Die BVG und Verdi haben sich nach monatelangen Verhandlungen geeinigt. Was war Verhandlungsgegenstand, was wurde für die Arbeiter:innen erkämpft und was blieb auf der Strecke? Perspektive lässt die BVG-Beschäftigte zu Wort kommen.
Seit Januar verhandeln die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die Gewerkschaft Verdi über Lohnsteigerungen. Nun kam es am vergangenen Donnerstag zur Einigung über einen neuen Entgelttarifvertrag für 16.000 Mitarbeiter:innen. Lediglich die Gremien der beiden Parteien müssen dieser Einigung noch zustimmen.
Die Mitgliederbefragung von Verdi soll in den nächsten Tagen beginnen und bis zum 28. April laufen. Wenn mehr als 25 Prozent der Mitglieder dem Verhandlungsergebnis zustimmen, wäre der Tarifstreik endgültig beendet. Die Zustimmung der Mitglieder:innen wird generell als wahrscheinlich eingeschätzt, da sich die Tarifkommission der Gewerkschaft für die Annahme des Abschlusses ausgesprochen hat. Auch wenn ihnen dies nach eigenen Aussagen schwer gefallen sei.
Im März sah es noch ganz anders aus, denn zu diesem Zeitpunkt erklärte Verdi die Verhandlung als gescheitert. Daher wurde eine Schlichtung in Gang gesetzt. Die Einigung auf das nun vorliegende Ergebnis, ist also auf ein Schlichtungs-Kompromiss zurück zu führen, der von dem früheren Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD, Brandenburg) und Bodo Ramelow (Linke, Thüringen) angeleitet wurde.
Die Verhandlungen drehten sich vor allem um die ursprüngliche Forderung von Verdi, die Grundgehälter um 750 Euro zu erhöhen und das bei einer Laufzeit von genau einem Jahr.
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Was bleibt nach der Verhandlung für die Arbeiter:innen übrig?
Am Ende der Verhandlungen ist davon lediglich eine monatliche Lohnsteigerung von 430 Euro übrig geblieben und zwar bei einer Laufzeit von zwei Jahren (rückwirkend ab Januar 2025). Zunächst erhält die BVG-Belegschaft im Mai diesen Jahres eine Einmalzahlung von 1.500 Euro.
Die Lohnsteigerung von 430 Euro ist allerdings nicht schon morgen auf dem Konto der Belegschaft. Ab dem ersten Juni 2025 gibt es eine Lohnsteigerung von 380 Euro für alle Arbeiter:innen und dann am ersten Juni 2026 kommen nochmal 50 Euro dazu. So kommt man auf die erwähnten 430 Euro. Zulagen und Weihnachtsgeld werden ebenfalls erhöht, allerdings kamen in diesem Bereich im Vergleich zum letzten Verhandlungsabschluss keine Erhöhungen dazu.
Sollten die Mitglieder von Verdi diesen Verhandlungsabschluss annehmen dann tritt eine sogenannten Friedenspflicht bis Ende diesen Jahres in Kraft, die weitere Streiks verbietet.
Ende 2025 läuft dann der Manteltarifvertrag aus, der Anfang 2024 zwischen BVG und Verdi vereinbart wurde. Ein Manteltarifvertrag unterscheidet sich von einem Entgelttarifvertrag hauptsächlich darin, dass nicht das Gehalt, sondern die Arbeitsbedingungen verhandelt werden.
BVG und Verdi sind zufrieden mit den Ergebnissen…
Jenny Zeller-Grothe aus dem Personalvorstand der BVG äußerte sich sehr positiv über die Verhandlungsergebnisse. Sie sprach von einem „nachhaltigem Kompromiss“, der nach hartem Ringen erzielt wurde und für alle Seiten gut sei.
Ähnlich positiv äußerte sich auch der Verhandlungsführer von Verdi, Jeremy Arndt. Er sprach von einem Ergebnis, dass die Stärke und Entschlossenheit der Gewerkschaft in den letzten Monaten ausdrücke. Im Vergleich zu anderen Tarifabschlüssen in diesem Jahr, liege Verdi deutlich darüber. Die Verkehrssenatorin in Berlin Ute Bonde von der CDU, sprach von einer guten Nachricht für die Beschäftigten in Berlin.
Die Euphorie der beiden Verhandlungsführer:innen und der Politikerin teilte Sven Globig von der Verdi-Tarifkommission, allerdings nicht. Ihm sei die Entscheidung, die Annahme zu empfehlen, schwergefallen. Er sagte: „In der Öffentlichkeit hören wir derzeit viel darüber, dass wir uns über diese hohen Steigerungen freuen sollen. Fakt ist jedoch, dass wir mit diesem Abschluss lediglich das ausgleichen, was wir in den letzten Jahren verloren haben“.
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…doch was sagen die Arbeiter:innen?
Perspektive-Online hat mit mehreren Arbeiter:innen die von den Verhandlungen betroffen sind gesprochen. Eine Angestellte der BVG bezeichnete das Verhandlungsergebnis als „schrecklich“, weiter sagte sie, dass leider nur ein viertel der Mitglieder:innen von Verdi zustimmen müssten und Verdi dies auch empfiehlt.
Ein anderer Kollege sprach von einem Schritt in die richtige Richtung. Doch er fügte hinzu, dass sich bis auf das Gehalt nicht viel geändert habe. „Die Zulagen sind ja im Gegensatz zu den alten Angeboten gleich geblieben.“ Dass im Juni 2026 der Lohn nochmal um 50 Euro erhöht wird, bezeichnete er als „Augenwischerei“. Zudem sagte er, dass er bezweifle, ob dieses Angebot die Personalprobleme lösen könne.
Ein dritter Arbeiter der BVG drückte seinen Frust über das Verhandlungsergebnis folgendermaßen aus: „Wie immer klingt es ganz fabelhaft was die BVG kommuniziert. Aber es ist eben auch nur ganz ‚fabelhaft‘, fast wie in einem Märchen, bei der die BVG aber die böse Fee ist.“ Weiter spricht er darüber, dass sich seit dem letzten Angebot nicht viel geändert habe. Für ihn sei es nicht zu verstehen, weshalb die Erhöhung der Gehälter erst ab Juni in Kraft treten wird. Denn die Einmalzahlung gleiche das nicht aus.
Weiter sagte er: „Ich hatte mir zumindest den Inflationsausgleich seit dem letzten Tarifvertrag und die für die nächsten zwei Jahre erhofft. Aber das es jetzt mehr geben soll ist brutto. Die Inflation ist immer netto. Leider ist unser Reallohn seit der Ausgliederung in einen privatwirtschaftlich geführten Landesbetrieb immer weiter gesunken. Und es hört einfach nicht auf. Mir ist sehr wohl bewusst, dass manches auch aus Steuergeldern finanziert wird, aber wir sind auch Arbeitnehmer die von ihrer Hände Arbeit leben müssen. Na mal sehen, ob die Kollegen einknicken.“