Die CDU hat dem Koalitionsvertrag zugestimmt und ihre Minister:innen vorgestellt. Darunter sind auch Manager:innen, die direkt in die Regierung wechseln.
Die Regierungsbildung steckt in den letzten Zügen. Am Montag hat die CDU der Bildung einer Koalition mit der SPD auf einem „Kleinen Parteitag“ mit 160 Delegierten in Berlin zugestimmt. Neben einer fast einstündigen Rede des Parteivorsitzenden und sehr wahrscheinlichen neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz wurden am Montag auch die Minister:innen vorgestellt, die die CDU/CSU in die neue Regierung entsenden will.
Die CSU hatte dem Papier bereits zugestimmt, die SPD will ein Mitgliedervotum durchführen lassen. Dessen Ergebnis soll am Mittwoch verkündet werden, dann werden womöglich auch die SPD-Minister:innen bekanntgegeben.
Wer sind die neuen Unionsminister:innen?
Die von Friedrich Merz getroffene Minister:innenauswahl hat in der Presse vor allem Überraschung hervorgerufenen. Schließlich haben einige bekannte CDU-Politiker keinen Platz in der Regierung bekommen (z.B. Jens Spahn, Roderich Kiesewetter oder Armin Laschet) oder selbst im Vorfeld ihren Verzicht erklärt (CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann). Dafür machten nun Personen das Rennen, die in der Bundespolitik zuvor unter dem Radar geflogen waren oder sogar direkt aus einem Konzernsessel nach Berlin wechseln.
Konkret sieht Merz’ Liste folgendermaßen aus:
- Johann Wadephul wird Außenminister. Der schleswig-holsteinische Politiker war zuletzt Vize der Bundestagsfraktion der CDU.
- Katherina Reiche, einst Landtagsabgeordnete in Brandenburg, heute Chefin der E.ON-Tochter Westenergie, wird Wirtschaftsministerin.
- Thorsten Frei, enger politischer Vertrauter von Friedrich Merz, wird Kanzleramtschef, wo er unter anderem für die Koordinierung der Geheimdienste verantwortlich ist.
- Alexander Dobrindt, Landesgruppenchef der CSU im Bundestag, soll Innenminister werden. Der Bayer war in seiner Amtszeit als Verkehrsminister eher berühmt- berüchtigt. Er dürfte im Amt vor allem einen konservativ-harten CSU-Stil prägen und damit an Faeser anschließen.
- Gesundheitsministerin wird die bisherige Generalsekretärin der CDU in Baden-Württemberg, Nina Warken, die in der Bundespolitik bisher eher unbekannt ist.
- Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Karin Prien soll Bildungsministerin werden und galt für diesen Posten bereits als gesetzt. Anlässlich der Berlinale 2024 diffamierte sie die Verwendung des Apartheidsbegriffs für die rassistische Politik Israels als „antisemitisch“. Die Benennung ist damit auch ein Fingerzeig in Richtung der pro-palästinensischen Antikriegsproteste an deutschen Universitäten.
- Die CSU-Politikerin Dorothee Bär soll Bundesministerin für Technologie und Raumfahrt werden.
- Die weitgehend unbekannte Patrick Schnieder soll Bundesverkehrsminister werden.
- Als Landwirtschaftsminister will die CSU mit Alois Rainer einen bayerischen Kommunalpolitiker installieren, der seit 2013 auch Mitglied des Bundestags ist.
- Karsten Wildberger, der seit 2021 Vorstandsvorsitzender der Ceconomy AG (MediaMarkt und Saturn) ist, bekommt das neu geschaffene Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung. Zuvor war er bereits Vorstandsmitglied bei anderen Konzernen, unter anderem bei E.ON und der Telekom.
Kritik lösen vor allem die Berufung von Wildberger und Reiche aus, die jeweils direkt von einem Spitzenposten bei der Wirtschaft in die Politik wechseln. Eine weitere umstrittene Personalie ist der Verleger Wolfgang Weimer, ehemals Welt-Chefredakteur und Gründer des „liberal-konservativen“ Magazins Cicero, der als Kulturstaatsminister im Kanzleramt Nachfolger von Claudia Roth werden soll. Ihm wird zugetraut, eine dezidiert gegen „links“ gerichtete, rechte Kulturpolitik zu entwickeln.
Folgt Merz einem Trend?
Dass die Bundesregierung eine Regierung der Reichen ist, macht sie eigentlich schon mit ihrem Wahlprogramm klar genug: Sie will den Kriegsvorbereitungskurs ihrer Vorgänger noch härter fortsetzen, der vor allem den Großkonzernen volle Kassen und Auftragsbücher beschert. Auch die enge personelle Verbindung, der Drehtüreffekt zwischen Vorständen großer Unternehmen und der Bundespolitik in Deutschland ist ein lange bekannter Fakt. Man denke nur an Sigmar Gabriel, der knappe zwei Jahre nach Ende seiner Amtszeit als Vizekanzler im Jahr 2018 Mitglied der Aufsichtsräte von Siemens Energy und der Deutschen Bank wurde.
Doch inzwischen setzt sich eine direkte Beteiligung von Kapitalist:innen an Regierungen immer häufiger durch: Ein Paradebeispiel dafür ist sicherlich die Regierung von Donald Trump (selbst Milliardär), die maßgeblich von Elon Musk, dem reichsten Mann der Welt, beeinflusst wird. Dieser hat sogar eine eigene Behörde erhalten, mit Hilfe derer er den Staat zusammenkürzen soll. Ähnliches macht Javier Milei in Argentinien.
Sieht man sich Merz’ Auswahl an, handelt es sich in gewisser Weise um eine abgespeckte Version: Auch hier erhält ein Manager ein eigens geschaffenes Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung.
Im Vergleich zu den USA wirkt alles zwar noch etwas seriöser und gemächlicher. Dennoch dürfte man davon ausgehen, dass in den kommenden Jahren Wirtschaftsbosse oder -chefinnen immer direkter Teil von Regierungen in den mächtigeren kapitalistischen Ländern werden, um Entscheidungsabläufe zu beschleunigen und die Politik noch eindeutiger im Sinne der Superreichen zu gestalten.