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Massenproteste gegen Trump: Wer protestiert und für was?

Seit Wochen treibt die aggressive Politikwende unter Trump Millionen von Amerikaner:innen auf die Straße. Doch wer protestiert da eigentlich und für was? – Ein Kommentar von Luis Tetteritzsch.

Trumps Politik führt aktuell nicht nur in den Führungsebenen der Länder zu größeren Auseinandersetzungen und einer hitzigen Stimmung. Auch die eigene Bevölkerung beginnt, sich langsam gegen die verschiedenen Angriffe durch die neue Regierung zur Wehr zu setzen. Seit Wochen gehen Millionen Menschen auf die Straße und demonstrieren gegen die Vorhaben der zweiten Trump-Administration. Doch wie sehen die Proteste eigentlich aus? Wer steht da auf der Straße und gegen was wird demonstriert?

Proteste lehnen Trumps Politik ab

Ein einheitliches Programm ist nicht wirklich gegeben. Einig sind sie sich aber in einer grundlegenden Ablehnung der neuen Politik unter Trump. Dazu zählen unter anderem die aggressive Außenpolitik der Trump-Administration und die Ablehnung der von Trump formulierten Gebietsansprüche der USA auf Kanada, Grönland und die Ukraine.

Für besonders viel Aufregung haben in letzter Zeit auch die Verhaftung der türkischen internationalen Studentin Rümeysa Öztürk der Tuft University gesorgt, die von mehreren US-Beamt:innen des Ministeriums für Innere Sicherheit (DHS) Ende März auf offener Straße verhaftet und in eine Einwanderungshaftanstalt deportiert wurde. Die amerikanische Polizei- und Zollbehörde (ICE) veröffentlichte kurz nach der Kidnapping-Aktion ein Statement, in dem sie Rümeysa die Unterstützung der Hamas unterstellte. Die junge Studentin engagierte sich an ihrer Universität gegen den Krieg in Gaza und schrieb unter anderem einen Artikel in der Uni-Zeitung, in der sie die Reaktion der Hochschule auf die Proteste zum Krieg in Gaza kritisierte.

Ein weiterer polarisierender Skandal ist der aufgrund von „Verwaltungsfehlern“ ins Hochsicherheitslager in El Salvador verbannte Ábrego García. Dieser sitzt seit dem 15. März ohne Verfahren und trotz nachgewiesener „Unschuld“ weiterhin im Gefängnis. Unter anderem diese rassistische Abschiebepolitik treibt ebenfalls Tausende auf die Straßen.

Im Fokus der Proteste stehen aber vor allem die zahlreichen Angriffe auf die demokratischen Grundrechte der amerikanischen Bevölkerung und der immer offener zu Tage tretende Einfluss auf die Politik durch unermesslich Reiche wie Elon Musk. Congressman Maxwell Frost aus Florida warnt zum Beispiel vor einer „Übernahme der Regierung durch Milliardäre“.

Wer ist da auf den Straßen?

Tatsächlich mobilisieren die Proteste aktuell insgesamt Millionen Menschen zu bereits über 1.300 Versammlungen aus den verschiedensten Schichten auf die Straße: von Staatsbeamt:innen, die gegen die Stellenkürzungen durch das von Musk angeführte „Staatsverschlankungs“-Ministerium DOGE (Department of Government Efficiency) auf die Straße gehen, über Politiker:innen der Democrats, die sich einen anderen Weg für den US-Imperialismus vorstellen, hin zu besorgten Arbeiter:innen, die sich im Zuge der Preissteigerungen in den USA nach dem angeheizten Wirtschafts- und Zollkrieg kaum noch das Essen leisten können oder Kleinbürger:innen, die in besagtem Wirtschaftskrieg zwischen den Monopolen aufgerieben werden – all diese findet man auf den Straßen.

Die Spitze oder auch Führung der aktuellen Protestbewegung, die sich auf den US-amerikanischen Straßen entrollt, setzt sich dabei aus zahlreichen verschiedenen Initiativen, Organisationen, eigenen Bewegungen und politischen Parteien zusammen. Zu den vor allem in den letzten Protestwochen relevantesten Kräften zählten dabei unter anderem 50501, TeslaTakedown und die HandsOff!-Proteste.

Viele davon kommen aus der sogenannten grassroot movement (dt. „Graswurzelbewegung“), versuchen Protest von unten zu organisieren und vertreten eine reformorientierte Politik – damit nehmen sie gleichzeitig eine staatstragende Rolle ein.

