Zeitung für Solidarität und Widerstand

Knast trifft Orchester: Solidarität mit Zaid vor der JVA Köln-Ossendorf

Am Ostersamstag veranstaltete der Solikreis „Freiheit für Zaid“ eine außergewöhnliche Kundgebung vor der JVA Köln-Ossendorf: Ein Orchester und die Familie des seit Januar inhaftierten Antifaschisten Zaid sendeten musikalische Grüße über die Knastmauern hinweg.
Nicht nur aus Köln, sondern aus ganz Deutschland waren solidarische Besucher:innen angereist. Auch Perspektive Online war vor Ort.

„Ich bin gespannt, was ihr spielen werdet, und freue mich riesig. Ich werde durchgehend am Fenster stehen und versuchen, alles zu hören. Ich bin unfassbar stolz auf euch und sehr dankbar, euch zu haben!“

Mit diesen Grußworten aus der Auslieferungshaft in der JVA-Ossendorf richtete sich der junge Antifaschist Zaid am Samstag Nachmittag an seine Orchesterkolleg:innen.
Zaid, der früher hier selbst Geige spielte, ist mittlerweile davon bedroht, vom deutschen Staat nach Ungarn ausgeliefert zu werden. Dort wird er beschuldigt, einen Naziaufmarsch in Budapest im Jahr 2023 gewaltsam gestört zu haben.

In Solidarität mit Zaid organisierten Zaids Eltern, seine früheren Orchesterkolleg:innen sowie der Solikreis Freiheit für Zaid zusammen mit solidarischen Gruppen aus Nürnberg, Leipzig, Jena und Hamburg eine Kundgebung, bei der neben kämpferischen Redebeiträgen vor allem die Musik im Vordergrund stand: Das rund 20-köpfige Orchester spielte, verstärkt über eine große Lautsprecheranlage, mehrere Stücke für Zaid – darunter unter anderem das klassische Stück „Nimrod“ von Elgar und eine – extra für Zaid von einer Freundin für das Orchester umgeschriebene – Version des Evergreens „You’ll never walk alone“.

Eltern und Angehörige richten sich an Zaid

Im Anschluss an den Auftritt des Orchesters hielten Zaids Eltern eine Ansprache: „Ich habe lange nachgedacht, was ich dir heute sagen will. Ich möchte heute für dich hier draußen deine Augen sein und dir zeigen, was ich sehe: Ich sehe viele liebevolle Gesichter, die für dich hier sind!“, wandte sich Zaids Mutter über die Knastmauern hinweg an ihren Sohn.

Und auch die Familie sendete musikalische Grüße: Zaids Schwestern trugen zusammen mit Freund:innen ein Lied mit E-Gitarrenbegleitung vor, sein Vater spielte die Oud und sang das arabische revolutionäre Stück „Shayed Qussurak“ des kommunistischen ägyptischen Sängers Sheikh Imam. In dem Lied heißt es:

„Errichtet eure Paläste auf unserem Ackerland, durch unsere Mühe und unserer Hände Arbeit, und das Gefängnis anstelle der Gärten. Und lasst eure Hunde in den Straßen los und sperrt uns in eure Zellen. Wir wissen, wer für unsere Wunden verantwortlich ist, und wir versammeln uns. Arbeiter und Bauern und Studenten, unsere Zeit ist gekommen. Wir schlagen einen Weg ein, von dem es kein Zurück gibt, und in unseren Augen steht der Sieg geschrieben.“

„Du bist nicht allein, wir stehen an deiner Seite. Wir kämpfen für das Selbstverständliche, nämlich die Verhinderung deiner Auslieferung nach Ungarn, Freiheit für dich und für alle anderen Antifas!“, grüßte eine Rednerin der Family & Friends-Initiative aus Hamburg und Kiel.
Und auch die Eltern und Angehörigen anderer Antifaschist:innen und im Budapest-Komplex angeklagten Inhaftierten hielten einen Redebeitrag, schilderten ihre Sorge um die ungewisse Zukunft der Inhaftierten und wiesen auf die schlechten Haftbedingungen Majas hin. Maja wurde vom deutschen Staat 2024 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Ungarn ausgeliefert.

„Wir wollen die Auslieferung verhindern“ – Interview mit dem Solidaritätskreis „Freiheit für Zaid“

Ein Angriff auf uns alle

Immer wieder wurden außerdem von allen Anwesenden gemeinsam Parolen angestimmt: „Free Zaid“, „Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen“ und „Ihr seid nicht allein!“ schallte es dann gut hörbar durch Köln-Ossendorf. Alle Anwesenden wurden durch verschiedene Redebeiträge weiterhin dazu eingeladen, sich an der jüngst gestarteten bundesweiten Kampagne gegen die Auslieferung von Zaid zu beteiligen und Druck auf die deutschen Behörden aufzubauen.

In einer Rede des Solikreises Freiheit für Zaid aus Köln betonten die Organisator:innen der Kundgebung zum Abschluss, dass die Orchesterkundgebung nicht nur Zaid in seiner Zelle, sondern auch allen Anwesenden Mut und Kraft schenken solle und hoffentlich könne:

„In einer Zeit, in der der Faschismus überall immer mehr an Stärke gewinnt und sich auch der deutsche Staat deutlich gegen alle stellt, die dem Faschismus Einhalt gebieten wollen, können wir aus der Standhaftigkeit von Menschen wie Zaid alle Kraft schöpfen. Lasst uns gemeinsam solidarisch sein, lasst uns gemeinsam widerständig sein und lasst uns gemeinsam weiterhin Widerstand gegen Faschismus organisieren! Lasst uns Zaids Auslieferung gemeinsam verhindern!“

Perspektive Online
Perspektive Onlinehttp://www.perspektive-online.net
Hier berichtet die Perspektive-Redaktion aktuell und unabhängig

Mehr lesen

Perspektive Online
direkt auf dein Handy!