In einem historischen Gerichtsurteil gab das Oberste Gericht in Großbritannien bekannt, dass aus juristischer Sicht trans Frauen keine Frauen seien. Laut dem Gericht werden nur „biologische Frauen“ als Frauen anerkannt. Am Wochenende gab es daraufhin große Proteste in Großbritannien.
Letzten Mittwoch sprach das Oberste Gericht in Großbritannien, der Supreme Court, ein historisches Urteil: Der in dem Equality Act verwendete Begriff „Frau” beziehe sich nur auf „biologische Frauen“ und nur das biologische, nicht das soziale Geschlecht sei entscheidend. Der Equality Act sieht unter anderem verschiedene Schutz- und Antidiskriminierungsmaßnahmen für Frauen vor.
Zentral in der Debatte war die Frage, ob trans Frauen, die ein sogenanntes „Gender Recognition Certificate” (GRC) haben, unter dem Equality Act als Frauen zählen. Durch das Zertifikat ist es in Großbritannien möglich, offiziell sein Geschlecht zu ändern. Die Erhaltung dieses Zertifikates ist aber mit vielen Hürden wie medizinischen und psychologischen Untersuchungen verbunden. Laut der britischen Regierung hatten 2018 nur knapp 5.000 von den geschätzten 200.000 bis 500.000 trans Menschen in dem Vereinigten Königreich ein solches Zertifikat.
Das Gericht hat nun entschieden, dass selbst dieses Zertifikat für trans Frauen nicht ausreicht, um unter dem Equality Act als Frau angesehen zu werden und die für Frauen vorgesehenen Schutzmaßnahmen zu erhalten. Nur das „biologische Geschlecht“ soll dabei eine Rolle spielen, also das bei der Geburt zugeteilte Geschlecht. Auch wenn sich dieses Urteil erst einmal nur auf den Begriff „Frau” in dem Equality Act bezieht, ist dieses Urteil natürlich ein wichtiger Präzedenzfall. Viele spätere Urteile zu dem Thema werden sich darauf berufen oder ähnlich urteilen.
Auswirkungen auf trans Frauen
Es ist nicht vorhersehbar, wie groß die Folgen dieses Urteils genau seien werden, aber eines steht fest: Das Leben für trans Frauen wird noch schwieriger werden als zuvor. Trans Frauen können von nun an von verschiedenen Gruppen und geschlechtsspezifischen Orten ausgeschlossen werden. Darunter fallen: Umkleidkabinen, Obdachlosenunterkünfte, Schwimmbäder sowie medizinische und andere Dienstleistungen, die nur für Frauen bestimmt sind.
Ebenso bestärkt dieses Urteil die schon jetzt sehr weit verbreitete Transphobie. Das Urteil impliziert, dass trans Frauen eine Gefahr für „biologische Frauen“ sind und dadurch aus Schutzräumen herausgehalten werden müssen. Das verstärkt transfeindliche Vorurteile.
Dadurch könnte auch die Gewalt an trans Personen noch einmal zunehmen: In Großbritannien sind die Fälle der transfeindlichen Gewalt zwischen 2020 und 2024 von 2.799 auf 4.780 gestiegen. Im Jahr 2023 gab es einen internationalen Aufschrei, nachdem die trans Frau Brianna Ghey in Großbritannien ermordet wurde.
Urteil zu transfeindlicher Gewalt: „Brianna war kein Einzelfall – Widerstand überall“
Dieser Angriff auf trans Menschen wurde jedoch nicht einfach still hingenommen. Letzten Samstag gingen tausende Menschen in London vor das Parlament, um gegen das Urteil zu protestieren. Auch im schottischen Edinburgh gab es Versammlungen für die Rechte von trans Personen, da hier der Rechtsstreit überhaupt seinen Ursprung nahm.
Transfeindlichkeit international im Aufschwung
Das Urteil reiht sich ein in eine Reihe von transfeindlicher Legislation und Gerichtsurteilen international. In Ungarn wurde zum Beispiel erst neulich durch eine Verfassungsänderung die binäre Geschlechterordnung in der Verfassung festgeschrieben, die Pride-Paraden wurden gleichzeitig verboten.
Verfassungsänderung in Ungarn – Proteste gegen Pride-Verbot halten an
Auch in den USA gab es Anfang des Jahres ein Dekret von Präsident Donald Trump, das trans Personen ihre Existenz abspricht und Behörden dazu auffordert, nur noch von „sex“ und nicht mehr von „gender“ zu sprechen. In Deutschland sieht es nicht viel besser aus: In dem Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU ist die Rede davon, das erst neulich erkämpfte Selbstbestimmungsgesetz noch einmal „evaluieren“ zu wollen – die Union strebt hierbei vor allem eine Abschaffung wichtiger LGBTI+-Rechte an.