In Rom haben die USA und der Iran erneut über das Atomprogramm verhandelt. Hinter den Kulissen mischen auch Israel und Russland mit. Trotz „konstruktiver“ Gespräche bleiben zentrale Fragen ungelöst – und Trumps militärische Drohungen eine akute Gefahr.
Die zweite Runde der Atomverhandlungen zwischen den USA und dem Iran ist am 19. April in Rom zu Ende gegangen. Offiziell war von „konstruktiven“ Gesprächen die Rede – ähnlich wie eine Woche zuvor bei dem Treffen in Oman. In den Wochen zuvor hatte US-Präsident Trump mit militärischen Angriffen gedroht, sollte der Iran nicht an den Verhandlungstisch kommen.
Grund für die aktuellen Verhandlungen sind Fortschritte des Iran in der Anreicherung von Uran. Im Herbst 2024 berichtete die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), dass der Iran über 182,3 Kilogramm auf bis zu 60 % angereichertem Uran verfügt. Mittlerweile sollen es 274,8 Kilogramm sein. Das könnte – bei einer Anreicherung auf 90 % – für sechs Atombomben reichen.
Hinzu kommen die geostrategischen Pläne des neuen US-Präsidenten. Trump war 2018 in seiner ersten Amtszeit aus dem Atomabkommen ausgestiegen. Nun will er mit anderen Mitteln als Biden den Einfluss der USA in Westasien stabilisieren – einerseits mit harten militärischen Drohungen, andererseits mit Kompromissbereitschaft in den Verhandlungen. Für die USA sitzt der milliardenschwere Immobilienunternehmer Steve Witkoff am Verhandlungstisch.
Regionale Machtkämpfe
Der iranische Außenminister Abbas Araghchi hatte vor den Gesprächen in Rom den russischen Präsidenten Wladimir Putin als auch den russischen Außenminister Sergej Lawrow in Moskau getroffen. Von Russland erwarte er eine „unterstützende“ Rolle bei einer möglichen neuen Vereinbarung. Auch US-Verhandlungsführer Witkoff hatte zuletzt Putin getroffen um über ein Friedensabkommen in der Ukraine zu verhandeln.
Russland könnte in den Verhandlungen eine zentrale Rolle einnehmen – einerseits als Lagerort für das angereicherte Uran, andererseits als kontrollierende Instanz für Vertragsbrüche.
Die USA stehen derweil auch in engem Kontakt zu Israel. Ron Dermer, Israels Minister für strategische Angelegenheiten, und David Barnea, der Direktor des Mossad-Geheimdienstes, reisten zu einem geheimen Treffen mit Witkoff nach Paris, um vor der zweiten Verhandlungsrunde am Samstag in Rom Einfluss auf die US-Position zu nehmen.
Israel versucht die US-Regierung aktuell dazu zu drängen, sich auf eine militärische Option abzustimmen, falls die Verhandlungen scheitern. Doch Trump hatte kürzlich einen Angriffsplan Israels, der die Unterstützung der USA benötigt hätte, gestoppt.
Begrenzte Fortschritte
Wie schon beim letzten Mal fanden die Gespräche indirekt statt: Die Delegationen saßen sich nicht gegenüber, sondern in getrennten Räumen in der omanischen Botschaft in Rom. Der omanische Außenminister Badr al-Busaidi übernahm erneut die Rolle des Vermittlers und pendelte zwischen den Räumen. Araghchi hatte darauf bestanden, dass die Gespräche „indirekt“ geführt werden, währende Trump darauf beharrt hatte, dass die Gespräche „direkt“ sein sollten. Araghchi und Witkoff hatten eine Woche zuvor allerdings auch für eine dreiviertel Stunde direkt miteinander gesprochen.