50501 – kurz für 50 Proteste, 50 Bundesstaaten, 1 Bewegung -, die im April eine der größten Massendemonstrationen gegen Trump seit seiner Amtszeit organisiert hat, ist maßgeblich von den Democrats beeinflusst. So ist einer ihrer engsten Partner Political Revolution, die ihrerseits aus einer Wahlkampagne für den parteilosen – aber linken Vorzeigeblatt der Sozialdemokratie schlechthin – Bernie Sanders entstanden ist. Auffallend ist hier auch, dass viele der größeren Proteste in Städten stattfanden, wo traditionell Demokrat:innen gewählt werden.

Die TeslaTakedown-Proteste basieren hingegen auf der Initiative des Regisseurs und Schauspielers Alex Winter. Hier liegt der Fokus klar darauf, Musks stärkstem Unternehmen Tesla wirtschaftlich durch individuelle Boykottaufrufe zu schaden und darüber Musk zum Rückzug aus der Politik zu zwingen.

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Verteidigung der bürgerlichen Demokratie

Zwar ohne einheitliches Programm haben die verschiedenen Organisationen dennoch gewisse Schnittpunkte, die auch die Inhalte der Proteste trotz ihrer breiten thematischen Aufstellung stark prägen: So wird auf den Protesten immer vor allem eines betont: dass es darum gehe, die „Demokratie“ vor Trumps Vorhaben zu schützen oder – wie es 50501 formuliert – die „Konstitution aufrechtzuerhalten“.

Während also die Proteste eine relativ große Bandbreite an Themen ansprechen, münden sie meist in ein und derselben Forderung: Die Herrschaftsform der bürgerlichen Demokratie zu verteidigen. Diese ist Trump bemüht, nach und nach abzubauen, um sie durch einen für die kommenden Konflikte und Herausforderungen im internationalen Konkurrenzkampf nützlicheren autoritäreren Staatsumbau zu ersetzen.

Zwar ist die Verteidigung demokratischer Rechte ein unterstützenswertes Vorhaben. Jedoch muss klar sein, dass auch bereits vergangene Regierungen, die ihr demokratisches Gewand im Gegensatz zu Trump noch versucht haben, etwas länger aufrechtzuerhalten, Angriffe auf die amerikanische Bevölkerung durchgeführt, demokratische Rechte beschränkt und das Leben vieler schwieriger gemacht haben.

In dieser Forderung kommen also vor allem die Klasseninteressen der sozialdemokratischen Führung der Bewegung unter den Democrats zum Vorschein und nicht eine ehrliche und wirkliche Lösung für die Probleme all jener, die maßgeblich unter der Politik Trumps leiden. Fast alle der Initiativen rufen auch lediglich zu friedlichen und gewaltfreien Protesten auf. Das Motto lautet also: „Protest, ja bitte! Aber nur in dem Rahmen, den wir euch vorgeben.“

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Falsche Versprechen der Demokraten

Die aktuelle Protestbewegung ist dabei ein gefundenes Fressen für die Demokraten: Kurz nach der Ernennung Trumps zum neuen Präsident starteten die beiden – sich selbst als „demokratische Sozialist:innen“ bezeichnenden – sozialdemokratischen Politiker:innen Bernie Sanders und die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez ihre Fighting Oligarchy-Kampagne (dt. „Oligarchen bekämpfen“).

„Oligarchie oder Demokratie“ lautet die Kampfparole, die der 83-jährige Sanders und die 35-jährige Ocasio-Cortez auf ihrer Kampagnentour bei Veranstaltungen mit teils tausenden Zuschauer:innen skandieren. Sie profitieren von der breiten Antihaltung gegen Trump und können Sympathien unter der Bevölkerung sammeln.

Dabei inszenieren sie sich als Opposition zu den „bösen Machenschaften“ Trumps und den Superreichen – während sie selbst einmal die Politik unter Multimillionär Joe Biden verteidigten oder als „demokratische Sozialist:innen“ für die Einschränkung des Streikrechts für Eisenbahner:innen stimmten.

Die Bewegung und der Widerstand gegen die reaktionäre und arbeiter:innenfeindliche Politik Trumps ist mehr als notwendig. Jedoch werden weder die Restaurierung einer „demokratischeren Form“ der Herrschaft, noch die Demokraten selbst die Veränderung bringen, die es braucht.
Die USA und ihre herrschende Klasse bereiten sich darauf vor, die Weltordnung entsprechend ihrer Vorstellungen neu zu gestalten oder zumindest zu beeinflussen. Diese Entwicklung werden weder friedlicher Protest, noch eine Kamala Harris oder Bernie Sanders an der Regierungsspitze lösen. Diese Lösung müssen die Unterdrückten und Leidtragenden der kapitalistischen Krise selbst bringen.

Kommt eine neue politische Weltordnung?

Luis Tetteritzsch
Luis Tetteritzsch
Seit 2023 Autor für Perspektive Online. Schreibt gerne über die Militarisierung des deutschen Imperialismus und den Widerstand dagegen.Denn: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“

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