruhe im Krieg mit der Ukraine ausgerufen. Im russischen Staatsfernsehen hatte er geäußert, dass er erwarte, dass die ukrainische Seite sich entsprechend verhalten würde.
Tatsächlich scheint es nicht zu einer vollständigen Waffenruhe gekommen zu sein, die beiden Kriegsparteien werfen sich gegenseitig deren Verletzung in tausenden Fällen vor. Russland spricht von insgesamt 4.900 Verstößen gegen die Waffenruhe von ukrainischer Seite. Und die Ukraine vermeldet mehr als 2.900 russische Verstöße gegen die Waffenruhe. Unklar ist jedoch in beiden Fällen die genaue Zählweise: Beide Seiten hatten im Vorfeld angekündigt, dass sie auf Angriffe der anderen Seite mit angemessenen Mitteln reagieren würden.
Ganz ohne Effekt scheint die Waffenruhe jedoch nicht geblieben zu sein: So hob auch der ukrainische Präsident Selenskij in einer Erklärung am Ostermontag hervor, dass es tatsächlich zu keinem Luftalarm gekommen sei und auch einige Abschnitte der Front ruhig geblieben seien.
Waffenruhe als politisches Manöver?
Von westlichen Beobachtern wird die Initiative vielfach als politisches Manöver interpretiert, um weitere Zeit für die Verhandlungen mit den USA über einen Waffenstillstand und Frieden in der Ukraine zu schinden. Am Karfreitag hatten sich der US-Präsident Donald Trump und insbesondere sein Außenminister Marco Rubio dahingehend geäußert, dass sie baldigst schnelle Erfolge in den Verhandlungen erwarteten und sonst in Erwägung zögen, ihre Beteiligung abzubrechen.
Unklar ist wohl, mit welchen Maßnahmen ein solcher Schritt von Seiten der USA einhergehen würde: Aus Kreisen der US-Regierung war letzte Woche verlautbart worden, dass ein Rohstoffabkommen mit der Ukraine noch diese Woche unterzeichnet werden könnte. Die USA betrachten nämlich den Zugang zu ukrainischen Rohstoffen als angemessene Kompensation für ihre militärische und finanzielle Unterstützung im Krieg des Landes. Die Unterzeichnung eines ähnlichen Abkommens war im Februar gescheitert.
Der Preis der „Unabhängigkeit“ oder: Wie die Ukraine zum Vasallen der USA wurde
Die Aufrüstungsspirale dreht sich weiter
Einem seiner Ziele dürfte Präsident Trump mit seinem markigen Verhandlungsstil jedenfalls näher gekommen sein: die europäischen Großmächte zu einer stärkeren Aktivität bei der Finanzierung des Ukraine-Kriegs zu zwingen.
So kündigte der britische Verteidigungsminister jüngst nach einem Besuch von Selenskij an, dass sein Land die Produktion von Sprengstoffen und Artilleriegeschossen massiv hochfahren wolle, um die Abhängigkeit der Ukraine von französischen und US-amerikanischen Lieferungen zu reduzieren. Die Rüstungsproduktion wurde von ihm bei dieser Gelegenheit als Wachstumsmotor für die krisengeschüttelte britische Wirtschaft eingeordnet.
Während in Deutschland die Rüstungsindustrie zwar ebenfalls massiv expandiert und gleichermaßen als Mittel gegen die kränkelnde Wirtschaft gefeiert wird, ist man sich bei der seit Jahren diskutierten Lieferung von „Taurus”-Marschflugkörpern an die Ukraine auch kurz vor der Regierungsbildung nicht einig. Der Bundeskanzler in spe, Friedrich Merz (CDU), soll dafür sein, der geschäftsführende Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) aber weiterhin skeptisch bleiben.