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Angehender Grönland-Raub: Imperialismus kennt keine Freunde

Der jüngste Besuch von US-Vize Vance in Grönland bekräftigte nochmals die Annektionsforderungen der USA gegenüber der Region. Ein Wandel in der Außenpolitik der USA ist auch an anderen Stellen sichtbar und zeigt: geht es um Rohstoffe und Einfluss, kennt man keine Freunde. – Ein Kommentar von Mathias Goeter.

Am 28. März besuchten der US-amerikanische Vizepräsident J.D. Vance, Sicherheitsberater Mike Waltz und Energieminister Chris Wright den Pituffik-Militärstützpunkt der US-Armee in Grönland. Zuvor war das Verhältnis der Länder nach US-Präsident Trumps Ankündigungen, sich Grönland einverleiben zu wollen, zusehends kühler geworden.

Grönland ist eine Halbkolonie Dänemarks: einerseits wird die gesamte Außen- und Verteidigungspolitik von Dänemark bestimmt, was das arktische Land weitgehend abhängig macht. Zugleich hat es mittlerweile auch weitgehende Autonomie-Rechte nach innen, es gibt zudem relativ breite Unabhängigkeitsbestrebungen. Zugleich bedeutet das jedoch nicht zwangsläufig eine Annäherung an die USA. So spricht sich eine eindeutige Mehrheit der Bevölkerung gegen eine Übernahme durch die USA aus und auch der jüngst gewählte Regierungschef Grönlands Jens-Frederik Nielsen kommentierte den Besuch mit klaren Worten: „Lassen Sie mich das klar sagen: Die USA bekommen Grönland nicht. Wir gehören niemand anderem. Wir bestimmen selbst über unsere Zukunft.“

Vance selbst bekräftigte in einer Rede auf dem Stützpunkt, die er während dem Besuch hielt, erneut die Bestrebungen der USA, Grönland zu übernehmen. Woher kommen diese offen erklärten Absichten, Grönland zu rauben?

Eindeutige Interessen

Hauptsächlicher Grund für die Annektionspläne sind knallharte Interessen des US-amerikanischen Imperialismus:

  • Unter Grönland werden enorme Rohstoffvorkommen vermutet, die durch das Abschmelzen des Polareises leichter zugänglich werden.
  • Ebenfalls öffnen sich dadurch neue Schifffahrtsrouten und potentielle Angriffswege in einer Konfrontation mit Russland. Aufgrund eines schmelzenden Polareises wird das arktische Polarmeer zugänglicher und somit militärisch bedeutender.
  • Zudem liegt Grönland auf dem direkten Weg von Raketen, die aus der nördlichen Hemisphäre in Richtung USA fliegen. Damit spielt es für die Verteidigung der USA eine strategische Bedeutung und auf dem Pituffik-Stützpunkt ist ein Standort des Frühwarnsystems untergebracht.
  • Gleichzeitig gilt das gleiche für Raketen in die andere Richtung und so planen die USA bereits einen Ausbau ihrer Militärpräsenz in Grönland und der gesamten Arktis.

Die Neuaufteilung der Welt wird forciert

Diese Politik der USA gegenüber Grönland steht dabei nicht alleine und ist bezeichnend für einen Wandel, der sich mit der Trump-Administration vollzogen hat.

Mit der Entwicklung einer multipolaren imperialistischen Ordnung und der mit ihr einhergehenden Zuspitzung zwischenimperialistischer Widersprüche und Konkurrenz gerät die aktuelle globale Hegemonie der USA ins Wanken. Insbesondere China, als mittlerweile größte Volkswirtschaft mit wachsenden politischen Einfluss auf der Welt und immer mehr Investitionen in andere Länder, wird zum Konkurrenten. Gleichzeitig ist auch Russland auf dem eurasischen Kontinent noch nicht abgeschrieben und weitere Länder wie Indien, Südafrika oder Brasilien verfolgen einen Kurs der stärkeren Unabhängigkeit.

