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Das weiße Gift – Kokain in Deutschland auf dem Vormarsch

In Deutschland steigt die Zahl der diagnostizierten Kokainabhängigen stetig an. Aufgrund eines weltweit steigenden Handels wird vom BKA vor einer „Kokain-Schwemme“ gewarnt. Doch Therapieplätze sind ohnehin knapp.

Der Konsum von Kokain hat enorm zugenommen. So stieg dieser alleine von 2018 bis 2021 um 33 Prozent. 2023 befanden sich bundesweit 65.000 Menschen aufgrund von Kokain-Abhängigkeit in Behandlung. In Sachsen-Anhalt befanden sich 2019 alleine 1050 Personen in Behandlung, 2023 stieg die Zahl auf 1690 Personen. Trotz der niedrig wirkenden Fallzahlen ist zu betonen, dass sich nur ein kleiner Bruchteil der Abhängigen in Behandlung befindet und somit die Mehrzahl der Personen nicht erfasst wird. Die tatsächliche Anzahl der Abhängigen ist weitaus höher.

Weltweiter Drogenkonsum steigt in Krisenzeiten an

Auch das Bundeskriminalamt erkennt das steigende Aufkommen von Kokain und warnt vor einer „Kokain-Schwemme“ in Deutschland. Demnach wurde 2023 eine Rekordmenge von 43 Tonnen Kokain beschlagnahmt. Das ist fast die doppelte Menge im Vergleich zum Vorjahr. Mitunter verantwortlich macht das BKA die verminderte Verfügbarkeit von Heroin.

Kokainhandel boomt

In Kolumbiens Micay Canyon boomt der Kokainhandel währenddessen wie nie zuvor. Bauern wie Cesar Rosero bauen auf fast jedem Stück Land Coca an – mit verbesserten Pflanzen die höhere Erträge liefern. Durch gelockerte Anti-Drogen-Maßnahmen, moderne Verarbeitungstechniken und starke weltweite Nachfrage erreichte die Kokainproduktion in Kolumbien ein Rekordhoch von 3.000 Tonnen jährlich.

Kriminelle Netzwerke nutzen moderne Schmuggelmethoden wie semisubmersible Boote um das Kokain bis nach Australien, Afrika und Europa zu transportieren. Obwohl die Preise für Kokain niedrig sind floriert der Handel – unterstützt durch globale Verbreitung, technologische Raffinesse und hohe Gewinne. Kolumbien versucht, mit US-Hilfe Gegenmaßnahmen zu ergreifen, doch Alternativen für die vielen coca-abhängigen Bauern fehlen oft.

Ähnlich sieht es in Ecuador aus. Dort hat sich die albanische Mafia festgesetzt und steuert einen großen Teil des Kokainexports nach Europa – obwohl Ecuador selbst kein Kokain produziert. Schmuggelwege verlaufen über Häfen, Container und sogar scheinbar legale Obstexporte. Neben Gangmitgliedern geraten auch normale Arbeiter:innen wie Lkw-Fahrer in die Spirale aus Zwang, Korruption und Gewalt.

Hamburg ist dabei zunehmend ein Zentrum des Kokainhandels in Europa. Zwischen 2018 und 2023 stiegen Kokainbeschlagnahmungen dort um 750 %. Die Drogengelder fördern zugleich die Korruption – etwa bei Polizei, Hafenmitarbeiter:innen und sogar einem Staatsanwalt, der verdächtigt wird Ermittlungen an ein Kartell verraten zu haben. Trotz verstärkter Sicherheitsmaßnahmen werden weiterhin große Mengen Kokain über Container, kleinere Häfen und versteckte Methoden wie „Parasiten-Schmuggel“ – also an der Außenseite oder in Hohlräumen von Schiffen – eingeführt.

Versorgungssystem ausgelastet

Die Anzahl an Menschen, welche sich aufgrund von akuter Vergiftung mit Kokain in stationäre Behandlung begeben mussten wächst stark an. Gleichermaßen steigt die Anzahl von Abhängigen, welche einen Therapieplatz aufgrund ihrer Sucht suchen. Außerdem erleiden die Abhängigen nach dem Konsum teils irreversible Schäden, welche oftmals unbehandelt bleiben. Bei etwa 44 % der Todesfälle durch Drogenkonsum spielen Stimulanzien wie Kokain eine Rolle.

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Des Weiteren leiden die Betroffenen unter einem hohen psychischen Druck, welcher weiterer psychotherapeutischer Therapien bedarf. Die Plätze hierfür sind komplett überlastet und mit Monate langen Wartezeiten verknüpft.

Kokain gaukelt dem Körper eine enorme Leistungssteigerung vor, welche materiell allerdings nicht gegeben ist. Oftmals wird es aus diesem Grund zum stundenlangen Durcharbeiten und Fokussieren verwendet. Außerdem kann Müdigkeit und Schlafverlangen durch Kokainkonsum ausgesetzt werden. Gerne wird Kokain auch als Ausgleichsmittel gegen die Wirkung anderer Drogen konsumiert. Der Körper und die Psyche leiden bereits nach erstmaligem Konsum unter den Folgen.

Männer sind am häufigsten betroffen

Männer sind deutlich häufiger von Kokainabhängigkeit betroffen als Frauen. Das bestätigte der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen und erst vor kurzem der neue Bericht der Barmer zu Kokainabhängigkeit. Demnach konsumieren viermal so viele Männer als Frauen Kokain.

Ebenfalls auffällig: Gerade in dem Altersbereich von 20 bis 39 spielt die Droge eine Rolle. Bei Jüngeren spielt Kokain meist keine Rolle. Aufgrund der hohen Preise greifen diese zu anderen Drogen, Ältere hingegen sind häufiger von Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit betroffen.

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