Der faschistische Verein Uniter e.V. wurde 2020 zwar aufgelöst, die Mitglieder bereiten sich jedoch laut einer ARD-Recherche bis heute auf den „Tag X“ vor. Es geht um Waffendepots, Schießtrainings und Kampfsport.
Der faschistische Verein Uniter e.V. wurde im Mai 2016 gegründet. Die rechten Mitglieder waren vorwiegend aktive oder ehemalige Soldat:innen und Reservist:innen der Elite-Einheit der Bundeswehr, dem Kommando Spezialkräfte (KSK). Ziel war die Vorbereitung auf den sogenannten „Tag X“, dem Tag einer faschistischen Machtübernahme. Das Netzwerk arbeitete drauf hin, dass, wenn dieser Tag X kommen würde, die Mitglieder als eine Art „Schattenarme“ eingreifen könnten.
Dabei wurde eine äußere wie innere Bedrohung propagiert, die das gewaltsame Eingreifen der Schattenarme erfordern würde. Erst durch Eingriff der Uniter-Truppen könne der deutsche Staat in einer solchen Situation die Kontrolle zurückerlangen. Zugleich war die Destabilisierung der herrschenden politischen Ordnung in Deutschland erklärtes Ziel einiger Mitglieder. Es gab auffällig viele Überschneidungen zwischen Uniter e.V. und dem Kreuz-Netzwerk, ein Netzwerk, bei dem in den vergangenen Jahren einige Teile als rechtsterroristische Gruppen aufgedeckt wurden.
Zum Uniter e.V. zählten rund 1.800 Personen. Es ist bekannt, dass ein Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg einer der Mitgründer war und selbst auch im Vorstand saß. Auch der Rechtsterrorist Franco A., der unter einer gefälschten Identität eines syrischen Geflüchteten einen Anschlag in Deutschland geplant hatte, nahm an Treffen des Vereins teil.
Schon damals war ein ehemaliger Kommando-Soldat, der auch unter seinem Pseudonym „Hannibal“ bekannt ist, eine führende Figur. Unter anderem trainierte er zahlreiche Polizist:innen und aktive oder ehemalige Soldat:innen im Umgang mit Waffen. Im Jahr 2020 löste sich der Verein Uniter e.V. schließlich auf. Doch die ehemaligen Mitglieder sind heute scheinbar alles andere als untätig.
Ex-KSK-Soldat „Hannibal“ kommt mit Geldstrafe davon – und legt noch Einspruch ein
Rechter Terror unter dem Mantel eines Online-Versandhandels
Denn nach Recherchen von Report Mainz agieren Teile der alten Strukturen von Uniter unter dem Deckmantel eines Online-Versandhandel für Kaffee weiter. Es wird mit „starkem Kaffee für echte Helden“ geworben, und es werden lang haltbare Lebensmittel, Alkohol, Outdoor-Equipment und Webseminare angeboten.
Für 250 Euro kann man beispielsweise das dreitägige Online-Live-Seminar „Practitioner in Neuro-Cognitive and Linguistic Intelligence“ buchen, das sich laut Webseite an alle richtet, „die in einer zunehmend manipulativen Welt geistig überlegen sein möchten“. Das Programm böte die Chance, die: „Fähigkeiten in der kognitiven Kriegsführung, Lügenerkennung und Propagandaanalyse zu perfektionieren“.
Die Recherchen haben ergeben, dass unter dem Deckmantel der militaristisch anmutenden Kaffee-Marke die Strukturen des Uniter e.V. stecken. Die Personen, die früher zum Verein gehörten, führten ihren Aufbau von Schattenstrukturen heute in den Strukturen des Online-Gewerbes fort. Zudem soll „Hannibal“ immer noch der Kopf des Netzwerks sein, der neben dem Online-Gewerbe auch als Mediator, Profiler und „Experte für Krisenmanagement“ sein Geld verdient. In „Community Calls“ wird von Hannibal zudem die ideologische Linie verbreitet.
Die Vorstellungen über die drohenden Zukunftsszenerien reichen von flächendeckenden Stromausfällen bis zu radikalen „Schläfern“, die sich schon heute in der BRD befänden und nur auf ein Befehl des türkischen Staatschef Erdoğan warten würden, um Deutschland zu destabilisieren und in apokalyptische Zustände zu versetzen. Um diese Weltuntergangsfantasien abzuwehren, sollen sich die Mitglieder bewaffnen.
Das sieht beispielsweise folgendermaßen aus: „Ob es die Axt, die Machete oder die Armbrust ist, du musst halt irgendwas zu Hause haben, um dich und deine Familie verteidigen zu können“. Zudem lernen die Community-Mitglieder auch, wie man sich mit bloßen Händen verteidigt. Sie lernen beispielsweise, wie man Polizist:innen entwaffnet oder verletzt. Die Gruppe ist so bekannt und hat eine solche Qualität, dass selbst der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter forderte, die Gruppe im Blick zu behalten und ein Verbot zu prüfen.
Wie erfolgversprechend die Bekämpfung der „Kaffee”-Strukturen durch den Verfassungsschutz im Endeffekt sein wird, ist fraglich. Denn schließlich wurde der Vorgänger der faschistischen Kaffee-Truppe, der Uniter e.V., durch Personal des Verfassungsschutz mit aufgebaut.
Erfolgreich vertuscht: wie der Staat die rechte Schattenarmee freispricht