Seit Monaten kommt es immer wieder zu Anschlägen und Übergriffen auf linke Kulturzentren sowie Angriffen auf Einzelpersonen, und es gibt zunehmend Aufmärsche von faschistischen Gruppen. Nun wurden in Duisburg 14 Schulen mit faschistischen Schreiben bedroht und konnten nur unter Polizeischutz wieder öffnen.
Nachdem es im vergangenen Jahr schon ein Rekordhoch an rechten Straftaten gab, erreicht die Faschisierung der Gesellschaft einen neuen Höhepunkt: Am Donnerstag gab es an einem Gymnasium in Duisburg-Meiderich einen Großeinsatz der Polizei wegen faschistischer Drohschreiben. Rund 900 Schüler:innen und 70 Lehrer:innen mussten das Schulgelände verlassen.
Schon am Freitag zuvor hatte es eine Drohmail an die Gesamtschule Mitte in Duisburg gegeben – zunächst ohne große Reaktion, da die Bedrohungslage als nicht ausreichend hoch eingeschätzt wurde. Als dann sonntags weitere Drohmails folgten, in denen noch 13 weitere Schulen genannt wurden, entschloss man sich, die Schulen am Montag nicht zu öffnen. Die Bedrohungslage gelte „für alle Duisburger Sekundar- und Gesamtschulen […] – aber nicht für die Gymnasien“, so die Polizei.
Trotzdem entschieden auch mehrere Gymnasien, den Unterricht ausfallen oder nur auf Distanz stattfinden zu lassen. Die Zeit interviewte mehrere Schüler:innen, die sich trotz der Einschätzung der Polizei unsicher fühlten: „Wir hatten alle Schiss. Ich gehe auf ein Gymnasium, an dem locker 70 Prozent der Schülerinnen und Schüler Migrationshintergrund haben. Die ideale Zielscheibe für Rechtsterroristen.“
Polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet Anstieg rechter Gewalt
Diese Entwicklung passt in das Bild der vergangenen Wochen und Monate: Schon im Februar ergab eine Anfrage der Linken im Bundestag, dass die Zahl rechter Straftaten im vergangenen Jahr ein neues Rekordhoch erreicht hat: Mit 41.406 registrierten rechten Straftaten gab es 2024 mehr als je zuvor seit der ersten Erfassung durch die polizeiliche Kriminalstatistik im Jahr 2001. Die bisherige Innenministerin Nancy Faeser hatte im Frühjahr 2022 angekündigt, stärker gegen rechte Gewalt vorgehen zu wollen, trotzdem häuften sich die Gewalttaten.
Die Auswertung der Anfrage ergibt: Alle sechs Stunden begeht ein:e Faschist:in eine Gewalttat, insgesamt sind es sogar 13 Straftaten am Tag.
Dies ist ein Anstieg, den man auch an den öffentlich gewordenen Fällen der letzten Monate beobachten kann: Nachdem im Dezember ein AfD-Anhänger einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt verübte, kommt es seit Beginn des Jahres immer wieder zu Attacken und Übergriffen auf linke Räume oder migrantische Personen, Antifaschist:innen und LGBTI+-Personen: zum Beispiel am 16. Februar in Salzwedel, wo Faschist:innen ein Autonomes Zentrum angriffen. Oder kurz darauf am 1. März in Senftenberg, als 30-40 Vermummte versuchten, mit Steinen und anderen Waffen ein linkes Jugendzentrum zu stürmen – zum Glück ohne Erfolg.
Faschistischer Angriff auf Jugendzentrum Jamm in Senftenberg: „Die 90er sind zurück“
Faschistische Aufmärsche angekündigt
Doch auch auf der Straße ist ein deutlicher Anstieg faschistischer Aktivitäten zu verzeichnen: Seit Januar finden immer wieder rechte Aufmärsche statt – sei es am 12. Januar in Aachen, kurz darauf in Berlin oder im März in Essen. Für das Wochenende vom 25. April sind wieder bundesweit mehrere faschistische Aufmärsche angekündigt, zum Beispiel in Dortmund und Karlsruhe. Gerade im Ruhrgebiet ist hierbei ein deutliche Zunahme erkennbar: so planen Faschist:innnen sogar am 1. Mai einen Aufmarsch in Gelsenkirchen.
Von Berlin bis Stuttgart: Faschistische Aufmärsche treffen auf antifaschistischen Widerstand
Doch während überall die rechte Gewalt zunimmt, konzentrieren sich die Parteien – wie schon im Wahlkampf zuvor – auf das Kernthema Migration und befeuern so die aggressive Stimmung. Im neuen Koalitionsvertrag wird der Kampf gegen den Faschismus erst gar nicht erwähnt. Stattdessen werden umfassende Überwachungsmaßnahmen sowie Abschiebungen geplant.