In dieser Vorphase der Auseinandersetzung um eine kriegerische Neuaufteilung der Welt und dem Kampf um Einflusssphären und Ressourcen handeln die USA noch aus einer Position der Stärke. Sie versuchen, die Konkurrenz zu verschärfen, um aus dem Aufbrechen von Widersprüchen zu profitieren, solange sie noch eine hegemoniale Stellung innehalten.

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Kanada als Vorhof der USA

In diesem Kontext stehen auch die Forderungen, dass Kanada ein Bundesstaat der USA wird oder das teils aggressive Vorgehen gegen mittel- und südamerikanische Staaten bei der Abschiebung von Menschen aus den USA oder das Aufstellen von Strafzöllen. Vorläufiger Höhepunkt stellte die Androhung der militärischen Annektion des Panama-Kanals dar, um ihn wieder unter die Kontrolle der USA zu bekommen.

1989 hatte sich Panama nach einem kurzen Krieg und Einmarsch US-amerikanischer Truppen die Kontrolle über dieses für den globalen Handel wichtiges Nadelöhr gesichert. In der Zwischenzeit investierte China in das Land, Panama sollte Teil des Projektes „Neue Seidenstraße“, mit dem sich China die Kontrolle über Infrastruktur weltweit sichern will. Häfen auf beiden Seiten des Kanals werden von einer Firma aus Hongkong kontrolliert.

Nach dem Druck aus den USA stieg Panama aus dem Seidenstraßen-Projekt aus und plant aktuell die faktische Enteignung der Häfen des Kanals und deren Übergabe an US-Firmen.

Damit möchten sich die USA ihre Stellung in Süd- und Nordamerika sichern. Im Falle einer militärischen Konfrontation ist das von strategischer Bedeutung, da die USA ansonsten nur von Ozean umgeben sind, was einen Landangriff quasi verunmöglicht.

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Hegemonie des US-Dollar

Mit ähnlicher Härte drohte Trump Maßnahmen und Sanktionen gegen alle Länder an, die vorhaben, den US-Dollar als weltweites Zahlungssystems abzulösen und neben der von ihnen kontrollieren Weltbank und des globalen Zahlungssystem, eigene Systeme und Weltbanken in eigenen Währungen einzuführen.

Damit wäre die Abhängigkeit von den USA und deren Währung, die gleichzeitig den Bankrott der USA faktisch verhindert, durchbrochen. Aus dem BRICS-Bündnis gab es zuletzt Bestrebungen, genau dies zu tun, und es wurden bereits in den vergangenen Jahren Teile des bilateralen Handels in eigenen Währungen getätigt. Noch ist dies jedoch Zukunftsmusik.

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Man ist sich selbst am nächsten

Am Beispiel Grönland zeigt sich: Geht es darum, in der sich verschärfenden Konkurrenz die eigenen Interessen durchzusetzen, gibt es im Imperialismus keine „Freunde“. Alle Länder stehen dabei sowohl in einem Konkurrenzverhältnis zueinander, was auch die Bestrebungen Deutschlands nach mehr Unabhängigkeit gegenüber den USA zeigen. Sie haben jedoch auch gemeinsame Interessen und gegenseitige Abhängigkeiten, die sich in unterschiedlichen Machtblöcken – USA-NATO, China, Russland – zeigen, die global um ihre Vormachtstellung kämpfen.

Je weiter sich die Krise zuspitzen wird, desto offener wird die Konkurrenz zu Tage treten und desto rücksichtsloser werden die eigenen Interessen – auch gegenüber vermeintlichen Verbündeten – durchgesetzt, wie es die USA aktuell in Grönland oder gegenüber Kanada tun.

Dies bringt das Potenzial mit sich, dass bisherige Bündnisse zerbrechen oder ausgehöhlt werden. Sollten die USA tatsächlich Grönland vollständig annektieren, würde etwa die NATO massiven Schaden nehmen. Die Zeit der offenen Konfrontationen hat also begonnen und die Zukunft wird größere Veränderungen mit sich bringen.

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