Die USA fordern unter anderem, dass Teheran hochangereichertes Uran deutlich reduziert, insbesondere Material mit 60-prozentiger Anreicherung. Wie in der Vereinbarung von 2015 unter Obama ist Trump bereit, eine Anreicherung auf bis zu 3,67 % zuzulassen. Vor allem von Israel kommt jedoch Druck, die Urananreicherung vollständig zu stoppen – oder mit militärischen Schlägen zu agieren.
Ali Shamkhani, ein ranghoher Berater des obersten Führers des Iran betonte, dass die iranischen Verhandlungsführer befugt seien, ein faires Abkommen zu schließen, das jedoch Garantien gegen einen erneuten US-Ausstieg enthalten müsse. Außerdem forderte er die Aufhebung der Sanktionen, den Erhalt der iranischen Nuklearinfrastruktur und ein Ende der israelischen Drohungen. „Der Iran ist für ein ausgewogenes Abkommen gekommen, nicht zur Kapitulation“, betonte er.
Ein hochrangiger US-Beamter sprach gegenüber der Associated Press (AP) von „sehr guten Fortschritten“. Der iranische Außenminister Abbas Araghchi erklärte, dass es „gelungen ist, ein besseres Verständnis über bestimmte Prinzipien und Ziele zu erreichen“. Eine Lösung scheint jedoch nicht in greifbarer Nähe. Es gäbe „keinen Grund für übermäßigen Optimismus oder Pessimismus“, so Araghchi.
Bevor es am 26. April in die dritte Gesprächsrunde auf Ministerebene geht, sollen in den kommenden Tagen zunächst technische Fachleute beider Seiten in Oman zusammenkommen um Details zu klären. Insgesamt scheint sich die Verhandlungsdynamik zu beschleunigen.
Wirtschaftskrieg und militärische Spannungen
Ein Blick auf die wirtschaftliche Lage erklärt, warum Teheran so sehr auf Sanktionslockerungen drängt: Seit März 2024 hat die iranische Währung mehr als die Hälfte ihres Wertes verloren. Die Lebensmittelinflation hatte in den vergangenen Monaten durchschnittlich bei 100 % gelegen.
Auch geopolitisch steht der Iran unter Druck. Israel setzt die US-Regierung hinter den Kulissen auf eine härtere Linie an. Hinzu kommen die militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Huthis und den USA. Am Samstag hatten die USA einen jemenitischen Hafen bombardiert und mindestens 80 Menschen getötet.
„Jeder Schuss, der von den Huthis abgefeuert wird, wird von nun an als ein Schuss betrachtet, der unter der Führung und mit den Waffen des IRAN abgefeuert wurde. Und IRAN wird dafür verantwortlich gemacht und die Konsequenzen tragen – und diese Konsequenzen werden verheerend sein!“, schrieb Trump im März auf seiner Plattform Truth Social.
Satellitenbilder legen zudem nahe, dass der Iran seine Marine aus dem Roten Meer abgezogen hat, wo sie seit 2008 eine durchgehende Präsenz hatten. Stattdessen könnten sie ihre Schiffe in den Golf von Oman verlegen. Kurz zuvor hatten die USA ihre Präsenz im Roten Meer erhöht und zwei Flugzeugträger in die Nähe des Jemen verlegt, obwohl dies ihre Einsatzbereitschaft an anderen Stellen beeinträchtigen könnte.
Interessant ist in diesem Kontext jedoch auch der überraschende Besuch des saudischen Verteidigungsministers Khalid Bin Salman in Teheran – ein mögliches Zeichen für regionale Entspannung, auch wenn konkrete Ergebnisse ausblieben.
US-Präsident Donald Trump deutete an, dass militärische Optionen gegen den Iran weiterhin im Raum stünden. In einem Statement sagte er sinngemäß, man habe Zeit – aber wenn Diplomatie scheitere, werde es „sehr unangenehm für den Iran“. Wie viel davon Kalkül ist, bleibt offen. Sicher ist nur: Das Zeitfenster für eine Einigung wird enger.