Am Donnerstag fand im Südosten Leipzigs eine Demonstration gegen die anhaltende Präsenz faschistischer Kräfte statt. Aufgerufen hatten unter anderem sozialistische Jugendgruppen sowie in Lößnig wohnende Studierende, die sich mehr und mehr mit rechten Bedrohungen konfrontiert sehen. Die Organisator:innen werten die Aktion als Erfolg aus.
Trotz der geographischen Nähe zum linken Szeneviertel Connewitz gilt das Leipziger Plattenbauviertel Lößnig als Hochburg der AfD und rechten Hooligans. Hier befinden sich auch mehrere Studentenwohnheime, in denen etwa 900 Personen wohnen, von denen viele aus dem Ausland stammen. Die Wohnheime in der Johannes-R.-Becher-Straße waren in den letzten Monaten mehrfach den Angriffen von rechtsradikalen Jugendlichen ausgesetzt.
Hierbei wurden internationale Studenten rassistisch beleidigt und bedroht, zudem fand ein misslungener Versuch statt, sich Zugang zu einem der Gebäude zu verschaffen. Als Reaktion auf diese Gewalt bildete sich ein studentisches Bündnis, das der faschistischen Präsenz in Lößnig den Kampf ansagte. Den Höhepunkt dieser Bemühungen stellte eine Demonstration unter dem Motto „Gegen Armut und Faschismus“ am vergangenen Donnerstagabend dar.
Gegen Nazis und Kapital
Um 17 Uhr versammelten sich ungefähr 250 Demonstranten am Moritzhof in Lößnig. Die Atmosphäre war hier zunächst – bis auf vereinzelte Pöbeleien von Außenstehenden – weitestgehend ruhig. In mehreren Redebeiträgen erklärten Mitglieder von sozialistischen Jugendorganisationen wie Young Struggle und dem Studierendenkollektiv, dass sich der antifaschistische Kampf nicht nur auf Aktionen gegen Nazis konzentrieren dürfe, sondern der Kapitalismus und der bürgerliche Klassenstaat ebenso abzulehnen seien.
Verwiesen wurde als Beispiel unter anderem auf die mutmaßliche Mittäterschaft des Verfassungsschutzes bei den NSU-Morden, rechte Netzwerke bei Polizei und Bundeswehr sowie die zahlreichen Asylrechtsverschärfungen der letzten Monate. Nach den ersten Redebeiträgen setzte sich der Demozug das erste Mal in Gang. Bei einem Rundgang durch Lößnig wurde in Sprechchören die Forderung „Mieten runter, Löhne rauf“ aufgestellt.
Die sozialen Missstände in Lößnig und der Umgebung standen über den Abend verteilt ohnehin immer wieder im Vordergrund. So sei die große Perspektivlosigkeit der Jugend in derartigen Plattenbauvierteln auch ein Grund dafür, dass die Faschist:innen eine einfache, scheinbare „Alternative“ bieten können. Die Teilnehmer:innen der Demo stellten jedoch immer wieder heraus, dass eine Antwort auf explodierende Mieten und steigende Lebensmittelpreise nur von Links kommen kann.
Trotz Provokationen von Rechts – Demo wird als Erfolg gewertet
Anschließend fand am Moritzhof wieder eine Zwischenkundgebung statt. Nun kam es zu den ersten Auseinandersetzungen mit Faschisten am Rand der Demonstration. Beide Seiten tauschten Beschimpfungen aus. Eine Person zeigte einen strafbaren Hitlergruß und wurde „mangels Beweisen“ dafür nicht von der Polizei belangt. Am auffälligsten war jedoch eine Gruppe von Kindern, die stolz mit der deutschen Nationalflagge posierten und Teilnehmer:innen der Versammlung beleidigten. Daraufhin wurde das schwarz-rot-goldene Banner von entschlossenen Demonstranten entwendet. Die Polizei nahm die beteiligten Personen daraufhin vorübergehend fest.
Im Anschluss begab sich die Demo auf das letzte Teilstück ihrer Route. Im nördlich von Lößnig gelegenen Marienbrunn fand die Abschlusskundgebung der Demo statt. Durch die koordinierte Abreise in Gruppen konnten weitere Zusammenstöße mit den Faschisten vermieden werden.
Alles in allem werten die Organisator:innen der Demo diese Demonstration als gelungen aus: So haben auch soziale Probleme an dem Abend eine wichtige Rolle gespielt, da ebenso Bewohner:innen des Viertels an der Planung beteiligt waren. Außerdem sei es Antifaschist:innen seit langem wieder gelungen, auch am Stadtrand ein wirksames und ansprechendes Zeichen gegen die Ausbreitung des Faschismus zu setzen.