Marine Le Pen und einige Parteikollegen haben sich der Veruntreuung schuldig gemacht, entschied am Montag ein französisches Gericht. Sie darf nun nicht mehr für die Präsidentschaftswahl 2027 in Frankreich kandidieren.
Am Montag hat ein Pariser Gericht Marine Le Pen wegen der Veruntreuung von EU-Geldern schuldig gesprochen. Le Pen ist französische Politikerin und Fraktionschefin der rechtsnationalen Partei Rassemblement National (RN).
In der Zeit als EU-Abgeordnete hat sie demnach jahrelang EU-Gelder genutzt, um Mitarbeiter:innen zu bezahlen. Soweit übliche Praxis. Jedoch hat das Gericht nun geurteilt, dass diese Mitarbeiter:innen nicht im Rahmen des EU-Parlaments arbeiteten, sondern vielmehr für die Partei RN. Unter anderem habe Le Pen EU-Parlamentsassistent:innen eingestellt, die tatsächlich als Personenschützer:innen und persönliche Assistent:innen arbeiteten. Für solche Arbeiten EU-Gelder zu nutzen, verstößt gegen EU-Vorschriften.
Verurteilung mit einem politischen Hintergrund?
Das Gericht verhängte nun eine Strafe, bestehend aus zwei Jahren Haft durch das Tragen einer elektronischen Fußfessel, sowie zwei weiteren Jahren Haft zur Bewährung und einer Geldstrafe von 100.000 Euro. Außerdem darf Le Pen bis 2030 nicht für ein politisches Amt in Frankreich kandidieren. Dies trifft besonders die französische Präsidentschaftswahl im Jahr 2027. Ihren derzeitigen Sitz im französischen Parlament darf sie jedoch bis zur nächsten Wahlperiode behalten.
Des Weiteren wurden acht weitere frühere EU-Abgeordnete der RN verurteilt, außerdem zwölf damalige EU-Parlamentsassistent:innen. Ebenfalls wurde der Partei selbst eine Geldstrafe von zwei Millionen Euro auferlegt.
Le Pen und ihre Mitangeklagten bekennen ihre Schuld nicht. Le Pen wirft ihrer Verurteilung einen politischen Hintergrund vor. Sie sagte bereits zur Anklageschrift: „Es ist mein politischer Tod, der gefordert wird mit vorläufiger Vollstreckung, und das ist, glaube ich, von Anfang an das Ziel dieser Operation.“ Le Pen wird gegen das Urteil Berufung einlegen, der Entzug des passiven Wahlrechts gilt vorerst trotzdem.
Die Vorsitzende Richterin Bénédicte de Perthuis betonte hingegen bei der Verurteilung Le Pens, dass der Schuldspruch in keinster Form politisch motiviert sei. Zudem sei der temporäre Entzug des passiven Wahlrechts eine übliche Strafe für Politiker:innen, die wegen Korruption und Veruntreuung verurteilt werden.
Die Zukunft des Rassemblement National
In Umfragen zur Präsidentschaftswahl lag Le Pen zuletzt deutlich vorn. Für die Wahl selbst standen ihre Chancen dementsprechend sehr gut, besonders vor dem Hintergrund des steigenden Rechtsrucks in Europa.
Die Partei RN muss für die Wahlen 2027 nun strategisch und personell umplanen. Dies gestaltet sich schwer, weil Le Pen als Gesicht der Partei stets im Vordergrund stand. Sie hat den Faschismus in Frankreich neu erschaffen und zum politischen Mainstream gemacht.
Wahlen in Frankreich: RN rückt näher an Regierungsverantwortung
Nun wird der derzeitige RN-Vorsitzende Jordan Bardella als möglicher Ersatzkandidat gehandelt. Der 29-jährige wurde 2022 zum Nachfolger Marine Le Pens in der Führung der Partei und ist damit der erste Parteivorsitzende, der nicht der Familie Le Pen angehört und das Amt mehr als nur kommissarisch innehat.
Unklare politische Situation in Frankreich
Dieses Urteil verändert die politische Situation und den Rechtsruck in Frankreich. Nichts desto Trotz ist es unwahrscheinlich, dass Justizinstanzen den Faschismus endgültig werden stoppen können. Dies ist auch dem RN bewusst. Entsprechend äußert sich Sébastien Chenu, der Parteivize des RN: „Unsere Ideen sind größer als wir Menschen, die sie vertreten.“
Trotzdem bedeutet die Verurteilung für die faschistische Partei natürlich einen herben Rückschlag, von dem die Konkurrent:innen profitieren dürften. Ob sie dies jedoch in einen Gewinn bei den kommenden Präsidentschaftswahlen umwandeln können, bleibt abzuwarten. Zum einen finden diese erst in zwei Jahren statt, was RN noch reichlich Zeit gibt, eine:n Ersatzkandidat:in aufzubauen, zum anderen lag zuletzt auch Bardella bei Umfragen vorn – zumindest unter der Annahme, dass alle Parteien einen eigenen Präsidentschaftskandidaten oder eine Kandidatin stellen.