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Wetzlar: Neo-Nazi ermordet minderjährige Ex-Freundin

Der Femizid von Wetzlar ist kein Einzelfall. Der Fall unterstreicht aber dafür umso mehr, wie eng rechtes Gedankengut mit der Gewalt gegen Frauen verwoben ist. – Ein Kommentar von Alexandra Magnolia.

Vor 15 Jahren verübte der Neonazi Francesco M. als Teil der Gruppe „Anti-Antifa Wetzlar“ einen Brandanschlag. Er wurde danach zu fast sechs Jahren Jugendhaft verurteilt. Die Kreise, in denen er sich in seiner Jugend bewegte, wurden zur gewaltbereiten Neonazi-Szene gezählt. Zum damaligen Zeitpunkt war M. aufgrund des Brandanschlags in den Schlagzeilen – heute ist er es wieder.

Diesmal, weil der nun 32-Jährige mit einer 17-Jährigen in einer Liebesbeziehung war und sie tötete. Er soll ihr am Donnerstagmorgen der vergangenen Woche mit einer Waffe auf einem Feldweg aufgelauert und auf sie geschossen haben. Scheinbar hatte sie die Beziehung einen Monat zuvor beendet.

Wie aktiv der Täter in der rechten Szene zum Zeitpunkt der Tat war, lässt sich noch nicht sagen. Allerdings war er längere Zeit nicht mehr straffällig aufgefallen. Das Gedankengut der Szene hatte er aber verinnerlicht, wie der kürzlich begangene Femizid zeigt.

Femizide häufen sich mit steigendem Rechtsruck

Dass Francesco M. die junge Frau ermordet haben soll, kurz nachdem sie sich von ihm getrennt hat, ist kein Zufall. Es ist ein Mord, hinter dem ein System steckt, ein Femizid. Ein Phänomen, was wir in letzter Zeit immer häufiger beobachten können. 2023 kam es fast jeden Tag zu einem Femizid.

Fast jeden Tag ein Femizid 2023

Frauen werden von ihren Partnern, Ex-Partnern oder Familienmitgliedern umgebracht, weil sie Entscheidungen treffen, die ihren Partnern nicht passen, weil sie „Schande über die Familie bringen“ oder sich von ihren Partnern trennen. Dahinter steht das Verständnis, dass Frauen nicht als eigenständige und freie Menschen wahrgenommen werden, sondern lediglich als Eigentum.

Tut die Frau etwas, das gegen die Vorstellungen oder Besitzansprüche des Mannes spricht, droht ihr Gewalt bis hin zur Tötung. Das Verrückte dabei: Häufig werden solche Taten unter dem Deckmantel von Liebes- oder Eifersuchtsdramen verschleiert, anstatt das patriarchale System zu erkennen, das dahintersteht.

Frauen in rechter Ideologie und Szene

Auch wenn Gewalt gegen Frauen und Femizide auch außerhalb der rechten Szene in allen politischen Spektren unserer patriarchalen Gesellschaft stattfinden, lohnt sich ein Blick auf die Rolle, die speziell in der rechten Szene der Frau zugeschrieben wird. Diese unterscheidet sich nämlich insofern von fortschrittlichen Teilen der Gesellschaft, als dass diese versuchen, das patriarchale System des Kapitalismus zurückzudrängen. Die Faschist:innen wollen das Gegenteil.

In der faschistischen Ideologie herrscht ein extrem patriarchales Frauenbild vor, das dem Volk und der Nation dienen soll. Frauen seien einerseits schwach und müssten beschützt werden, bräuchten andererseits einen Mann, um vollkommen und überlebensfähig zu sein, ist dort die gängige Denkweise. Klassischerweise gehöre die Frau in die Rolle der Hausfrau und Mutter und sichere das Überleben der Nation durch das Kindergebären.

Die AfD und ihr Frauenbild: deutsch und gebärend

Eine stille Rolle, in der sie sich dem Mann unterordnet und ihm gehorcht. Sie soll eher zu ihrem Partner aufblicken, als dass sich die Beziehung auf Augenhöhe bewegt. Nicht selten wird beim Proklamieren der Weiblichkeit eine gute Frau mit Unterwürfigkeit gleichgestellt: die Frau als Eigentum des Mannes. Um die Frau in der untergebenen Rolle zu halten, gibt es im Patriarchat vor allem ein Mittel – und das heißt Gewalt. Gewalt, die so weit geht, dass Frauen umgebracht werden, wenn man sie nicht als „sein Eigentum“ behalten kann.

Ausläufer dieser Vorstellung können wir heute im sogenannten „tradwife“ Trend beobachten, bei dem Frauen genau diese erwartete Rolle als Hausfrau und Mutter spielen. Das patriarchale Frauenbild breitet sich gemeinsam mit dem Faschismus in der Gesellschaft aus. Gleichzeitig steigt die Gewalt gegen Frauen. Beides geht also Hand in Hand.

Frauenfeindlichen (Online-)Trends den Kampf ansagen

Frauenbefreiung heißt Antifaschismus

Der Femizid in Wetzlar vereint zwei Dinge, gegen die wir als Frauen und Arbeiter:innen gemeinsam kämpfen müssen: den Faschismus und das Patriarchat. Nicht nur die letzte Woche zeigt uns, warum wir speziell gegen die Ausbreitung des Faschismus und seine blutigen Folgen kämpfen müssen.

Das Frauenbild, das sich mit dem Erstarken der rechten Szene ausbreitet, bedroht jede Frau und trans Person in ihrer Freiheit. Schon jetzt werden die möglichen Folgen für uns deutlich. Es ist an der Zeit sich zu wehren, patriarchaler Gewalt und Faschismus gemeinsam entgegenzutreten.

Frauen kämpfen gegen Kapitalismus und Patriarchat

Alexandra Magnolia
Alexandra Magnolia
Schülerin aus dem Ruhrpott und seit Oktober 2023 Korrespondentin für Perspektive. Besonders gerne schreibt sie über die Frauenrevolution, Militarisierung und die Jugend. Hobbykünstlerin und Katzenliebhaberin.

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